Kreativ sein heißt auch und vielleicht vor allem, sich bei Bedarf oder einfach nur so vom Bewährten, Immerwiederkehrenden, von Routinen zu verabschieden. Wenn das so ist, müssen wir Düsseldorfer und alle bei den äußerst kreativen Festivalmacher*innen der Stadt bedanken. Wie die auf die besonderen Umständen der Corona-Pandemie reagiert haben, ist sensationell. Und: Wie die verschiedensten Organisationen und Institutionen in dieser Krise kooperiert haben, verdient unser größtes Lob. Denn die Seuche hat die Festivals mindestens genauso sehr getroffen wie die gesamte Veranstaltungsbranche. Das ist bisher öffentlich nicht genug gewürdigt worden.

Da ärgert es umso mehr, dass die Kultur im abgelaufenen Kommunalwahl so gar keine Rolle gespielt hat. Wenn überhaupt nur in Sachen „Hochkultur“ und da nur bei der Frage nach dem Ersatz für das marode Opernhaus. Immerhin haben stadteigene Einrichtungen wie D.Live und die zuständigen Ämter den kreativen Festivalmacher*innen nach Kräften geholfen. Schauen wir uns die drei wichtigsten Sommerfestivals noch einmal an.

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New Fall Festival geht auch im Sommer und Open Air

Ohne viel Gewese haben die New-Fall-Leute die für den Heimatsommer (im Übrigen ebenfalls eine hochkreative Sache ohne großes Gehampel) eingerichtete Möglichkeit genutzt, im Ehrenhof zu spielen. Auch wenn es immer nur Dutzende Zuschauer*innen sein konnten, die in Liegestühlen mit Abstand auf dem Rasen der Künstler*innen lauschten, war diese Version des Festivals mit den eher ungewöhnlichen Acts, ein Riesenerfolg.

New Fall Festival 2020 - Die Summer Edition im Ehrenhof (Foto: New Fall)

New Fall Festival 2020 – Die Summer Edition im Ehrenhof (Foto: New Fall)

Und auch hier: Dass über die Sommerwochen regelmäßig wunderbare Konzerte stattfinden konnten, war auch das Ergebnis von Kooperationen, die rasch und unbürokratisch zustande kamen – hier zwischen Tonhalle, NRW-Forum, Pong, Kunstpalast und Rheinterrasse. Man würde sich wünschen, das ginge auch ohne Pandemieumstände so.

Das Asphalt Festival und die schwimmende Bühne

Als die Idee mit der schwimmenden Bühne auf dem Schwanenspiegel aufkam, war halb Düsseldorf begeistert. Da hatten sich Asphalt-Festival-Leute um Christof Seeger-Zurmühlen und Bojan Vuletic etwas wirklich Ungewöhnliches ausgedacht. Zumal die Terrasse unterhalb der Wasserstraße am Rande des Schwanenspiegels ja eine gewisse Tradition als Freizeiteinrichtung hat: Hier fand sich bis in die Sechzigerjahre hinein ein kleines Ausflugslokal mit Ruderbootverleih.

Was für eine Location! Die schwimmende Bühne auf dem Schwanenspiegel (Foto: asphalt festival)

Was für eine Location! Die schwimmende Bühne auf dem Schwanenspiegel (Foto: asphalt festival)

Und nun schwebte eine Plattform auf dem Wasser, während die Besucher*innen es sich auf Liegestühlen auf der Terrasse gemütlich machten. Der Sound wurde drahtlos auf Kopfhörer übertragen – nicht zuletzt, um irgendwelchen Beschwerden über „Lärm“ durch Anwohner zuvorzukommen. Das Programm war natürlich kleiner als gewohnt, aber durchweg begeisternd. Nicht wenige Zuschauer*innen haben sich gewünscht, das Asphalt Festival würde jeden Sommer (auch) hier spielen.

Düsseldorf Festival: Die große Mitsubishi-Electric-Halle und ein kleines Zelt

Besonders schwer getroffen hat es das Düsseldorf Festival ausgerechnet im Jahr des 30. Geburtstags. Denn sonst ist das große Theaterzelt auf dem Burgplatz der Star. Dass aber ein Zelt für rund 700 Gäste und der zugehörige Backstage-Campus unter Corona-Bedingungen nicht gehen würden, war sehr schnell klar. Auch dass viele ausländische Truppen nicht würden reisen können, lag auf der Hand. Also stampfte das Team innerhalb von wenigen Wochen ein neues Programm aus dem Boden und fand in D.Live den Partner, der für einen angemessenen Ersatz fürs Zelt sorgte: Die Mitsubishi-Electric-Halle in Oberbilk.

Düsseldorf Festival 2020 in der Mitsubishi-Electric-Halle - Schlussapplaus am 12.9.20 (Screenshot: dusfest)

Düsseldorf Festival 2020 in der Mitsubishi-Electric-Halle – Schlussapplaus am 12.9.20 (Screenshot: dusfest)

Außerdem gibt es ein kleines Zelt auf dem Burgplatz, in dem unter dem Titel „Face to Face“ Künstler über Stunden jeweils für einzelne Zuschauer*innen auftreten. Das Düsseldorf Festival ist am 9. September gestartet und läuft noch bis zum 27. September. Tickets gibt es noch für eine ganze Reihe an Vorstellungen.

Und die Finanzen?

Machen wir uns nichts vor: Wenn im Vergleich zu den vorangegangenen Festivaljahren zwischen 10 und maximal 25 Prozent Tickets verkauft werden können, dann trifft das die Veranstalter wirklich schwer, ganz gleich, wie sie ihre Arbeit finanzieren. Ohne die Solidarität der Sponsoren und Partner und vor allem der Bereitschaft der Besucher*innen, sich unter schwierigen Bedingungen auf die Produktionen einzulassen, wäre keines dieser Festivals im Corona-Jahr 2020 möglich gewesen.

Wer aber an der Seebühne des Asphalt Festivals war oder beim New Fall im Ehrenhof oder aktuell bei den Vorstellungen des Düsseldorf Festivals, ahnt oder weiß, wie enorm wichtig diese Form von Kultur für das geistig-moralische Wohlbefinden der Menschen ist. Wenn die neuen und alten Lokalpolitiker*innen und der kommende neue oder alte OB das angesichts der kreativen Lösungen nicht kapieren und entsprechend unterstützend handeln, sollten sich alle kulturbegeisterten Menschen der Stadt demnächst lautstark bemerkbar machen.

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