Das Schöne am Essen ist, dass jedes Rezept aus jedem Weltwinkel – früher durch Reisende, heute per Internet – in jede Küche kommen kann. Welche Rolle Wanderungen dabei einnehmen, lässt sich prima am Couscous ablesen. Ursprünglich war dies die Leibspeise der durch Nordafrika nomadisierenden Berber, dann wurde es im ganzen Maghreb ansässig, und heute ist Paris die unbestrittene Hauptstadt des Couscous. Und ich rate dir: Wenn du nach Paris kommst, dann fahr mit der Metro Numero 2 nach Château Rouge. Das ist die Station im Herzen des afrikanischen Viertels, westlich vom Gare du Nord. Oder besser noch: Begib dich noch weiter nach Norden, bis über den alten Boulevard Peripherique hinaus. Ob hier oder dort wirst du jede Menge maghrebinischer Restaurants finden, die vor allem eines anbieten: Couscous. Und zwar Couscous mit Lamm, Couscous mit Huhn, Couscous mit Rind, Couscous mit Fisch, Couscous vegetarisch und Couscous Royal mit mindestens drei Fleischsorten. Denn im Gegensatz zu dem, was uns die modernistische Diätküche suggerieren will, ist Couscous ein Gericht und nicht bloß vorgegartes Instantzeug, aus dem man unerfreuliche Salate basteln kann.

Und wenn du dann einmal, zweimal, dreimal von diesen tollen Couscous-Gerichten gekostet hast, dann fährst du zur Rue de Clignancourt und erwirbst in einem der vielen Haushaltswarenläden einen original echten Couscous-Topf. Der besteht aus einem mindestens fünf Liter fassenden Topf und einem dazu passenden Siebeinsatz puls Deckel. Mit so einem Topf wird dir jedes Couscous gelingen, denn es macht die Massage der Weizengrieskrümel sehr komfortabel.

Richtig gelesen: Das Couscous wird massiert, mindestens zweimal, eher dreimal. Nur dann nimmt es den Geschmack an, der mit dem Dampf aus der Couscous-Brühe aufsteigt, nur dann bekommt es die Konsistenz von feinem Saharasand, der einem mühelos durch die Finger läuft. Couscous-Gries bekommst du heute vorwiegend in vorgegarter Form. Dann muss es eigentlich nur mit heißem Wasser begossen werden und darf dann ausquellen. Mit dem berberischen Gericht hat das aber nichts zu tun. Die gute Nachricht ist, dass du auch mit dem Instant-Couscous auf die traditionelle Art kochen kannst. Wenn du ihn aber bekommst, dann nimm das richtige Couscous, das hierzulande vor allem in marokkanischen Läden in wunderbar gestalteten Päckchen zu haben ist. Bisweilen kriegst du in solchen Geschäften auch Couscous aus dem Sack, ordentlich abgewogen und in einer Papiertüte serviert.

Basis bildet immer eine Schmorbrühe. Wenn du Couscous mit Fleisch servieren möchtest, dann schneidest du das in Würfel, bräunst es in Öl und mit Zwiebeln und Knoblauch an, fügst das Gemüse hinzu und gießt Flüssigkeit an. Das findet unten im Couscous-Topf statt. Bevor du den Gries dämpfen kannst, musst du ihn vorbereiten. Rechne mit 100 bis 150 Gramm pro Person, denn du auf einem flachen Teller oder einer flachen Servierschale ausbreitest. Gib ein wenig Salz hinzu und fang an, das Couscous mit warmem Wasser zu besprenkeln. Mit den Fingern arbeitest du das Wasser ein, und irgendwann ist der Punkt erreicht, wo sich der Gries durchgehend feucht anfühlt. Nun kommt er in das Sieb über der simmernden Brühe.

Wenn du keinen Couscous-Topf hast, tut es auch ein hoher Suppentopf, in den du ein passendes Küchensieb einhängst. Also: Vom Durchmesser her sollte das Sieb möglichst wenig schmaler sein als der Topf. Und der Topfdeckel sollte das Sieb möglichst gut abdichten, damit nicht zu viel Dampf verloren geht. Du kannst dir schon denken, dass die Brühe unten so simmern muss, dass Dampf entsteht, sonst funktioniert’s nicht. Das Couscous braucht nun im ersten Anlauf um die 15 Minuten. Dann wird es zum ersten Mal massiert. Dazu kippst du den Siebinhalt wieder auf den Teller oder in die Schale. Die erfahrenen Couscous-Köche gehen tatsächlich mit den Händen zu Werke, uns Normalos wäre das zu heiß. Jedenfalls sprenkelst du das Couscous mit nicht wenig Öl (Es muss hier nicht unbedingt Olivenöl sein…) und hebst es mit einer Gabel wieder und wieder durch. Das kann gut fünf Minuten dauern. Anschließend kommt das Gries wieder ins Sieb und über den Dampf. Wie gesagt: Wiederhole diese Prozedur mindestens einmal. Ist das Couscous gar, kommt es wieder auf den Teller bzw. in die Schale und wird mit einem Stück Butter, das dabei schmilzt und untergehoben werden kann, veredelt. Eventuell musst du vorher ein wenig nachsalzen, aber insgesamt sollte das Couscous eher nicht salzig sein, sondern nach einer Mischung aus Getreide und den Aromen der Brühe schmecken. Ein wenig Pep kriegt der Gries, wenn du ihn mit ein bisschen geriebener Muskatnuss und einem Hauch Zimt und/oder Nelkenpulver würzt.

Serviert wird das Couscous klassisch auf einem großen Kupfertablett, wobei der Gries zu einem Berg gehäuft wird, in den oben ein Krater eingelassen wird, den man dann mit den festen Bestandteilen der Brühe füllt. Diese kommt in kleinen Portionsschälchen dazu. Ebenso traditionell wird das Couscous dann mit den Händen gegessen; die Brühe natürlich nicht, die schlürft man aus dem Schälchen. Du kannst aber auch einfach das Couscous zu Tisch bringen und die Brühe samt Inhalt in einer Terrine samt Kelle. Unverzichtbar ist aber ein besonderes Schälchen, in dem du nicht wenig Harissapaste mit ein wenig Brühe verrührst. Und gern gegeben wird auch eine Joghurt-Minz-Sosse, bei der Joghurt mit einer gepressten Knoblauchzehe, ein wenig Zitronensaft, ein bisschen Salz und ganz viel gehackter Minze verrührt wird.

Wie gesagt: Couscous geht mit Lamm, Rind, Huhn, Fisch und natürlich auch Kalb oder Kamel. Zwei Gemüsebestandteile sind beinahe immer an Bord: Gescheibelte Möhren und (vorgegarte) Kichererbsen. Gut hinein passen alle anderen Suppengrüns sowie Zucchini oder auch Kartoffeln. Wichtig ist, die Gemüse in der Reihenfolge einzuwerfen, die ihrer Garzeit entspricht; so brauchen Zucchiniwürfel in der Brühe maximal 10 Minuten bis zur Bissfestigkeit. Viel Bohei wird um die Würze eines Couscous gemacht. Ich bin da Purist und gebe der Brühe nichts außer Salz; die arabischen Noten kommen dann über die Minzsoße und das Harissa. Wer’s ein wenig nordafrikanischer mag, gibt ordentlich Ras el Hanout an die Brühe oder wenigstens Kreuzkümmel. Die vegane Variante des Couscous besteht dann nur aus Gemüse, das in einer (möglichst selbstgezogenen) Gemüsebrühe gekocht wird. Bei der dieser Version empfiehlt sich dann der Einsatz orientalischer Gewürze.

Kommentare sind gesperrt.