Ja, es heißt BratSkartoffeln mit einem „S“ in der Mitte. Das habe ich so von meinem Freund Paul gelernt. Und der muss das wissen. Tatsächlich bin ich selbst kein großer Fan der Erdknolle aus der Pfanne, mir sind Pommes Frites insgesamt lieber. Was aber auch damit zu tun haben mag, dass man beim Auswärtsessen praktisch nie gute Bratkartoffeln bekommt, aber sehr oft ordentliche Fritten. Leider ist es in der 08/15-Gastronomie mittlerweile auch in Häusern, die sonst auf Selbstgemachtes setzen, Usus, vorgefertigte Toffeln aus der Tüte ins heiße Fett zu kippen, also eigentlich zu frittieren. Auch deshalb habe ich lange nach der ultimativen Zubereitung für dieses Gericht gesucht, nach dem bekanntlich ein erotisches Verhältnis benannt ist. Ja, Gericht, denn diese feine Sache bloß als Beilage zu servieren, grenzt an Kartoffellästerung. Richtig ist es, eine Hauptmahlzeit aus Bratskartoffeln und Spiegeleiern mit einem puren Koppsalat zu kredenzen.

Speck-Zwiebel-Schmelze

Aber wie bei vielen Standardrezepten toben diverse Ideologiekämpfe rund um den richtigen Weg. Aus dem halten wir uns mal schön raus und sagen: Speck und/oder Zwiebeln können, müssen aber nicht. Zweitens: Grundlage bildet die Pellkartoffel. Auch wenn Puristen auf die Herstellung aus frischen Kartoffeln schwören. Beginnen wir aber mit dem Speck-Zwiebel-Gedöns, das hier unter dem Etikett „Speck-Zwiebel-Schmelze“ läuft. Die geht so: Du nimmst dieselbe Menge Speck und Zwiebeln und würfelst diese gleichförmig – die Speck- und die Zwiebelwürfel sollten also gleich groß sein. Dann lässt du den Speck OHNE ANDERES FETT sehr langsam in einer Pfanne aus; auf einer E-Platte ist Stufe 3 optimal. Dabei oft wenden. Die Dinger sollen weder braun, noch knusprig werden.

Gibt es flüssiges Fett aus dem Speck, kommen die Zwiebelwürfel dazu, und die Temperatur wird auf 4 gestellt. Auch die Zwiebeln sollten nicht bräunen, sondern garen. Sind sie weich, kommt ein adäquates Stück Butter hinzu. Beispiel: Eine großes Zwiebel und die entsprechende Menge Speck schreien nach einer Nuss Butter, also einem Esslöffel voll. Wieder wird die Temperatur hochgedreht, sodass die Butter schmilzt und die Teilchen in der Pfanne den Geschmack annehmen. Zum Schluss mittelprächtig pfeffern. Diese Speck-Zwiebel-Schmelze passt übrigens auch zu Kässpätzle und überhaupt allen schwäbischen Mahlzeiten, in denen das Wort „geschmelzt“ vorkommt. Außerdem kannst du sie in einem verschlossenen Glas im Kühlschrank mindestens eine, eher sogar zwei Wochen lagern und bei Bedarf eine Portion entnehmen, um sie zu erwärmen und zu nutzen. Falls du, was sich ja bei Bratskartoffeln anbietet, im veganen Bereich bleiben willst, garst du Zwiebelwürfel langsam in Margarine.

Pellkartoffeln

Tatsächlich spielt die Kartoffelsorte beim Gelingen dieses Rezepts eine eher untergeordnete Rolle. Sehr empfehlenswert sind allerdings Annabelle und Laura, weil die sich einfach nicht so gegen das Pellen wehren wie andere Kollegen, sehr schön fest kochen und beide ein tolles Aroma haben. Mehlige Erdäpfel eignen sich nicht, auch von „vorwiegend mehlig“ ist abzuraten. Außerdem müssen die Knollen eine gewisse Größe haben, damit sie in die richtige Scheibengröße zerlegt werden können.

Rechne pro Person mit gut 300 Gramm im Rohzustand. Gib die Knollen in einen Kochtopf, fülle Wasser auf, sodass sie eben bedeckt sind und füge reichlich Salz hinzu. Und wenn ich schreibe „reichlich“, dann meine ich: Ein bis zwei Händevoll! Bring das Wasser zum Kochen und lass die Kartoffeln exakt 20 Minuten im sprudelnden Wasser garen. Dann gießt du das Wasser ab und lässt die Knollen ausdampfen. Die brauchen zum Abkühlen dann ungefähr ein Stündchen. Geschält und geschnitten werden sie aber erst kurz vor der Anbratung.

Das Anbraten

Was wollen wir? Knusprige und goldene Kartoffelscheiben! Und die gehen nur, wenn du diese Scheiben anbrätst. Davor steht das ungeliebte Pellen der Pellmänner und das Zerlegen in Scheiben, die etwa doppelt so dick sein sollten wie eine 2-Euro-Münze. Die Scheiben sollten zudem möglichst gleichmäßig dick sein. Pedanten werfen deshalb die beiden Anschnitte jeder Knolle weg. Na ja… Das Geheimnis ist, die Kartoffelscheiben IN EINER LAGE nebeneinander anzubraten. Also muss die Pfanne groß genug sein. Im Prinzip bedeutet das aber bei den genannten Mengen, dass du pro Portion eine Pfanne brauchst. Du kannst die Portionen aber auch nacheinander anbraten, warmestellen und später alles zusammen fertigstellen. Richtig gut werden Bratskartoffeln in gußeisernen Pfannen, die aber auch richtig gut eingebraten sein müssen. Aber auch in stinknormalen Antihaftpfannen geht’s. Schauen wir uns mal an, wie eine Lage in einer Gußpfanne funktioniert. In der Pfanne erhitzt du wenig neutrales Pflanzenöl (definitiv kein Olivenöl!) relativ stark, also bis kurz vor den Rauchpunkt. Dann legst du Scheibe für Scheibe ins Fett. Dreh die Platte runter auf Stufe 7 oder 6. Und lass die Kartoffeln in Ruhe! Nicht rütteln, nicht rühren, gar nichts.

So bildet sich die gewünschtes Knusperkruste. Und exakt in dem Moment, wo die perfekt ist, lösen sich die Kartoffelscheiben vom Pfannenboden. Jetzt drehst du sie einzeln um und brätst auch die andere Seite an. Es KANN sein, dass die eine oder andere Scheibe zu braun oder gar schwarz geworden ist. Das kommt bei sorgfältigstem Braten vor. Entferne solche Schandflecken einfach unauffällig… Nach diesem Muster brätst du jetzt alle Kartoffeln kross. Arbeitest du mit einer Pfanne, kannst du die fertigen Scheiben bei 50° Umluft im Backofen auf einem mit Backpapier ausgelegten Blech warmhalten.

Das Fertigstellen

Bleiben wir wieder beim Verfahren für eine Portion in einer Pfanne. Wenn alle Kartoffelscheiben knusprig sind, nimmst du sie aus der Pfanne und entfernst das Fett daraus. Am besten sogar samt Auswischen mit Küchenpapier. In dieser Pfanne schäumst du jetzt einen halben Esslöffel Butter auf und gibst die Kartoffeln hinzu. Und dann schön durchschwenken. Das darf gern vier, fünf Minuten dauern. Zuletzt einen Esslöffel Speck-Zwiebel-Schmelze zugeben und ebenfalls durchschwenken. Erst jetzt mit Salz und wenig Pfeffer würzen. Ich gebe den Bratskartoffeln mit ein wenig getrocknetem Majoran den letzten Pfiff. Parallel dazu die Spiegeleier braten und alles schön heiß servieren. Den Kopfsalat mache ich gern mit einer süßen Yoghurtsoße (Yoghurt, Zitrone, Salz und Zucker) an – das macht man so in Norddeutschland.

[Foto: Eckhard Polesny via Wikimedia (gemeinfrei)]

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