Die Rheinbahn setzt einen Zug ein, der mit den Porträts berühmter DüsseldorferInnen geschmückt ist. Allerdings nur solcher, die im 20. Jahrhundert wirkten. Wir setzen dem dieses Listical entgegen. Und wollen zehn Persönlichkeiten vorstellen, die entscheidend an der Entwicklung der schönsten Stadt am Rhein beteiligt waren und deren Tun noch heute nachwirkt. In der ersten Folge geht es natürlich um die Urväter und -mütter. Diese fünf Menschen haben über die Jahrhunderte aus einem unbedeutenden Fischerdorf mit kaum 200 Einwohnern zunächst ein blühendes Residenzstädtchen geformt, aus dem andere dann eine moderne Großstadt gemacht hat, die weltweit vor allem für ihre kulturellen Institutionen berühmt ist.

[1] Graf Adolf von Berg (XXXX ~ 1296)

Graf Adolf II. von Berg

Graf Adolf II. von Berg

Es ist schon verrückt: Vom ersten, zweiten, dritten und sechsten Adolf von Berg existieren Abbildungen bzw. Standbilder. Aber ausgerechnet von der Nummer V. gibt es kein Bild. Dabei war das der innovativste Graf von Berg aller Zeiten. Während seine Vorgänger sinnlose Ritterspiele betrieben oder sich als Kreuzritter versuchten, machte sich unser Graf Adolf Gedanken über die Macht am Rhein. Sein Erzfeind war der Siggi von Westerburg – ein ziemlicher fieser Möpp, der nicht nur verhinderte, das Adolfs Bruder Konrad Erzbischof in Köln wurde, sondern ihm diverse Rechte stahl; unter anderem das Erbrecht auf das Herzogtum Limburg. Also wurde der Siggi den armen kölner Bürger als Erzbischof vorgesetzt. Und Adolf nutzte die Gelegenheit, dem Rowdy eins auszuwischen, in dem er die kölschen Bürger beim Kampf gegen den Erzbischof unterstützte.

Am Ende einer der blutigsten Schlachten des Mittelalters auf den Feldern zwischen Worringen und Fühlingen kamen dann auch die paar Düsseldorfer Fischer und Bauern an, um den erzbischöflichen Truppen mit Knüppel und Äxten Mores zu lehren. Da war der Drops eigentlich schon gelutscht. Heute heißt es, Graf Adolf V. habe den Düsseldorfer aus Dank die Stadtrechte verliehen. Wahrscheinlicher ist, dass er einen eigenen Hafen samt Zollfeste am Rhein haben wollte. Und weil’s am Strom so schön ist, ließ er dort eine Burg bauen und zog aus dem usseligen Bergischen Land ins nette Düsseldorf.

[2] Johann Wilhelm von der Pfalz „Jan Wellem“ (1658 ~ 1716)

Onse Jan Wellem - hier mal in Stein gemeißelt

Onse Jan Wellem – hier mal in Stein gemeißelt

Reden wir nicht lang drumrum: Zwischen der Stadtwerdung 1288 und dem Ende des siebzehnten Jahrhundert war Düsseldorf 400 Jahre lang ein unbedeutendes Kaff mit einer viel zu großen Burg, eingeklemmt zwischen dem meist viel wichtigeren Kaiserswerth und diversen Ritter- und sonstigen Gütern. Während 40 Kilometer weiter südlich eine Weltstadt vor sich hin brütete, krähte kaum ein Hahn nach Düsseldorf. Das änderte sich schon ein bisschen mit dem Umzug des Johann Wilhelm von der Pfalz in das Nest am Rhein. Die pfälzischen Kurfürsten waren zum Herzogtum Jülich-Berg gekommen wie die Jungfrau zum Kind, und weil in Düsseldorf nun schon mal eine Burg stand, zog der junge Fürst dorthin. Man munkelt, er sei nicht der Hellsten einer gewesen, außerdem einigermaßen eitel und mit einem Schuss Größenwahnsinn begabt – ein typischer Düsseldorfer, also. Tatsächlich hatte unser Jan Wellem ein großes Bedürfnis nach Pracht und lebte immer über seine Verhältnisse.

Das führte zu unserem Glück dazu, dass er im Örtchen diverse Bauvorhaben durchziehen ließ und nach dem Umbau des Schlosses am Rheinufer Düsseldorf zu einem veritablen Residenzstädtchen machte. Will man Zeitzeugen glauben, war Düsseldorf – das damals ungefähr aus dem bestand, was wir heute Altstadt nennen – richtig hübsch. Ganz im Gegensatz zu Köln, einer schmutzigen, stinkenden und schwitzenden Metropole von Weltrang, aber frei von allem, was das Leben lebenswert machte.

[3] Anna Maria Luisa de’Medici (1667 ~ 1743)

Dä Jan Wellem un sin Anna Maria

Dä Jan Wellem un sin Anna Maria

Die Dame aber, die dafür verantwortlich ist, dass Düsseldorf bis heute einen weltweiten Ruf als Kunst- und Kulturmetropole hat, war die bezaubernde Anna Maria, die auch noch Luisa hieß und die letzte Knospe am Stammbaum des mehr berüchtigten als berühmten Medici-Clans aus Florenz war. Florenz! Das war Ende des sechzehnten Jahrhunderts Weltzentrum von Kultur und Zivilisation. Zwar war die strahlende Blüte der Toskana, in der im 14. und 15. Jahrhundert Superstars wie Donatello, Botticelli, Michelangelo, Machiavelli, Leonardo da Vinci und Galileo Galilei gewirkt hatten, ab 1600 schon leicht verwelkt, aber den Sinn für die Schöpferkraft des Menschen hatte sich gehalten. Unser Jan Wellem konnte a) von Glück sagen, dass er mit der Anna Maria verheiratet wurde, und b) dass sie sich in Düsseldorf verliebte und aus dem Residenzstädtchen eine kulturelle Hochburg im Sinne Florenzens machen wollte. Glück für beide auch, dass sie den Sinn fürs Prächtige teilten und sich wunderbar verstanden – eine Seltenheit in den Zeiten, in dem im Adel per Katalog Ehen geschlossen wurden.

Wikipedia sagt über das Paar: „Beide liebten die Musik, die Malerei und die Jagd. Der Kurfürst und seine Gemahlin entwickelten als Förderer der Künste ihre Residenzstadt Düsseldorf zeitweise zu einer europäischen Kunstmetropole. Ein Höhepunkt dieser Aktivitäten war der Bau der Gemäldegalerie Düsseldorf, einer der „frühesten, selbständigen Museumsbauten Europas“. Der Kernbestand der Gemäldesammlung befindet sich heute allerdings in der Alten Pinakothek in München. 1696 wurde ein imposantes barockes Opernhaus eröffnet. Georg Friedrich Händel gastierte des Öfteren am kurfürstlichen Hof. Arcangelo Corelli widmete dem Fürstenpaar seine Concerti Grossi op. 6. Auch der Bau des Jagdschlosses Bensberg sowie Renovierung und Ausbau des Düsseldorfer Schlosses fallen in diese Zeit.“

So gesehen ist Anna Maria Luisa de’Medici einer der größten Glücksfälle in der Geschichte unserer schönen Stadt am Rhein. Und hübsch war sie auch noch…

[4] Adolph von Vagedes (1777 ~ 1842)

Stadtplaner und Schöngeist : Adolph von Vagedes

Stadtplaner und Schöngeist : Adolph von Vagedes

Selbst ein solch kleines Städtchen wie Düsseldorf wucherte über die Jahrhunderte wie ein schwer beherrschbarer Tumor. Grundstücksgrenzen waren unscharf und nur der Verlauf von althergebrachten Durchgangsstraßen blieb unverändert. Ansonsten bauten die Bürger auf ihren Katastern nach Lust und Laune. Während das bei Metropolen wie Paris, London und auch Köln zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts zu übelriechenden, düsteren und kranken Misthaufen führte, auf denen niemand wohnen wollte, hielt sich das Chaos in der damals schon schönsten Stadt am Rhein aber in Grenzen. Aber, zu Beginn dieses umwälzenden neunzehnten Jahrhunderts standen auch in Düsseldorf die Zeichen auf Wachstum. Denn es kamen nicht nur neue Ideen (Goethe, Schiller, 48er-Revolution) auf, sondern die industrielle Revolution zeigte ihr eisernes Köpfchen. Draußen in Pepmpelfort hauste Friedrich Jacobi, in dessen Villa olle Goethe ein und aus ging. Dabei fiel ihm manches Gedicht ein, und bisweilen wanderte er den ganzen weiten Weg von der Jacobistraße bis zum Ratinger Tor – nicht ohne am Kaufhof an der Kö ein Päuschen einzulegen.

Tatsächlich fand sich zwischen dem winzigkleinen Pempelfort und Düsseldorf vor allem Landwirtschaft. Jacobi aber glaubte daran, Düsseldorf rasch zu vergrößern. Und verfiel auf den Architekten Adolph von Vagedes, der außerdem auch noch Theaterregisseur, Bühnenbildner, Lyriker, Musiker, Mathematiker und Maler war. Der nahm dessen Angebot an und begann, repräsentative, öffentliche Bauten am Fließband zu designen. Und weil das allen so gut gefiel, machte ihn die großherzogliche Verwaltung bald zum Regierungsbaurat und erteilte ihm die Lizenz zum Planen. Dutzende Gebäude entwarf er (Theater, Schulen etc. etc.), und 1822 entwickelte er einen Generalplan zur Anbindung Düsseldorfs an die benachbarten Fernstraßen. Dieser Plan bildet bis heute die Grundlage für die wesentlichen Verkehrsachsen der Stadt.

An dieser Stelle sind noch ein paar Herren zu erwähnen, die in dieser rasanten Zeit maßgeblich am Bild Düsseldorfs rumgemacht haben. Vor allem der Gartenarchitekt Maximilian Friedrich Weyhe, der nicht nur den Hofgarten, sondern insgesamt 25 Parks und Anlagen angerichtet hat. Oder der Eifeler Unternehmer Albert Poensgen, der die Industrie in die Stadt brachte. Natürlich auch der Bankier August von der Heydt, der den Bau der ersten westdeutschen Bahnlinie von Elberfeld nach Düsseldorf möglich machte. Sowie William Thomas Mulvany, der Düsseldorf gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts zum Schreibtisch des Ruhrgebiets machte.

[5] Friedrich Wilhelm von Schadow (1788 ~ 1862)

F.W. von Schadow machte die Kunstakademie groß

F.W. von Schadow machte die Kunstakademie groß

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Friedrich Wilhelm von Schadow so etwas wie der Shootingstar unter den deutschen Malern. Die hatten sich vom italienischen Stil anstecken lassen, waren serienweise zum Katholizismus konvertiert und nannten sich „Nazarener“. Einer von denen, ein gewisser Peter von Cornelius, war Direktor der Düsseldorfer Kunstakademie. Die war kurz vorher als Königliche-Preußische Akademie wiedergegründet worden – quasi als Trostpflaster, weil man die Werke der von Jan Wellem und Anna Maria aufgebauten Gemäldegalerie nach München verschleppt hatte. Cornlius mag ein großer Maler gewesen sein, als Direx war er eine Fehlbesetzung. Oder jedenfalls keiner, der den Laden voranbringen konnte. Da musste erst der noch recht junge Schadow kommen. Der war vorher viel unterwegs und hatte sich auf seinen Reisen mit allerlei europäischen Künstlern angefreundet. Kein Wunder, dass die Düsseldorfer Kunstakademie in seiner Zeit von Malern und Bildhauern auf dem ganzen Kontinent geschätzt wurde.

Wo Cornelius mit Leinwand und Pinsel gedacht hatte, da machte sich Schadow Gedanken über den Beruf des Künstlers und dessen Ausbildung. Das war neu und revolutionär. Wikipedia sagt: „In seiner Eigenschaft als Direktor der Akademie war Schadow maßgeblich an der Verbesserung des Kunststudiums sowie der dazugehörigen praktischen Ausbildung beteiligt. In seinen 1828 gedruckten „Gedanken über eine folgerichtige Ausbildung des Malers“ legte er die vielerorts beachteten Prinzipien seiner Kunstauffassung und Didaktik öffentlich dar.“ Tatsächlich wurde unsere Kunstakademie ab Mitte des neunzehnten Jahrhunderts so zu einem weltweit beachteten Muster für Kunsthochschulen. Diese Rolle wirkt bis heute nach und macht die Düsseldorfer Kunstakademie immer wieder zum Mekka von angehenden Künstlern aus aller Welt.

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