Schwere Frage, leichte Antwort: Weiß keiner so genau. Sicher ist, dass die Figur des Hoppeditz vom Hofnarren ableitet, einer Institution, die sich seit dem ganz frühen Mittelalter viele, viele Herrscher geleistet haben. Dessen Funktion war es in erster Linie, seinen Chef samt Gattin und Hofstaat mit allerhand Späßen und Albernheiten zu unterhalten und bei Laune zu halten. Die Idee, diesem Spaßmacher das zuzubilligen, was wir heute „Narrenfreiheit“ nennen, ist dagegen noch gar nicht so alt und hat einen religiösen Hintergrund. Mit seiner teils derben Kritik weist der Hofnarr seinem Boss daraufhin, dass der auch bloß ein Mensch ist, auch wenn er sich bisweilen gottgleich fühlt. Es gab aber auch den Narren fürs Volk, eine ebenso witzigen Typen, der auf Jahrmärkten und in den Gassen der Städte Witze riss und dafür von den Zuschauern belohnt wurde.

Für Narren, die besonders dümmlich taten und ausgesprochen skurrile Scherze machten, fand man schon im 13. oder 14. Jahrhundert den Begriff „Hanswurst„. Und weil sich der heutige Karneval von den wüsten Partys im öffentlichen Raum ableitet, bei denen das einfache Volk vor dem Beginn der Fastenzeit mal so richtig die Sau rausließ, wurde dieser beim Feiern allgegenwärtige Hanswurst zu einer karnevalistischen Figur wie der Held Karneval bzw. der Prinz Karneval. Die mehr so intellektuelle Variante des Narren ist der Schelm, der böse Sprüche klopft, hinterlistige Streiche ausheckt und vor nichts und niemandem Respekt hat. Einer der bekanntesten Schelme ist dabei Till Eulenspiegel, der das Prinzip Hofnarr ausbaute und Narrenfreiheit auch im Umgang mit dem saturierten Bürgertum lebte.

Das Hoppeditz-Denkmal von 1841 auf dem Carlsplatz

Das Hoppeditz-Denkmal von 1841 auf dem Carlsplatz

Aller Wahrscheinlichkeit nach ist dieser Till Eulenspiegel, der den Reichen und Mächtigen den närrischen Spiegel vorhielt, der Urvater unseres Hoppeditz‚. Während der karnevalistische Hanswurst irgendwo zwischen Dorftrottel und Horrorclown angesiedelt ist, hat man in Düsseldorf den Hoppeditz eher als Schelm und Narr mit spitzer Zunge angelegt. Seinen Namen bekam diese Figur in der Phase der Wiedergeburt des Karnevals durch das Bürgertum im Vorfeld der 48er-Revolution. Ja, damals waren die Bürger die Revolutionäre, die sich gegen den Adel stellten und einen deutschen Nationalstaat demokratischer Prägung forderten. Der Hoppeditz war es, der mit Wort und Taten persifierte, wie sich die fremden Herrscher und die heimischen Kleinmachthaber aufführten.

Das war neu, das gab es woanders so nicht. Und es dauerte mehr als 50 Jahre, bis der Hoppeditz (unter diesem oder einem abgewandelten oder anderen Namen) Doppelgänger in anderen Karnevalsorten bekam – besonders am Niederrhein und irgendwann dann auch als „Nubbel“ in Köln. Aber nirgendwo wurde und wird der ewige Satiriker so verehrt wie in Düsseldorf. Diese Verehrung ging um im 19. Jahrhundert so weit, dass man ihm 1841 ein richtig großes Denkmal auf dem Carslplatz baute – das aber dort nur bis 1860 stand.

Über die Jahre ließ die Verehrung nach, und einen als Hoppeditz verkleideten Karnevalisten gab es ohnehin nicht in jedem Jahr. Erst in der Session 1934/35 erwachte der Hoppeditz ungefähr in der Form, in der wir ihn heute kennen. Allerdings zunächst im Saalkarneval zum Beginn der Session. Ob und in welchem Maße Hoppeditz-Darsteller bei dieser Gelegenheit Witze über das Nazi-Regime machten, ist nicht überliefert und wenig wahrscheinlich. 1937 aber trat erstmals ein lebendiger Hoppeditz am 11.11. auf dem Marktplatz an – sagte aber dem Vernehmen nach nicht viel mehr als „Der Karneval ist eröffnet“. Die ganze Fülle der Düsseldorfer Hoppeditz-Bräuche entstand erst nach dem Zweiten Weltkrieg.

Vom 11.11. bis zum Aschermittwoch

Inzwischen ist der Vortrag des Hoppeditz am 11.11. eines der wichtigsten Karnevalsereignisse. Gespielt wird er von bekannten und bewährten Büttenrednern, die die Gelegenheit nutzen, den Herrschenden – insbesondere dem jeweiligen Düsseldorfer OB – die Leviten zu lesen. Hoch auf einem Sockel (oder auf dem Jan Wellem sine Päd) erscheint er und spricht zum Volk – sei einigen Jahrzehnten im rotweißen Till-Eulenspiegel-Outfit. Und weil er nur im Karneval, der Zeit der Narrenfreiheit, leben kann, wird er am Aschermittwoch unter heftigem Weinen und Zetern eingeäschert und begraben. Dabei trägt die Trauergemeinde Schwarz und dreht die Mäntel auf links. Anschließend läutet man beim Fischessen die Fastenzeit ein.

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