Es war so ähnlich wie mit der Schadowstraße als zwei junge Shopperinnen nach dem Weg fragte und den Namen wie das englische Wort für Schatten aussprachen. Denn ein lieber Kollege meinte, als ich in der Bagelstraße wohnte, man müsse diesen Namen wie die Bezeichnung für ein Gebäck mit einem Loch in der Mitte aussprechen. Wir, die wir in Pempelfort großgeworden sind, wissen natürlich, dass nur die französische Aussprache – also mit „dsch“ und Betonung auf der zweiten Silbe – richtig ist. Schließlich handelt es sich um eine Hugenotten-Familie, die sich im 18. Jahrhundert nach der Flucht am linken Niederrhein ansiedelte. Ab 1800 wurde dann aus dem Buchbindermeister Johann Bagel zuerst ein Buchhändler, bevor er 1831 in Dorsten eine Papiermühle aufbaute.

August Bagel auf einem Foto unbekannten Datums

August Bagel auf einem Foto unbekannten Datums

Die Firma dehnte sich aus, neben der Papierfabrik entstand eine Druckerei. Weil man sich in Wesel nicht weiter ausdehnen konnte, brachte Peter August Bagel das Unternehmen 1848 nach Düsseldorf. Heute wird die aus dem Unternehmen A. Bagel entstandene Bagel-Gruppe in siebter Generation von Familienmitgliedern geführt. Übrigens: Auch andere Verwandte, die sich im 19. Jahrhundert selbstständig machten, wurden mit ihren eigenen Firmen erfolgreich – entweder als Papierfabrikanten, Druckereibesitzer oder Verleger. Die große Unternehmerfigur, auf die sich die Bagel’sche Tradition in Düsseldorf beruft, war eben August Bagel (1838 ~ 1916), der als Sohn des Gründern auch „der Jüngere“ genannt wurde.

Das Unternehmen Bagel, immer noch präsent an der Grafenberger Allee

Das Unternehmen Bagel, immer noch präsent an der Grafenberger Allee

Seit 1878 befindet sich der Hauptsitz der Gruppe an der Grafenberger Allee, heute noch die Adresse der Bagel Verlag GmbH. Politisch stand August Bagel auf der Seite der Nationalliberalen, die sich nach der Gründung des Kaiserreiches für den Aufbau eines modernen Industriestaates mit maximalen Freiheiten für das Großbürgertum und insbesondere Unternehmer einsetzten. Im Sinne der Industrieförderung waren die Mitglieder und Abgeordneten dieser Partei auch für die massive Aufrüstung und lehnten alle Friedensinitiativen linker Kräfte im ersten Weltkrieg ab.

Auch solche Formulare (hier eines von 1948) druckte Bagel

Auch solche Formulare (hier eines von 1948) druckte Bagel

Das Erfolgsgeheimnis von Verlag und Druckerei lag darin, einigermaßen krisenfest staatliche Aufträge und Aufträge großer Organisationen zu bekommen und profitabel abzuarbeiten. Hinzu kam aber eine bunte Palette an Schul- und Jugendbüchern, aber auch diversen Volksschriften, Bilderbüchern, Modellierbogen, Landkarten und Kalender. Bagel verlegte zudem Industrieausstellungskataloge, Fest- und Jubiläumschriften und auch die Zeitschrift des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute namens „Stahl und Eisen“.

Die Person August Bagel ist aber für Düsseldorf nicht nur wegen seines unternehmerischen Erfolgs von Bedeutung. Als Förderer der Kunst wirkte er ab 1890 als Sekretär des Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen; von 1900 bis 1920 veröffentlichte der Bagel Verlag die wegweisende Kunst- und Kulturzeitschrift „Die Rheinlande“. Umtriebig war er aber auch auf anderen Ebenen. So zählt er zu der Gruppe Unternehmer, die angeführt von Heinrich Lueg die Rheinische Bahngesellschaft (Rheinbahn) gründeten, so das Straßenbahnwesen der Stadt begründeten und nebenbei den neuen Stadtteil Oberkassel aufbauten. Ansonsten zeichnete sich die Familie Bagel in Düsseldorf immer dadurch aus, dass sie ihre Energie in ihre Unternehmungen fließen ließen, ohne zu versuchen, die Lokalpolitik in ihrem Sinne zu beeinflussen oder sonst wie politische Macht zu übernehmen.

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