Wieder einmal muss ich den Macherinnen und Machern vom düsseldorf festival! zutiefst dankbar sein. Zum Glück saß Co-Intendant Andreas Dahmen an diesem Abend in derselben Sitzreihe der Neanderkirche und war genauso fasziniert von diesem Musikerlebnis wie ich. Um es gleich vorwegzuschicken: Gelockt hat mich ausschließlich diese Gesangstruppe mit dem schönen Namen „A Cumpagnia“ – denn das ist korsisch. Die Sänger, vier gestandene Herren, sind Korsen, und der polyphone Gesang ist der Gesang der Ille de Beauté. Und weil das über alles gerechnet immer noch meine Lieblingsinsel ist, hat mich dieser eigenartige Gesant verzaubert. Zumal ich das Glück hatte, vor vielen Jahren einen anderen Chor auf diese Weise singen zu hören; unter freiem Himmel in der eigenartigen Stadt Sarténe. Auf Korsika singen sie mehrstimmig und irgendwie kanonartig, denn die Nebenstimmen setzen jeweils zeitverzögert ein. So entstehen Obertöne und ein Gespinst an Sound.

Eine der zurzeit renommiertesten Gesangsgruppe mit etwas anderem zu kombinieren, schien mir gewagt, weil ich befürchtete, Mitmusikanten könnten das Ergebnis verfälschen. Ich sah mich getäuscht. Eingeladen wurden A Cumpagnia vom in Düsseldorf lebenden Musiker Nicola Valiensi, der das Programm zusammenstellte und gemeinsam mit den anderen beiden seines Trios Sospirata in nur einer Woche einstudierte. „Mare Nostrum“, so der Name des Programms, soll deutlich machen, dass Folklore rund ums Mittelmeer in einen Zusammenhang gehört – besonders natürlich die Volksmusik einiger italienischer Regionen und der von Korsika. Eigentlich ist das ein heikles Feld, denn die Korsen haben sich von den Italiener in gestalt der Genueser und der Pisaner genauso besetzt gefühlt wie heutzutage von den Franzosen. Aber Musik ist eben die Kraft, die solche Differenzen überbrücken kann.

Die Differenz zwischen der Cumpagnia und dem Trio lag deshalb gar nicht in irgendwelchen ethnischen oder kulturellen Differenzen, sondern in der Verschiedenartigekit der Art Musik zu machen. Nicoal Valiensi kommt tatsächlich von der Folklore her und spielt als gelernter Posaunist auch auf einem Blasinstrument, das typisch für die Musik seiner Heimat ist. Zweiter Instrumentalist im Trio ist der geniale Akkordeonartist Fausto Beccalossi, der ein bisschen aussieht wie Tom Waits und sein wildes Spiel gern mit einer Art Scat-Gesang untermalt. Und wenn das Attribut „genial“ noch einmal verwendet werden soll, dann muss es auf den genialen Tambourinspieler Carlo Rizzo angewendet werden, der diesem scheinbar sio simplen Gerät ganze Perkussionsorgien entlockt und sicher auch ein abendfüllendes Programm solo auf die Bühne bringen würde. Zusammen spielen sie eine Musik am Rande von Jazz und Neuer Musik auf der Basis von mediteraner Volksmusik.

Dass die korsischen Sänger Spaß an der Zusammenarbeit hatten, konnte man auch ihrer Reaktion auf die Stücke ohne ihre Beteiligung deutlich anmerken und daran, dass sie gerade bei Lieder, die nicht zu ihrem ureigenen Repertoire zählen, mit großer Freude am Werk waren. Leider hatten relativ wenige Interessierte an diesem Donnerstagabend in die Neanderkirche gefunden. Versäumt haben sie einen Abend voller Musik von fantastischen Musikanten. Und ich bereite ab sofort eine Korsikareise vor…

A CUMPAGNIA // Tantum Ergo

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