Über die für ihre Zeit enorm wichtige Gesolei haben wir bereits geschrieben und dabei auch die große Industrie- und Gewerbeausstellung von 1902 erwähnt, die wiederum in der Rheinisch-Westfälischen Industrie- und Gewerbeausstellung von 1880 ihren Vorläufer hatte. Auch die Nazi-Propaganda-Show Reichsausstellung Schaffendes Volk von 1937 fand in Düsseldorf statt. Dass 1953 mit der Ausstellung „Alle sollen besser leben“ erneut eine wegweisende Publikumsmesse in unserer schönen Stadt zu sehen war, wird leider oft vergessen.

Besucher der Ausstellung "Alle sollen besser leben" von 1953 (Bildrechte: WDR/jäche via digit.wdr.de)

Besucher der Ausstellung „Alle sollen besser leben“ von 1953 (Bildrechte: WDR/jäche via digit.wdr.de)

Denn das Jahr 1953 war ein ganz entscheidendes Jahr für das sogenannte „Wirtschaftswunder“. Bis einschließlich 1952 waren die mittelständischen Unternehmen und die großen Konzerne vor allem damit beschäftigt, die Kriegsschäden zu beseitigen und ihre Produktionsstätten wiederherzustellen. Bauarbeiter wie mein Vater, der als Maurer 1949 nach Düsseldorf gekommen war, galten als Helden der Zeit, wurden aber bald von den Arbeitern in den Industriebetrieben abgelöst. Die Reallöhne waren inzwischen über Vorkriegsniveau angestiegen, und das Bruttosozialprodukt verdoppelte sich seit der Währungsreform von Jahr zu Jahr. Da dachten die Unternehmer bundesweit, vom kleinsten Familienbetrieb bis zum Industriekonzern, nur noch an Wachstum durch Produktivitätssteigerung und investierten beinahe grenzenlos.

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Wirtschaftswunderausstellung 1953 in Düsseldorf: "Alle sollen besser leben"

Wirtschaftswunderausstellung 1953 in Düsseldorf: „Alle sollen besser leben“

Die führenden Köpfe der Wirtschaft aber erkannten ein Hindernis auf diesem Kurs: die mangelnde Rationalisierung. Während sich in den ebenfalls boomenden Vereinigten Staaten die Ford’schen Erkenntnisse der Fließbandfertigung in allen Branchen der Konsumgüterproduktion durchsetzten und die Normierung von Maßeinheiten, Bauteilen und Verfahren rasant voran schritt, baute in Deutschland noch fast jede Fabrik nach eigenen Normen und erkannte den Wert der Rationalisierung noch kaum. Übrigens: Mit Rationalisierung war 1953 noch nicht das gemeint, was 20 Jahre später viele, viele Arbeiter, die „wegrationalisiert“ wurden, den Job kostete. Es ging eher darum, Produkte so zu entwickeln, dass neue Generationen nicht jedes Mal wieder bei null anfingen und beispielsweise Maschinen, die für eine Produktlinie angeschafft worden waren, auch für Neuentwicklungen eingesetzt werden konnte.

Fragt sich aber, weshalb man diese Wirtschaftswunderausstellung auf dem (neuen) Düsseldorfer Messegelände nördlich des Ehrenhofs zwischen der Rheinterrasse und der Fischerstraße unter das Motto „Alle sollen besser leben“ gestellt hatte. In einem zeitgenössischen Spiegel-Artikel hieß es dazu:

Es soll demonstriert werden, wie man in Westdeutschland lebt und wie man leben könnte, wenn alle Firmen den Fortschritt in Technik und Betriebswissenschaft nutzen würden, um „besser, kostensparender, billiger, schneller, bequemer und unter menschlich besseren Beziehungen“ zu produzieren. [Quelle: Spiegel 32/1953]

Besucher der Ausstellung bewundern moderne Loks (Bildrechte: WDR/jäche via digit.wdr.de)

Besucher der Ausstellung bewundern moderne Loks (Bildrechte: WDR/jäche via digit.wdr.de)

Die Ausstellung, in der praktisch alles zu sehen war, was sich die frischgebackenen Konsumenten gern geleistet hätten – von Schuhen bis zu Kleinwagen -, war ein gigantischer Erfolg. In den knapp vier Wochen zwischen dem 18. Juli und dem 16. August bevölkerten unglaubliche 1.358.000 Zuschauer die neuen und alten Messehallen in Pempelfort. Die 500.000ste Besucher, eine gewisse Christel Polcher, bekam als Präsent ganz zeitgemäß ein Paar Schuhe und ein Kinderkleid überreicht. Neben den Konsumgütern waren vor allem Fahrzeuge aller Art zu sehen, denn 1953 waren weder der Bahnfernverkehr, noch der ÖPNV und schon gar nicht der Individualverkehr auf einem angemessenen Stand.

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