Das Schwierigste für den engagierten Fan eines Fußballvereins ist es, den Bogen zwischen dem spochtlichen Misserfolg und den anderen steuernden Elementen sauber zu schlagen. Natürlich ist es einfacher, nach bloßen 6 Punkten aus 10 Spielen den Rausschmiss des Trainers zu fordern und die des Sportmanagers gleich mit. Wobei man ja auch gelernt hat, mindestens ein „leider“ beizuheften oder ein „so ist das nunmal im Fußball“. Verheuchelter geht kaum. Spannend wird’s erst, wenn man versucht, den Ursachen der Seuche auf die Spur zu kommen. Bei der derzeitigen Fortuna aus Düsseldorf scheint es vor allem die personelle Struktur des Kaders zu sein, der sich aus lauter ziemlich guten bis exzellenten Profis zusammensetzt, die aber trotzdem nicht zur Mannschaft werden. Woran aber liegt es, wenn aus einem Haufen Söldner ein Team wird, das alles gewinnen will? Daran dass es eine Idee gibt, eine Vision, eine Vorstellung ein Ziel, auf das sich alle verständigen. Sowie in der Aufstiegsmannschaft, die ja nun auch nicht nur aus ächten Düsseldorfern bestand, aber aus Typen, die bereit waren, ihr kleines bisschen Karriere einem größeren Ding unterzuordnen. Die auch bereit waren, Fortuna anzunehmen, zu atmen, zu essen, zu trinken und zu leben. So wie wir Fans das immer tun. Dass dann Typen wie Sascha Rösler ohne Rücksicht auf (eigene) Verluste bereit waren, Richtung vorzugeben, war ein Glücksfall. Oder dass sich ein nur ausgeliehener Maxi Beister volle Kanne (und bis heute) auf Fortuna und die schönste Stadt am Rhein einließ, auch.

Nur kann auch der engagierteste Söldner keinem Stern folgen, wenn da keiner leuchtet. Was war denn das Ziel der Gesamt-Fortuna in den vergangenen Jahren? Da wird im Stile einer Vertriebsmannschaft davon geschwafelt, man wolle sich nachhaltig als Erstligist etablieren, eine pure Worthülse, in der nicht die Bohne Inhalt steckt. Wie denn, Dr. Dirk Kall? Mit welcher Strategie denn, Paul Jäger? Eine Vorstellung von der langfristigen Zukunft des TSV Fortuna Düsseldorf habt ihr nicht. Oder wenn ihr sie habt, dann habt ihr versagt bei der Umsetzung der Vision in die Realität. Da gibt es eine AG zur Erarbeitung des „Markenkerns“ (schreckliches Wort in Bezug auf einen Fußballverein), in der es um die Frage geht: Wer ist die Fortuna? Wie nehmen Fans, Mitarbeiter, Düsseldorfer, Medienvertreter, Kontrahenten, Gesamtöffentlichkeit diesen Club wahr? Was macht die Fortuna aus? Was unterscheidet sie von diesen ganzen anderen Konstrukten, die in den oberen Ligen und teilweise auch darunter im Ligabetrieb antreten? Wir wollen wir, die Mitglieder, Funktionsträger und Mitarbeiter gesehen werden? Welches Image passt zur Fortuna, welches Bild entspricht am ehesten dem, was diese glorreiche Diva ausmacht? Und was sagt unser Vorstandsvorsitzenden zum Zwischenstand? Es handele sich um ein vorläufiges Ergebnis. Vielleicht weil es mit seinen Vorstellungen nicht übereinstimmt.

Fortuna-Agenda 2015
Wie aber auch? Der Mann, der seine ganz spezifischen Fähigkeiten und persönlichen Eigenschaften fünf Jahre lang dafür einsetzte, als Aufsichtsratsvorsitzender den Weg der finanziellen Gesundung freizuräumen, war und ist immer schon viel zu weit weg gewesen von dem, was die Fortuna ist. Das sieht bei Vorstand Paul Jäger ganz anders aus, der über Jahre nah bei der Fanszene war, jeden Stadionverbotler mit Namen kannte und per Handschlag begrüßte. Der aber inzwischen jede Bindung an die große Gemeinschaft der aktiven fans verloren, ja, aufgegeben hat. Das begann mit seiner Beschimpfung der Fans nach dem 12/12-Stümmungsboykott beim Pokalspiel in Offenbach, das zeigte sich jüngst in seiner Ignoranz rund um die BILD-Bapperl-Affäre und findet gerade seinen Höhepunkt darin, dass er einen in der Wolle gefärbten Fan ebenfalls unter der Gürtellinie beschimpft. Wie aber will der Vorstand eines Vereins, den die Fans in der dunklen Zeit am Kacken gehalten haben, eine Vision entwickeln, wenn er sich so weit von der Basis entfernt?

Zwei Dinge sind dringend erforderlich: Dr. Dirk Kall und Paul Jäger sollten auf der Jahresmitgliederversammlung am 21.10. freiwillig ihren Rücktritt ankündigen und so den Weg für einen Neuanfang freimachen. Nur so können sie weiter in den Fortuna-Annalen stehen als diejenigen, die den Verein finanziell gesundet haben, und nicht als konzeptlose Ego-Trippler, denen es nur darum ging, den eigenen Arsch zu retten. Zweitens muss sich aus Fan-Kreisen, die ja zum Glück weit in Düsseldorfer Wirtschafts- und Kulturkreise ragen, eine Plattform bilden, die gemeinsam eine Fortuna-Agenda 2025 erarbeitet, ein übergreifendes Konzept auf der Basis einer klaren Zielfefinition: Da wollen wir hin.

Immerhin gekämpft
Ganz billig ist es nach dem heutigen Spiel im verbauten, mit Steuergeldern dem ewig jammernden 1. FCK geschenkten Stadion auf dem Betzenberg auf Mannschaft und Trainerteam herumzuhacken. Wer jenseits aller Wut und Enttäuschung hingeschaut hat, kann niemandem einen Generalvorwurf machen. Es waren wieder katastrophale Fehler gestandener und nachweisbar begabter Spieler, die zu den ersten beiden Toren führten. Was in Dreiteufelsnamen macht ein Rechtsverteidiger an der linken Eckfahne in der gegnerischen Hälfte? Was, verdammt, hat sich der Herr Schauerte dabei gedacht? Und: Warum hat ihn niemand daran gehindert? Wo ist der Käpt’n, der nicht bloß einen Lappen am Arm hat, sondern den Kollegen auch mal sagt, was sie zu tun und zu lassen haben? Wo sind Typen wie der Jens und der Sascha? Haben wir nicht, hat der Herr Schulte vergessen einzukaufen. Und wann erlöst der Trainer den Herrn Strohdiek mal von seinem Elend, das immer für ein Gegentor gut ist? Wer hatte eigentlich die Idee, der könne ein prima IV für uns sein?

Weiter muss man in der Einzelkritik nicht gehen, außer den soliden Torwarthandwerker Rensing hervorzuheben, der zwar immer noch den Raum außerhalb seines Fünfers scheut wie die Jungfrau das Kind, aber grandiose Reaktionen zeigt und so händeweise Chancen killt. Nein, der ist nicht der Typ Keeper, der seine Verteidiger mal vor Wut in den Hals beißt oder wenigstens zusammenscheißt. Denn auch der Herr Rensing spielt ganz allein für sich mit dem Ziel, noch ganz lange als Nummer 1 das Familieneinkommen zu sichern. Erfreulich dass der schöngeföhnte Finne auch mal Kampfgeist zeigt, hoffnungsvoll das Auftreten von Mijnherr van Duinen, der beinahe ein ganz freches Tor gemacht hätte. Gerackert haben sie, schöne Kombinationen erabeitet, massenweise Eckbälle generiert, aber die Pille eben nicht in den Kasten gekriegt.

Wie geht’s weiter?
Machen wir uns nix vor. Die Saison ist schon fast zu einem Drittel rum, diese Spielzeit können wir schon jetzt in die Tonne kloppen. Irgendein Platz zwischen 6 und 14 wird am Ende stehen, und wir alle werden mit Hoffnung in die folgende Saison gehen, es könne besser werden. Bleibt noch der DFB-Pokal. Bleibt noch die Hoffnung, dass sich die Truppe darauf fokussiert, bisschen Glück hat und sich bis ins -sammerma- Halbfinale mogelt. Der Weg und dieses Spiel könnten dann der Urknall für eine neue Fortuna sein, selbst wenn dort Endstation ist.

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