Es ist eine Affenschande, dass Vater und Sohn Seyppel in Düsseldorf, selbst bei Kennern der hiesigen Kunstgeschichte, so wenig bekannt sind. Besonders für Carl Maria, den ehemaligen Präsidenten des Malkasten-Vereins, gilt es, die eine oder andere Lanze zu brechen. Denn er gilt unter Experten – wie sein bekannterer Kollege Wilhelm Busch – als einer der Vorläufer der modernen Comic-Zeichnerei. Sohn Hans dagegen hat sich Zeit seines Lebens malerisch mit Düsseldorf auseinandergesetzt; dazu später mehr.

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Über die Herkunft von Carl Maria Seyppel wissen wir wenig. Im Juli 1847 geboren wurde er schon mit etwas mehr als 14 Jahren in die Elementarklasse der Düsseldorfer Kunstakademie aufgenommen. Die war Teil des Ausbildungssystems, das Friedrich Wilhelm von Schadow als neuer Präsident der Akademie eingeführt hatte. Die nicht selten so jungen Eleven lernten in dieser Klasse das zeichnerische Handwerk, das seinerzeit als Grundlage für jede Tätigkeit als bildender Künstler galt.

Carl Maria Seyppel als Zeichner - Der Hölzerne Deuwel

Carl Maria Seyppel als Zeichner – Der Hölzerne Deuwel

Die Schüler mussten unter Aufsicht des jeweiligen Professors vor allem Zeichnungen alter Meister kopieren und sollten die menschliche Anatomie durch Abzeichnen von Gipsabgüssen erlernen. Üblicherweise durchliefen die angehenden Künstler diese Klasse zwei bis drei Jahre lang, um dann über eine Zeit in der Vorbereitungsklasse endlich in die Meisterklasse eines der Professoren aufgenommen zu werden. Seyppel kam so 1866, also nach fünf Jahren, zu Karl Ferdinand Sohn, den Schadow aus Berlin an die Düsseldorfer Akademie mitgebracht hatte. Sohn war ein virtuoser Maler und großer Beeinflusser der Düsseldorfer Malerschule – die meisten Maler, die dieser Vereinigung zugerechnet werden, haben mehr oder weniger lange bei Sohn studiert.

Doppelseite aus "Die Plagen. 3te aegyptischen Humoreske. Aufgeschrieben und abgemalt bei dem Auszuge der Juden aus Aegypten." von Carl Maria Seyppel

Doppelseite aus „Die Plagen. 3te aegyptischen Humoreske. Aufgeschrieben und abgemalt bei dem Auszuge der Juden aus Aegypten.“ von Carl Maria Seyppel

Carl Maria Seyppel verließ die Akademie vier Jahre später und etablierte sich quasi als Gebrauchsmaler und eben als Zeichner bebilderter Bücher – immer mit dem Hang zur humorvollen Sicht der Dinge. Berühmt wurde er seinerzeit durch drei Bände einer Reihe sogenannter „altägyptischer Humoresken“. Witzige bis skurrile Bildgeschichten – teils im Stil von Hieroglyphen – schildern Situationen aus einem erfundenen Ägypten der Frühzeit. So lautet der Untertitel des Bandes „Die Plagen“ mit feiner Ironie „Aufgeschrieben und abgemalt bei dem Auszuge der Juden aus Ägypten“. Die Erstausgaben waren auf künstlich gealtertem Papier, das an Papyrus erinnern sollte, gedruckt, das zudem unregelmäßig beschnitten war; der Einband bestand aus Leinen. Seine Gemälde sind ebenfalls immer auf ihre eigene Weise liebenswert.

Anscheinend konnte Seyppel von den Erlösen seiner Projekte und Werke ganz gut leben, ohne ausgesprochen wohlhabend zu sein. Dafür galt er im Düsseldorf nach der Reichsgründung als wertvolles Mitglied der Bürgerschaft, stand dem Malkasten-Verein bis 1898 vor und engagierte sich viele Jahre im 1880 gegründeten, noch heute bestehenden Düsseldorfer Geschichtsverein. Die Liebe zur schönsten Stadt am Rhein und das Interesse an ihrer Geschichte gab Carl Maria an seinen 1886 geborenen Sohn Hans weiter.

Gemälde von Hans Seyppel: Der alte Bahnübergang am Haus Meer in Büderich (1926)

Gemälde von Hans Seyppel: Der alte Bahnübergang am Haus Meer in Büderich (1926)

Hans Seyppel verdanken wir nicht nur viele wunderbare (meist kleinformatige) Gemälde mit Motiven aus dem Düsseldorf zwischen etwa 1910 und dem Beginn des zweiten Weltkriegs, sondern die Überlieferung etlicher Geschichten über Düsseldorfer Originale wie den Wilddieb Muckel, den sein Vater mehrfach gezeichnet hatte. Eine dieser Dönekes hat Hans Seyppel übrigens dem großen Düsseldorfer Autor Müller-Schlösser erzählt und ihn damit zu seinem legendären Theaterstück über den Schneider Wibbel inspiriert.

Im zweiten Weltkrieg wurde Hans Seyppel als Kriegsmaler rekrutiert und wird vermutlich Hunderte Zeichnungen und Gemälde verfertigt haben. Viele dieser Werke stehen bis heute auf dem Index und sind deshalb der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Es steht zu vermuten, dass er gezwungen war, die Taten der Wehrmacht auf möglichst heroische Weise zu dokumentieren. Nach einer Verwundung (vermutlich schon 1942) kehrte er nach Düsseldorf zurück und malte in den verbleibenden Lebensjahren bis zum seinem Tod im Jahr 1945 vor allem Bilder mit Motiven aus seiner Heimatstadt.

Wie gering Carl Maria und Hans Seyppel in Düsseldorf bisher geschätzt wurden, lässt sich an der Tatsache ablesen, dass bis heute keine Straße und kein Platz den Namen dieser beiden Künstler trägt.

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