Wer als Hörer oder Macher von Musik keinen Bock mehr auf das ganze hochgezüchtete Pop- und Rock-Business hat, sollte sich dringend mit handgemachter Musik befassen. Zum Beispiel auf einem der Acoustic-Festivals, die Tommy Kirchmann vor gerade einmal anderthalb Jahren ins Leben gerufen hat. Wer die ersten drei Ausgaben besucht hatte, konnte am vergangenen Samstag einem wunderbaren Festival beim Wachsen zu schauen. Und das, obwohl sich beim Acoustic Summer 2016 am Drumherum zum Glück ganz wenig verändert hat. Wo andere Musikfestivalmacher ständig nach Neuem in Sachen Catering und Rahmenprogramm suchen, machen Tommy und seine Leute mit Bewährtem weiter. Und stecken die Energie lieber in die Verpflichtung von interessanten, spannenden und wundervollen Musikerinnen und Musikern. Das wird vom Publikum belohnt, denn das diesjährige Ereignis im Weltkunstzimmer an der Ronsdorfer Straße sahen und hörten beinahe doppelt so viele Menschen wie im Vorjahr.

Man sollte bei einer solchen Veranstaltung eigentlich nicht davon sprechen, wer „gewonnen“ hat. Aber weite Teile des Publikums waren sich einig, dass Sol Heilo, die man von ihrer Band Katzenjammer her kennt, das Highlight des Tages auf die Bühne namens „Musikzimmer“ brachte. Das lag nicht nur an den tollen, eigenen Songs und der Stimme der Norwegerin, sondern auch an ihrer fantastischen Band und der großen Spielfreude, die sie ausstrahlten. Beeindruckend auch die extrem persönliche Darbietung von John Bramwell (Mitglied von I am Kloot) später im Saal, der nicht nur seine Seele sang, sondern fortlaufend und ganz direkt mit den ZuhörerInnen flirtete. Am frühen Abend hatte Faber aus der Schweiz, ein Duo aus Sänger-Gitarrist und Posaunist an der Bassdrum, mit Balkanbeats plus klugen deutschen Texten überrascht. Weil es eben um handgemachte Musik geht, wird das Publikum nicht mit Tönen von der Konserve versorgt – stattdessen spielt das Trio Mack Drietens aus Wuppertal mit Gitarre, Banjo und Bass mit großer Inbrunst klassische Work- und Travel-Songs.

Die Atmosphäre ist familiär, die Musiker mischen sich ständig unter die Leute, und viele, viele Musikanten, die nicht auftreten, sind da. So wird der Acoustic Summer auch ein bisschen zu einem Festival für Musikmacher. Weil aber auch die Zuhörer fast durchweg mit Familie oder Freundeskreis da sind, spielen Gespräche eine große Rolle. Apropos: Immer wieder bewunderswert, dass die Veranstaltung komplett mit Hilfe von Familienmitgliedern und Freunden betrieben wird. Und wenn Musiker sich veganes Essen wünschen, dann springt rasch eine Freundin ein und kocht mal eben 35 Portionen. So sind praktisch alle Anwesenden irgendwie eingebunden, und das macht den besonderen Geist dieses Festivals aus.

Auf den Acoustic Winter am 14.01.2017 dürfen sich alle Liebhaber handgemachter Musik schon jetzt freuen und den Termin vorsorglich blocken.

Kommentare sind gesperrt.