Liebe Nicht-DüsseldorferInnen, also liebe Menschen, die ihr nicht in der schönsten Stadt am Rhein und seinen befreundeten Nachbargemeinden (Meerbusch, Neuss, Monheim, Langenfeld, Hilden, Erkrath, Mettmann und Ratingen) wohnt, ihr könnt jetzt sofort aufhören zu lesen. Denn dieser Ratgeber richtet sich an die anderen, die nämlich auch mal gern wieder einen angenehmen Abend in der Düsseldorfer Altstadt verbringen wollen. Das tun nämlich seit Jahren immer weniger Düsseldorfer (und Bewohner der genannten) Orte, denn nett und gemütlich ist die Altstadt nur noch zu bestimmten Zeiten und unter gewissen Bedingungen an einer begrenzten Anzahl Stellen. Und die wollen wir heute mal präsentieren. Hier also die 5 Tipps:

1. Meide Freitag- und Samstagabende!

Nicht ohne Grund steht dieser Rat an erster Stelle. An dem, was die meisten Leute als „Wochenende“ empfinden, ist (fast) die ganze Altstadt voll mit Halb- und Ganzbesoffenen aus Schwaben, Bayern, Schleswig-Holstein oder irgendeiner öden Gegend, in denen grenzdebile Testosteronopfer rumerzählen, die Düsseldorfer Altstadt sei der zweitbeste Ort nach El Arenal, um sich mal so richtig die Kante zu geben und die Sau rauszulassen. Und weil irgendein Schwachmat vor Jahren die Parole ausgegeben hat, JunggesellInnen-Abschiede an der längsten Theke der Welt seien in Düsseldorf gern gesehen, marodieren irgendwelche ProvinzknallInnen in gleichförmigen T-Shirts und einem/einer völlig blöd kostümierten DeppIn unter sich durch die Gassen und nerven alle, die nicht auf JA unterwegs sind. Dazu dann noch die randvollen Briten aller Couleur, die Streit suchen. Sowie unbeweibte Jungmänner, die der Mangel an GV hochaggressiv macht.

Historischer Exkurs: Das war übrigens nicht immer so. Denn die Altstadt war noch bis nach dem zweiten Weltkrieg ein stinknormales Stadtviertel mit der üblichen Menge an Kneipen und Weinstuben. Erst ab etwa 1960 wurden immer mehr Wohnhäuser und Läden in Gaststätten umgewandelt, und irgendwann um 1967/68 brachte jemand den Spruch von der „längsten Theke der Welt“ auf, den Hans-Ludwig Lonsdorfer in seinem berühmten Altbier-Lied 1978 populär machte. In den Sechzigern war die Altstadt hauptsächlich schmuddelig und düster. Nur an der Bolker Straße gab es zwei, drei prächtige Nachtclubs, wo die Prominenz Champagner aus Zarenkronen soff. Ansonsten verkehrten dort die üblichen Suffköppe, die Künstler sowie die Fans der brandneuen Beatmusik. Erst Anfang der Siebzigerjahre differenzierte sich der ganze Klumpatsch aus; die Ratinger Straße bekam, befeuert von den Studenten der Kunstakademie, ihr Gesicht, die Bolkerstraße wurden zum Gelände der Hardrock-Freunde, und die Kurze Straße gehörte dem Jungvolk. Fixpunkte wurden die drei Brauhäuser: Uerige, Füchschen und Schumacher (Goldener Kessel). Außerdem eröffneten mehrere Dutzend Imbisse verschiedenster Herkunft. Erst jetzt wurde die Altstadt zu einem Ort, den man aufsuchte, wenn man Saufen, Fressen und Feiern wollte. Die Leute, die per Straßenbahn (z.B. mit der 12 aus Ratingen) aus der Umgebung kamen, machten das Publikum noch ein bisschen bunter. Die aktuelle Ballermannisierung setzte zum Leidwesen der Düsseldorfer Altstadtgänger dann in den Neunzigern ein…

Wer sich einen angenehmen Abend in der Altstadt haben will und dabei nicht in einer Kneipe kleben bleiben möchte, sollte sich am besten mittwochs dorthin begeben. Früher nannte man diesen Tag den „kleinen Samstag“, weil die Stimmung ähnlich der am Wochenende war. Mit dem Unterschied, dass früher Schluss war, weil die meisten ja am folgenden Tag zur Arbeit mussten. In der warmen Jahreszeit ist aber auch der Donnerstag nett.

2. Meide die Bolkerstraße!

Die Bolkerstraße am Vormittag

Die Bolkerstraße am Vormittag

Schon immer war die Bolkerstraße als Bestandteil der Altstadt ein bisschen schwierig. Sie kann nichts dafür, sie liegt einfach so schön zentral als Verbindung vom Bolker Stern zum Marktplatz. Weil sich Touristen gern verirren, lieben sie solche einfachen Straßen. Das ist schon seit Langem so, und es hat Spuren hinterlassen. So zog mit dem „Bolker 9“ schon vor vielen Jahren der Ballermann in der Altstadt ein – und er hat sie nie wieder verlassen. Natürlich wäre es ungerecht, die ganze Straße mit ihren kaum 250 Metern als „Abzockmeile“ zu beleidigen. Immerhin haben sich ein paar Institutionen dort gehalten. Auch wenn DIE Hardrock-Kneipe namens „Weißer Bär“ nach blöden Streitigkeiten nicht mehr da ist, wo sie sein sollten, gibt es sie und ihr Publikum doch noch. Auch die „Auberge“ und „Dä Spiegel“ trotzen tapfer der Modernisierung. Das tun der Goldene Kessel und gegenüber der Schlüssel sowieso.

Den Rest der Bolkerstraße kann man als Düsseldorfer getrost vergessen. Nur wer total darauf steht, im kalten Winter draußen unter einem umweltzerfetzenden Heizpilz 08/15-Frass zum hohen Tarif zu tanken, der MUSS dahin. Weil es Arkaden wie auf der Nordseite der Straße sonst nirgendwo gibt.

3. Starte auf der Kurzestraße!

Ham-Ham beim Josef - der Schweinebratengrill

Ham-Ham beim Josef – der Schweinebratengrill

Im Prinzip gibt es zwei Sorten kluge Altstadtgänger: die einen beginnen in einem der Brauhäuser und schlagen sich dann Richtung Norden zu den netten Kneipen, die anderen starten auf der Kurzestraße und kommen maximal bis zur Ratinger Straße. Vielleicht ist die Kurzestraße die letzte halbwegs authentische Altstadt-Kneipen-Straße. Immerhin gibt es hier mit dem „Engelchen“ und dem „Knoten“ zwei Traditionskneipen, mit dem „Tube“ eine waschechte Musikkneipe und mit „Ham-ham bei Josef“ einen der letzten verbliebenen typischen Altstadt-Schweine-Imbiss. An den Tagen laden zwei Schnellpizzerien (die es auch schon ewig gibt) auf einen belegten Fladen ein, und beim Kürzer gibt es ein eigenes Alt, das besonders den Damen gut schmeckt.

Hat man sich dort für den Rest des Abends warmgemacht, ist man gut vorbereitet für alles, was nördlich liegt – eben auch die Ratinger Straße, diesen traditionellen Kneipenstrich, der gerade vom Besserverdiener-Ghetto auf dem Gerichtsgelände bedroht wird.

4. Supporte die Traditionskneipen!

Fein speisen im Weinhaus Tante Anna

Fein speisen im Weinhaus Tante Anna

Jeder Düsseldorfer Altstadtgänger trägt eine schwere Verantwortung. Nämlich die vollständige Ballermannisierung und vor allem die galoppierende Gentrifizierung der Langtheke zu verhindern. Momentan bringen die Reichen und Schönen den Trend zur Cocktail-Bar dorthin. Das ist ärgerlich und böse, weil jede Bar den Platz eines Altbierfasses wegnimmt. Je weniger Kneipen im althergebrachten Sinn es in der Altstadt gibt, desto weniger wird dieses herrliche Gesöff noch dort ausgeschenkt. Und mit dem Alt würde auch der spezifische Geist der längsten Theke verschwinden. Aber nicht nur wegen der Umwandlung in einen Yuppie-Schuppen schließen viele traditionelle Läden. Die Gentrifizierung der Altstadt durch Theresien-Hospital, Andreas-Viertel und Stadthaus mit Luxushotel hat bei den Immobilienbesitzern und Vermietern die Halskrankheit ausgelöst. Seit Jahrzehnten bestehende Mietverträge werden nicht verlängert, oder die Haie verlangen von den Wirten teilweise die vier-, fünf- oder gar zehnfache Miete. Wer dreißig oder vierzig Jahre lang seine Kneipe mit Herzblut betrieben hat, überlegt sich dann schon, ob es noch einen Sinn hat, weiterzumachen.

Und doch: Wir alle können den Prozess zumindest verzögern, indem wir die ganzen neuen Läden boykottieren und bei Altstadtbesuchen ganz auf die Traditionskneipen setzen. Dazu zählt beispielsweise der „Julio“ an der Mühlenstraße; leider wird Peter Tuxhorn im Jahr 2017 final den Zapfhahn abgeben. Auf der Ratinger Straße haben sich das „Bobbys“ aka „Kreuzherreneck“, die „Uel“, der „Ohme Jupp“ und auch das „Einhorn“ gut gehalten. Die „Kneipe“ in der Liefergasse gehört zum Altbestand, genau wie die „Pinte“ kurz davor. Wer nicht in einem der Brauhäuser speisen möchte, möge bitte das „Weinhaus Tante Anna“, den „Czikos“ oder „Benders Marie“ wohlwollend ins Auge fassen. Oder natürlich den „Goldenen Ring“ am Burgplatz – den der steht auf dem Platz, an dem das allererste Wirtshaus Düsseldorfs mal stand. Um die Filialen irgendwelcher Franchise-Ketten machen ächte Düsseldorfer natürlich einen Bogen.

5. Geh mal vormittags in die Altstadt!

Um einen netten Abend zu haben, soll ich tagsüber in die Altstadt? Ja, genau. Denn gerade so in der Zeit zwischen etwa 9 und 12 Uhr kann man gemütlich durch die Gassen schlendern und sich ein Bild davon machen, was einen Besuch am Abend lohnt. Vor allem in Sachen „Ernährung“. Wer sieht, was manchen Imbissen angeliefert wird, weiß genau, wo er abends nicht essen wird. Außerdem fallen gegen Mittag auch die Touristenfallen (z.B. in der Schneider-Wibbel-Gasse) dadurch auf, dass dort schon Gäste gekobert werden oder ahnungslose Fremdlingen ratlos vor Gastronomien hocken, die nur den Zweck erfüllen, Touristen anzulocken. Mit ein bisschen Glück begegnet man aber auch schon dem einen oder anderen Wirt, der einen oder anderen Wirtin sowie den soeben erwachten Kellnerinnen und Kellner – kennt man sich, ist Zeit für ein kleines Schwätzchen.

Ein Kommentar

  1. Wolfgang am

    Ihr habt das D-Town um die Ecke am Schloßturm vergessen, dass sich still und leise etabliert hat …