Wie kann man einen Sonntagabend schöner verbringen als im Kreise netter Menschen in einem wunderbaren Club mit der handgemachten Musik einer Truppe engagierter Herren, die sichtlich Spaß an ihrem Tun haben? Konkreter: Am Vorabend zum Brückentag spielte der Cashbar Club mit Lead-Sänger Opa im Cafe a Gogo ein zweiteiliges Set Punkrock – Cover-Versionen und eigene Stücke, deutsche und englische Texte, mal schnell und hart, mal rockig, mal im Reggae-Rhythmus. Und das alles quasi im Familienkreis, denn dieser Gig war auch eine Art Klassentreffer, und wer nicht so drin ist in der Szene, fragte sich immer wieder: Mönsch, den oder die kenn ich doch, wer ist denn das?

Wer nie im Cafe a Gogo auf der Schwerinstraße war, kann sich nicht ausmalen, wie nach ein Auftritt hier am Begriff Wohnzimmerkonzert ist. Zwischen Tresenende und Klotür findet sich ein Raum von vielleicht 25 Quadratmetern, von denen höchstens ein Drittel der Band vorbehalten ist. Der Rest ist Publikum. Die Grenze zwischen Musikanten und Zuhörern ist also durchlässig. Da schnappt sich Opa beim Song „Helden auf Zeit“ einen Typ aus der Menge, und Mario singt mit. Dann rafft er das Mikrokabel und turnt hinterm Tresen bis ganz nach vorne, damit die Leute dort ihn auch mal sehen und nicht nur hören. Zwischendurch suchen Gäste das WC auf und müssen sich zu diesem Zweck an der Band vorbeidrücken. Bier wird bis in den hintersten Winkel serviert. Und wenn die geschätzten 100 Leute im Gogo vorwiegend jung gewesen wären, dann hätte dies eine pogo-wüste, biertriefende, schweißtreibende Angelegenheit à la Hof anno 1980 werden können. So aber konnte man vor und nach dem Gig schon mal Gespräche über anstehende Renteneintritte belauschen.

Ein schlauer, jede Musik liebender Mensch hat mal gesagt, Punkmusik sei das für den Rock’n’Roll, was Dixieland für den Jazz ist. Das kann man als schlümme Beleidigung verstehen oder als großes Kompliment. Was die vier Burschen vom Cashbar Club draus machen, stellt die Sache klar: Ja, es ist gut, dass diese Musik immer und immer weiter lebt, so wie eben auch Dixieland-Jazz weiterlebt. Die Gemeinsamkeiten sind unübersehbar: In beiden Fällen sind es junggebliebene Enthusiasten, die irgendwann verstanden haben, dass man die jeweilige Art des Musizierens durchaus erfolgreich erlernen und dann öffentlich zelebrieren kann. Und das Erbe mit Leidenschaft und Freude und Spaß und Engagement weitergeben kann. Das eben nicht alles bloß Pop-Business ist…

Nun ist Marcus „Opa“ Haefs ja auch eine geborene Rampensau, der weiß, mit dem Publikum zu spielen. Aber seine Mitstreiter sind auch nicht auf den Mund gefallen. Also bilden kleine, freundschaftliche Lästereien untereinander das Fundament der Kommunikation mit den Zuhörern. Da herrscht kein Bierernst, obwohl der Vorsänger immer ein Glas Alt in der Hand oder in der Nähe hat, da wird aber auch nicht im Fips-Asmussen-Stil rumgeblödelt. Denn manches am Punkrock der Achtziger ist eben doch heilig. Wenn man weiß, in welchem Maße Opa The Clash verehrt, wird klar, dass er kein einfaches „die schönsten Punk-Hits der Achtziger, Neunziger und von heute“ abliefert, wenn er „London’s calling“ oder „Rockin‘ the Casbah“ gibt. Und beim bandeigenen „Kein schöner Land“, einem Song, der sich mit dem ganzen braunen Dreck von Pegida bis AfD befasst, ist es der tolle Text – von Opa selbst geschnitzt – der den Ernst der Lage klarstellt.

Nach mehr als einer Stunde ist Pause. Da hat alles gestimmt in der ersten Halbzeit: die Instrumentalisten bedienen ihre Geräte sicher und inspiriert, Opa gibt alles, und nicht nur die Freunde im Hinterzimmer des Cafes an der Schwerinstraße haben ihren Spaß. Man trifft sich draußen bei Getränk und Qualm, redet über den Gig, über die Fortuna und auch über damals. So schön kann ein eigentlich öder Sonntagabend im Kreise netter Menschen in einem wunderschönen Club bei klasse Mucke sein. Da gehen wir wieder hin, versprochen…

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