Nein, du musst nicht schön sein, auch nicht reich oder berühmt, erfolgreich und hip oder cool, und schon gar kein Hipster. Du musst einfach nur ein guter Typ bzw. eine gute Typin sein und Lust auf laute, harte, ehrliche Musik haben. Dann wirst du an Abenden wie diesem glücklich. Dass es so etwas wie gibt wie ein Punk-und-Hardcore-Konzert im Vereinsheim eines Fußballklubs zeigt: Düsseldorf lebt! Jenseits aller Hypes, aller Vorurteile, jenseits der Gitzerwelt und der intellektuellen Zirkel. So fühlte sich die laue Nacht am Fuß des Aaper Waldes auch an – lebendig.

Das Vereinsheim

Dieses RSV-Clubhaus ist so dermaßen typisch für die Fußballclubhäuser dieses Landes, das es schon fast zum Klischee wird. Da liegt ein Steinfußboden, da findet sich links ein Kneipentresen, und da kann man Stehtischen lümmeln, die schon Generationen Liebhaber des Amateurfußballs gesehen haben. Die Raumecke wird zur Bühne – Bands und Sänger leben hier auf Augenhöhe mit dem Publikum. Das Bier ist kühl und gut und vor allem preiswert. Fünf Euro Eintritt hat man aufgerufen, und jeder Cent davon ist bestens angelegt. Jeder Gast kennt ein paar andere Gäste, man freut sich ordentlich, dass man sich gegenseitig über den Weg gelaufen ist. Es wird gequatscht und auch geblödelt. Hier begegnen sich Arbeitskollegen wieder, die vor mehr als 25 Jahren vom selben Chef die Kohle gekriegt haben.

Das alles duftet nach Rath, diesem in Düsseldorf oft so missverstandenen Stadtteil im Norden, dem eigentlichen Arbeiterviertel der Stadt. Auch wenn sich Oberbilk und Flingern gern mit diesem Titel schmücken: Rath als Stadtteil hätte es ohne die dort über ein gutes Jahrhundert angesiedelte Stahlindustrie nicht gegeben. Das ist den Ureinwohnen herzlich egal, die ihr Rath sehr lieben und nie woanders wohnen möchten. Mit der Theodorstraße zählt auch eine ehemaliges Zentrum der hiesigen Alternativszene mit den ehemals besetzten Häusern zu Rath. Diese Ecke war in den Achtzigerjahren so wichtig für die Musikszene der Stadt wie sonst nur Altstadt.

Die Bands

Den Konzertabend also „Sons of Rath“ zu nennen, war eine kluge und passende Entscheidung, denn die beiden Bands des Tages passen zu Rath wie der Hammer auf den Amboss. Den Anfang machen die Input Kinks, von denen ein Kenner mal gesagt hat: „Wenn die mehr proben würden, könnten die auch überregional ganz groß werden.“ Das mag hart klingen, aber der Auftritt der vier Herren lässt erahnen, was bei dieser Truppe möglich wäre. Sänger Mindix besteht aus reiner Energie und ist jede einzelne Sekunde in Bewegung. Hafe an der Gitarre ging tagsüber an Krücken, aber lässt die Pfanne röhren. Schlagzeuger und Bassmann treiben das Ding voran. So vergeht eine knappe Stunde reinste Kraftmusik, dass einem die Ohren flattern.

Da ist der Auftritt des Cashbar Club von anderem Kaliber. Die Band hat gerade ihr erstes Fullsize-Album herausgebracht und ist sichtlich und hörbar heiß auf Live-Gigs. Als Leadsänger Opa loslegt, sind leider viele der rund 100 Gäste draußen – es ist halt so lauschig auf der Terrasse, gleich beim Spielfeld. Und leider quatschen sich viele draußen fest und lassen die Band im Stich. Da bekommt Opa ein bisschen schlechte Laune und sagt das auch so. Dabei war es ein klasse Gig dieser Band, die vor allem The Clash zu ihren Idolen zählt. Aus deren Repertoire gibt es Cover – bis hin zum „London Calling“, dessen Refrain „I live by the river“ die anwesenden Rheinkinder aus Düsseldorf gern und laut shouteten. Passend zum sommerlichen Wetter ertönt eine feine Version des Undertones-Song „Here comes the summer“. Und dann natürlich das Material aus den Cashbar-Club-Labors, vor allem vom aktuellen Album.

Der Spaß

Ihr sehr ergebener Berichterstatter verließ das Gelände gegen Ende der Zugabe, die noch bis runter zur U-Bahnhaltestelle zu hören war. Dort warteten zwei junge Damen, aufgebretzelt wie die Karussellponys, eine Ginflasche zum Vorglühen hin und her reichend. Sie würden jetzt in die Nacht starten, da gäbe es eine Privatparty im Medienhafen, da wollten sie nun hin. Viel Spaß, wünschte Ihr Berichterstatter und dachte: Ob die beiden wohl unter den Schönen & Reichen so viel Spaß haben werden wie wir alle, die wir uns im Vereinsheim die „Sons of Rath“ gegeben haben?

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