Bericht · Selbst waschechte Düsseldorfer*innen vergessen bisweilen, dass unsere schöne Stadt gut 100 Jahre lang eine richtige Industriemetropole war, nicht bloß der „Schreibtisch des Ruhrgebiets„. Die meisten Spuren der Schwerindustrie in Oberbilk, Lierenfeld, Rath, Benrath, Derendorf und so weiter sind heute kaum noch sichtbar. Wer kann sich vorstellen, dass sich noch vor 40 Jahren eine breite Schneise großflächiger Industriebetriebe von der Rückseite des Hauptbahnhofs quer durch die Viertel bis fast nach Eller zog. Und um die Wende zwischen dem 19. und dem 20. Jahrhundert war Düsseldorf ebenso Heimat der „Stahlbarone“ wie das Ruhrgebiet. Ein Ausdruck des Selbstbewusstseins der Schwerindustriellen ist der Stahlhof mit seiner Front an der Bastionstraße. [Lesezeit ca. 3 min]

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Zwischen 1906 und 1909 erbaut war dieser Palast eines der teuersten Bauwerke, die je auf Düsseldorfer Boden errichtet wurde. Das lag einerseits an der schieren Größe, andererseits an der geradezu luxuriösen Außengestaltung mit kaum zu zählenden Sandsteinskultpuren und -reliefs, speziellen, glasierten Schindeln und dem massenhaften Einsatz von Kupfer an den Giebeln und Gauben. Man hatte die besten Handwerker von der Leine gelassen und an den kostspieligsten Materialen nicht gespart. Das zeigte ich auch im Inneren: kunstvolle Drechslerarbeiten, perfekte Marmorböden in der Eingangsetage, selbst die Toiletten waren mit feinsten Steinböden versehen, und der größte Teil der Kontore war mit bestem Holz vertäfelt. Dutzende Großgemälde, meist mit realistischen Darstellungen der Industrie, wurden speziell für den Stahlhof von damals namhaften Künstlern angefertigt.

Man wollte ein Zeichen setzen. Die Spitze der Arroganz aber zeigte sich im baulich sinnlosen Türmchen, das von weither sichtbar war und zu allem Überfluss ein Segelschiff als Wetterfahne aufwies, denn man verstand sich als ebenso wichtig und mächtig wie der uralte Handelsbund der Hanse.

Das Türmchen des Stahlhofs ist von weither sichtbar - auch von der linken Rheinseite aus (Foto: TD)

Das Türmchen des Stahlhofs ist von weither sichtbar – auch von der linken Rheinseite aus (Foto: TD)

In den Zwanzigerjahren ergänzte man den Palast durch den Neuen Stahlhof, entworfen in völlig anderem Stil, aber ebenso prächtig. Und mit dem in den Dreißigern errichteten Walzstahlhaus hatte man dann den ganzen Häuserblock zwischen Breite- und Kasernenstraße sowie Bastion- und Carl-Theodor-Straße in Besitz genommen. Auch wenn der Stahlhof vor allem als Repräsentationsbau gedacht war und neben einer Reihe großzügiger Büros für die Mächtigen und einem gewaltigen Konferenzsaal ausgestattet war, gab es auch Dutzende Kontore für die Schreiber, Buchhalter und Archivare – die allerdings eher zweckmäßig als repräsentativ gestaltet waren.

Der Stahlhof noch vor seiner Eröffnung im Jahr 1909 gesehen von der Ecke Kasernen-/Bastionstraße (public domain via Wikimedia)

Der Stahlhof noch vor seiner Eröffnung im Jahr 1909 gesehen von der Ecke Kasernen-/Bastionstraße (public domain via Wikimedia)

Nachdem die Franzosen im Rahmen der Rheinlandbesetzung 1921 die Macht übernommen hatten, diente das Gebäude von 1923 bis 1925 als Sitz des französischen Generalstabs und wurde zum Hauptquartier der Besatzer. Ganz ähnlich ging des dem Stahlhof und den beiden anderen Komplexen nach dem zweiten Weltkrieg. Ab dem 1. Mai 1946 bezog die britische Militärregierung den Palast. Genau an diesem Ort wurde die Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen diskutiert und letztlich beschlossen. Die offizielle Gründungsveranstaltung fand hier am 23. August 1946 statt, und es hätte nicht viel gefehlt, dass das erste NRW-Parlament im Stahlhof zusammengekommen wäre.

Nach der Ablösung der Militärregierung durch die erste NRW-Landesregierung und mit dem Abzug der Briten aus dem Gebäude im Jahr 1958 fiel der Stahlhof an das Land und wurde bis weit in die Achtzigerjahre durch die unterschiedlichsten Behörden und Ämter genutzt. Recht grobe Umbauten nahmen dem Haus einen Teil des brutalen Charmes, aber die Spuren des Luxus blieben immer sichtbar. Ab 1971 war neben dem Verwaltungsgericht auch das sogenannte „Schulkollegium beim Regierungspräsidenten“ hier untergebracht, eine Institution, die für das Personalwesen der Lehrer sowie deren Besoldung zuständig war. Inzwischen ist das Verwaltungsgericht Hausherr im Stahlhof, der zwischen 1980 und 2010 mehrfach restauriert und renoviert wurde.

2 Kommentare

  1. Ich hatte dort als Referendar einenTeil meiner Ausbildung, auch von Innen ein imposantes Gebäude. Die Verwaltung-AG wurde teilweise im Kaminzimmer im Untergeschoss durchgeführt.

    • Rainer Bartel am

      Ah, ja, schön dass Sie an das legendäre Kaminzimmer erinnern!