So ganz genau zu bestimmen ist er nicht, der Karolingerplatz. Zumal es auch keine Häuser mit der Adresse „Karolingerplatz“ gibt. Google Maps meint, dass es sich um die dreieckige Freifläche handelt, an der Brunnen-, Heresbach-, Feuerbach- und eben Karolingerstraße aufeinanderstoßen. Im Bilker Sprachgebrauch wird aber auch das Stück Brunnenstraße zwischen Witzel-/Suitbertusstraße und der genannten Fläche als Karolingerplatz bezeichnet. Man sagte zum Beispiel: „Ich geh zum Kaiser’s am Karolingerplatz.“ Das kann man leider nicht mehr sagen, denn im ehemaligen Ladenlokal, in dem seit den späten Sechzigern immer ordentliche Supermärkte zuhause waren, hat sich nun ein Discounter vom Typ „Netto“ eingenistet.

Das ist aber auch schon eine der wenigen wirklich tiefgreifenden Veränderungen an diesem merkwürdigen Platz, der seit alters her als Straßenbahnknotenpunkt diente. Daher auch der zentrale Bahnsteig zwischen den Fahrbahnen, der sich fast über die ganze Länge hinzieht. Hier treffen schon seit den Zwanzigerjahren die Gleise aufeinander, die aus Wersten über die Witzelstraße und von der Uniklinik über die Himmelgeisterstraße hereinkommen und stadteinwärts über die Brunnen- und die Heresbachstraße führen. In den Stoßzeiten hält hier alle drei Minuten eine Bahn, und dann ist es auf dem Bahnsteig auch meist recht voll.

Feine, alte Häuser

Google-Map: Karolingerplatz

Google-Map: Karolingerplatz

Seinen Namen hat der Platz von der Karolingerstraße, die mit der südlichen Düssel in der Mitte in einem feinen Bogen nach Nordwesten führt. Tatsächlich zählen die Häuser am Platz zur Brunnenstraße, dieser sehr speziellen Straße mit den Häusern im rheinischen Backsteinstil. Sie ist eine der ganz, ganz wenigen Einbahnstraßen Düsseldorfs, auf der die Straßenbahn in beiden Richtungen fahren darf. Früher kam es dadurch oft zu Unfällen, weil Fußgänger beim Überqueren immer nur in eine Richtung blickten. Wir Kinder der Volksschule an der Kirchfeldstraße lernten schon Ende der Fünfzigerjahre ganz praktisch, an der Brunnenstraße ganz besonders auf die Bahn zu achten.

Es lohnt sich, auf dem Stück zwischen Karolinger- und Suitbertus-/Frucht- und Witzelstraße ab und zu den Blick zu heben, weil es hier einige wunderschöne Mietshäuser aus der späteren Gründerzeit bzw. aus der Zeit um die Wende zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert gibt, deren Fassaden teilweise erhalten sind bzw. restauriert wurden. Leider hat man einige dieser historischen Bauten nach dem zweiten Weltkrieg kaputtmodernisiert und durch die gesichtslosen Häuser jener Zeit ergänzt. Ein Einzelstück ist der breite Block mit dem Autohaus Ulmen, der erst in den Sechzigern entstand. Apropos: Die Tage des Opel-Salons, der hier über 50 Jahre Pkw verkaufte und in einer angesehenen Werkstatt wartete, scheinen gezählt.

Echte Institutionen

Ansonsten sind viele der Läden echte Institutionen, die schon viele Jahre am Karolingerplatz existieren. Dazu gehören die Filiale der berühmten Bäckerei Behmer und der Tabak- und Lottoladen an der Ecke zur Fruchtstraße genauso wie die Stadtsparkasse gegenüber, die sich in den Neunzigern einen modernen Eckklotz hat hinsetzen lassen. Drei Anziehungspunkte sind noch relativ neu, obwohl sie jeweils Vorgänger hatten, die ebenfalls gastronomisch tätig waren. Im Lokal von „Ahmet Döner“ werden schon seit Jahren türkische Speisen angeboten. Das Eiscafé Weinberg war früher ein kleiner Bäcker, der für seine sehr süßen Teilchen mehr berüchtigt als berühmt war. Und das Caffé Enuma ist nun auch schon kein Geheimtipp mehr, sondern dient vielen Kreativen aus dem Umfeld als Treffpunkt.

Nicht vergessen aber darf man das Blumenbüdchen, das mit dem Rücken zum Bach auf der Düssel-Überführung am Nordwestende steht. Auch wenn der aktuelle Container noch nicht so alt ist; schon in den Siebzigerjahren gab es hier einen Floristenstand, und die älteren Nachbarn sind sich sicher, dass es an dieser Stelle eigentlich immer Blumen zu kaufen gab.

Und die Zukunft?

Dieselben Nachbarinnen und Nachbarn sind sich auch sicher, dass sich am Karolingerplatz so lange nichts ändern wird, wie hier die vielen Bahnen fahren und halten. Rund um die Haltestelle ist die Straße so schmal, dass es nur auf der Westseite ein paar Parkbuchten gibt, sodass motorisierte Kunden wenig Möglichkeiten haben, ihre Kisten in der Nähe abzustellen. So rekrutiert sich die Kundschaft der Geschäfte eben aus dem Viertel – das übrigens mit dem neuen Block auf dem ehemaligen Auto-Becker-Gelände wachsen wird. Außerdem machen Studenten auf dem Weg von der Uni in die Innenstadt hier manchmal Zwischenstopps.

Weil der Karolingerplatz durch den Bahnverkehr aber auch recht laut ist, hat die Gentrifizierung der Gründerzeithäuser noch nicht stattgefunden. Dass es bisweilen von der Papierfabrik Schulte & Söhne (zwischen der Düssel und der Fruchtstraße) heftig stinkt, macht das Wohnen dort auch nicht attraktiver. Aber das ist auch gut so, denn der Karolingerplatz ist eine der ganz wenigen, stadtnahen Ecken, die sich in den vergangenen 50 Jahren kaum verändert haben.

Ein Kommentar

  1. Bilker Mädsche am

    Erwähnenswert finde ich an dieser Stelle, dass genau an diesem Karolingerplatz ein Fahrradwege-Netz des Grauens entstanden ist.