Wenn die zurzeit rasch wachsende Stadt Düsseldorf eines nun wirklich nicht mehr braucht, dann neue Luxuswohnungen. Aber genau die bewarb der derzeitige Oberbürgermeister Geisel auf der diesjährigen Immobilienmesse Mipim. Schon seit Längerem sind Immobilienhaie scharf auf den Parkplatz zwischen dem Rheinturm und dem WDR-Gebäude in unmittelbarer Nähe des Landtags. Das Grundstück gehört der IDR, einer städtischen Tochter. OB Geisel würde den Boden gern verticken, um mit dem eingenommenen Geld „die Promenade zu verlängern“. Das ist so erwinesk, dass man als altgedienter Kritiker hiesiger Lokalpolitik schon fast lachen möchte nach dem Motto „Geschichte wiederholt sich – einmal davon als Farce“. Dabei gibt es zahlreiche Gründe gegen den Bau der beiden Wohntürme mit je 13 und 17 Geschossen direkt am Rhein und auch gegen die Verlängerung der Promenade.

Leider geriet der erste Protest gegen die Bebauung, der es in die Medien schaffte, zu einer hilflosen, kontraproduktiven Nummer im Sinne der Partikularinteressen von Wohlhabenden. Besitzer von Eigentumswohnungen an der Ecke Fürstenwall / Moselstraße ließen sich mit sorgenvollen Gesichtern und Blick aufs Rheinknie fotografieren und faselten etwas von einer Frischluftschneise, die zugebaut würde. Tatsächlich fürchten die vorwiegend älteren Leute um den ebendiesen freien Blick auf den Fluss, wegen dem viele von ihnen die jeweilige Immobilie seinerzeit erworben haben – damals vor rund 15 Jahren übrigens mit der offiziellen Aussage städtischer Stellen, die Lücke zwischen Turm und WDR würde nie zugebaut werden. So leid es dem geneigten Bürger tun kann, dass den Bewohnern eventuell die Sicht verbaut wird, so wenig wird dies etwas ändern, weil die gegebene Garantie rechtlich unwirksam ist.

Kritik kommt auch aus Kreisen von Architekten und Stadtplanern. Nun muss man immer vorsichtig sein, wenn ein Baumeister das zukünftige Werk eines anderen angreift, weil ein von ihm errichtetes Gebäude ästhetisch darunter leiden würde. Tatsächlich hat der Architekt des WDR-„Radios“ am neuen Yachthafen mit seiner Kritik nicht unrecht. Wenn man sich die ursprünglichen Planungen für den ganzen Bereich zwischen Hafen, Neusser Straße und Mannesmannufer anschaut, dann ist der damals vorgesehene Zustand nach der Erweiterung des Landtags vor ein paar Jahren erreicht – eine Verlängerung der Promenade war nie vorgesehen, eine Bebauung der umstrittenen Fläche ebenfalls nicht. Tatsächlich war aber für den heutigen Parkplatz an dieser Stelle eine Begrünung angedacht.

Betrügerische Visualisierungen
Wenn die Mitarbeiter der ingenhoven architects – aus diesem Stall stammen die Entwürfe – eines können, dann beeindruckende Visualisierungen zukünftiger Bauten. Und zwar so, dass Bürger beeindruckt sind und die wahren Dimensionen und/oder Schwächen der Projekte nicht gleich sichtbar werden. Bestes Beispiel dafür ist das sogenannte „Ingenhoven-Tal“ aka Kö-Bogen II, das zwischen dem bestehenden Kö-Bogen-Klotz und dem Platz vorm Schauspielhaus entstehen soll. Längst ist klar, dass der fertige Doppelblock niemals so aussehen wird wie die heftig begrünten Darstellungen, die der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Einen beliebten Trick beherrschen die Ingenhoven-Photoshopper perfekt: Die entsprechend der mitgelieferten Maße gewaltigen Baumassen werden bewusst aus steilem Winkel von oben gezeigt, damit sie kleiner, feiner, ja, niedlicher aussehen. Wer eines Tages vor dem rechten Block des Kö-Bogen II stehen wird, könnte sich von dem massiven, teils 28 Meter (zwei Meter höher als der Kö-Bogen I von Libeskind) hohen Klotz erschlagen fühlen; besonders wenn der im Winter eher braungrau als grün dasteht. Noch schlimmer dürfte es dem Spaziergänger gehen, der später an den Wohntürmen beim Landtag vorbeigeht: Das höhere der beiden hat 17 Etagen, das sind nur drei weniger als beim ziegelroten Portobello-Hochhaus in der Nähe. Schaut man sich die Liste der Hochhäuser in Düsseldorf an, wird man feststellen, dass beide Gebäude sicher zwischen 50 und 60 Meter hoch und damit den Landtag deutlich überragen werden. Ein Gebäude vergleichbarer Größe ist das Sternhaus an der Ecke der Kaiserswerther mit der Danziger Straße.

Noch mehr Luxus für reiche Immobilienkäufer
Dass die Wohntürme nur für wirklich reiche Käufer gedacht sind, lässt sich schon an der Tatsache ablesen, dass pro Wohnung gleich zwei Stellplätze in der Tiefgarage vorgesehen sind. Außerdem wird es wohl keine Wohneinheit mit weniger als 100 Quadratmetern geben. Gerade die Wohnungen, die freien Blick über die Stadt und den Rhein bieten, dürften nur für mehrfache Millionäre erschwinglich sein. Und von Wohnraum für diese Klientel hat Düsseldorf wahrlich genug. Zumal die wirklich teuren ETWs ohnehin die meiste Zeit leerstehen. So soll die mit kostspieligste Wohnung im ehemaligen Theresienhospital in der Altstadt – man munkelt, sie habe seinerzeit mindestens 6 Mio Euro gekostet – nach Beobachtungen von Altstädter Anwohnern höchstens je sechs Wochen im Jahr genutzt werden; der Eigentümer wird vermutlich diverse Appartements an den Hotspots der Erde besitzen, die ja auch alle mal bewohnt werden wollen.

Wer sich aber den groben Unfug mit der Verlängerung der Promenade ausgedacht hat, wäre interessant zu wissen. Zum Substantiv „Promenade“ gehört das Verb „promenieren“, also langsam irgendwo entlang schlendern, sehen und gesehen werden. Dafür hat die Rheinpromenade, die nach dem Bau des Rheinufertunnels (größter Glücksfall der Stadtplanung nach dem Krieg!) entstanden ist, die perfekte Lage und die optimale Länge. Das wissen die Einheimischen genauso zu schätzen wie die vielen Besucher von nah und fern. Wer dann auch noch das sehr beliebte Untere Rheinwerft nutzt, landete unterhalb der Kniebrücke am Apollo. Von dort aus geht es auch ohne verlängerte Promenade zum Landtag, an dessen Westseite ja bereits eine Promenade besteht. Nun spaziert man am Rheinturm vorbei zum neuen Yachthafen und dann weiter längs des Hafenbeckens vorbei an den Gehry-Bauten. Wo, bitte, wird da eine „neue“ Promenade gebraucht?

Es gilt, diese Wohntürme zu verhindern. Nicht um den Bewohnern im Portobello-Block den Rheinblick zu erhalten oder eine fiktive Frischluftschleuse nicht zu verbauen, sondern um dem Luxusbauwahn ein Ende zu setzen. Und vor allem dem sinnlosen Nullsummenspiel, ein städtisches Sahnegrundstück zu versilbern, um so die völlig bescheuerte Verlängerung der Promenade zu finanzieren. Mit der Unterstützung des Projektes für Superreiche konterkariert OB Geisel seine vollmundigen Versprechen in Sachen bezahlbarer Wohnraum und begibt sich endgültig auf die Spuren des 2008 verstorbenen Oberbürgermeisters Joachim Erwin.

2 Kommentare

  1. S.Reimann am

    Die Stadt Düsseldorf und Umgebung boomt.Und da Düsseldorf flächenmässig eingeschränkt ist, muss eben halt in die Höhe gebaut werden.In New York City beschwert sich kein Mensch ob da jetzt ein Wohnhochhaus mehr oder weniger gebaut wird. Aber hoffentlich architektonisch anspruchsvolle und schöne Hochhäuser werden in Düsseldorf zukünftig gebaut und nicht Bausünden wie in Köln oder Essen.der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten und da stehen engstirnig und kleinbürgerlich denkende Politiker nur im Weg.Guten Abend

    • Rainer Bartel am

      Ach so: Wenn’s boomt, muss die Stadt dem Boom folgen. Wie es den Bürgern damit geht, ist wurscht? Mal abgesehen davon, dass gegen Hochhäuser als Mittel gegen die Wohnungsnot nichts einzuwenden wäre: Aber eine derart markante Lücke zwischen vier wirklich markanten Bauwerken (Stadttor, WDR, Rheinturm und Landtag) mit zwei Riesenhäusern zu zuklotzen und so den inzwischen klassischen Wahrzeichenblick auf Kniebrücke und Rheinturm zu verhunzen, das kann sich nur jemand ausdenken, der nicht zu Düsseldorf gehört. Zum Glück lässt sich diese Art neoliberalen Fortschritts sehr wohl aufhalten – im Widerstand gegen Politiker, die sich persönliche Denkmäler errichten wollen.