Zugegeben: Es ist schon eine etwas schräge Idee, an einem Sonntagnachmittag einen Bummel über das Gelände der Heinrich-Heine-Uni zu unternehmen. Tatsächlich aber verirren sich ohnehin kaum Düsseldorfer Bürger auf den Campus, der den nüchternen Charme der Siebzigerjahre ausstrahlt. Wären da nicht zwei neuere Gebäude, müsste man die Architektur als schlicht und schmucklos bezeichnen. Unweit der Mensa wirkt das Service-Center für Studierende wie eine Nationalgalerie in Miniatur, und schräg gegenüber der Uni-Bibliothek haben sich die Wirtschaftswissenschaftler was Schickes hinbauen lassen. Aber sonst?

Das mag der Tatsache geschuldet sein, dass der Campus zwischen Wersten und Flehe noch nicht sehr alt ist. Wie Düsseldorfer überhaupt erst spät zur Universitätsstadt wurde. Vorläufer war die 1907 gegründete Medizinische Akademie, die Mutter der heutigen Uni-Klinik, die allerdings erst nach dem ersten Weltkrieg den Lehrbetrieb aufnahm. Dass diese Akademie samt Klinik einen weltweit guten Ruf genoss, verdankt sie vor allem dem Wirken von Professor Ernst Derra, der in den Fünfziger- und Sechzigerjahre einer der renommiertesten Herzchirurgen war.

Von der Medizin-Akademie zur Uni

Offiziell wurde die Akademie 1965 in die Universität überführt. Die nutzte aber fast ein Dutzend Jahre lang quer über die Stadt verstreute Gebäude und wurde von den Bürgern kaum als Uni wahrgenommen. Das änderte sich mit dem Neubau des Campus, der zwischen 1972 und 1976 südlich der Kliniken von Null auf errichtet wurde. Seitdem sind nicht nur die Universitäts- und Landesbibliothek und die Hochschulsportanlage hinzugekommen, sondern neben den bereits erwähnten Neubauten zusätzliche Studentenwohnheime, sondern ganz im Süden der Heinrich-Heine-Saal. Seit 2013 hat die Uni mit dem Haus der Universität am Schadowplatz ein Domizil in der Innenstadt, das jede Menge hochinteressanter Veranstaltungen für jedermann anbietet.

Erst 1988 konnten die Fürsprecher durchsetzen, dass der Düsseldorfer Schriftsteller Heinrich Heine Namensgeber wurde – und das nach einem über 20 Jahre andauernden Streit. Nie verliefen die Fronten zwischen der Pro- und der Contra-Fraktion einheitlich. Während anfangs meist politisch argumentiert wurde, gab es zwischendurch Stimmen, die den Wert Heines für die Stadt bezweifelten und sogar Meinungen, mit dem Namen des Dichters würde die Uni zu sehr aufs Geisteswissenschaftliche festgelegt. Nun heißt die Hochschule ganz offiziell Heinrich-Heine-Universität, und der große Sohn der Stadt wird auf dem Campus an mehreren Stellen gewürdigt. Besonders schön: Die Fenster im Erdgeschoss des Gebäudes der Germanisten sind mit einem guten Dutzend Heine-Zitate verziert.

Beliebt bei Studenten aus dem Ausland

Die HHU – wie sie bisweilen abgekürzt wird – war nie eine besonders wilde Uni. Allerdings sah sie nie so brav aus wie heute. Während früher viele Wände mit Postern, Flugzetteln und Wandzeitungen beklebt waren, ist heute alles sauber, fast zu sauber. Der traurigste Ort ist derzeit die Uni-Buchhandlung, die über Jahrzehnte vom Stern-Verlag betrieben wurde und nach dessen Ende verwaist ist.

Obwohl Düsseldorf als Stadt bundesweit als besonders attraktiv gilt, zieht es junge Leute aus deutschen Orten nicht sehr stark an die HHU. Dafür stellen aber Studierende aus dem Ausland eine enorm große Gruppe dar. So hört man auf dem Campus an allen Ecken und Kanten die verschiedensten Sprachen, was der Düsseldorfer Uni ein ziemlich internationales Flair verleiht.

Bleibt festzuhalten, dass die Verbindungen der Düsseldorfer Bürger zur Uni nicht besonders groß sind. Das mag auch daran liegen, dass es hier kaum eine wirklich spürbare „Studentenszene“ mit der an Traditionsorten üblichen Mischung aus Kneipen, Politik und Kultur gibt. Außerdem liegt der Campus vom Rest der Stadt völlig isoliert zwischen einem Autobahnzubringer, einer Schnellstraße und den Grünflächen am Bückerbach. Das ist schade, könnte sich aber vielleicht durch das Haus der Universität ändern.

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