Stephan Keller, der CDU-Kandidat für die Oberbürgermeisterwahl im Herbst, war lange Jahre Beigeordneter in Düsseldorf, um dann vor drei Jahren Stadtdirektor in Köln zu werden. Was sich schockierend anhört, ist in der Geschichte der beiden Metropolen am Rhein nicht so selten – schon öfters wechselten Amtsinhaber*innen von Köln nach Düsseldorf und umgekehrt. Besonders prägnant war das einmal im Fall der höchsten Ämter.

Frage: Um wen geht es? Wilhlem (von) Becker, Oberbürgermeister in Köln und in Düsseldorf

Fünf Antworten, fünfmal richtig. Und ein Mitrater fand, das Rätsel sei zu einfach gewesen. Sagen wir so: Vielleicht ist aber auch das Niveau der Leserinnen und Leser, die hier Löungsvorschläge einreichen, einfach zu hoch. Wie auch immer: Aus unserer Sicht, die wir gern denken, eine Rivalität zwischen Düsseldorf und Köln habe es immer schon gegeben, ist es schon eine merkwürdige Sache, dass ein gewisser Herr Becker erst in der schönsten Stadt am Rhein und dann im hillijen Kölle OB war. Nur reden wir über die Zeit zwischen 1876 und 1907, und da begannen die beiden Metropolen gerade erst so etwas zu werden wie Konkurrenten. Das hat vor allem mit dem wirtschaftlichen Niedergang der Domstadt nach dem Verlust des Stapelrechts zu Beginn des 19. Jahrhunderts, aber auch mit dem rasanten wirtschaftlichen Aufstieg Düsseldorfs im Zuge der industriellen Revolution zu tun.

Dass aber ein und derselbe Mann (Frauen konnten seinerzeit überhaupt nicht Bürgermeisterinnen werden) in mehreren Städten Oberbürgermeister werden konnte, lag vor allem am preußischen Verwaltungsrecht, nach der ein OB a) nicht gewählt wurde und b) eher so etwas wie ein Stadtdirektor, also Chef der Stadtverwaltung war und kaum repräsentative Aufgaben zu übernehmen hatte. Das wird daran klar, dass Wilhelm Becker ein Jahr lang Oberbürgermeister von Dortmund war bevor er nach Düsseldorf kam. Zehn Jahre lang tat er hier Dienst. Dann wurde er nach Köln beordert, wo er fast zwanzig Jahre lang amtierte und deutlich tiefere Spuren hinterließ als zuvor beim Emporkömmling von der Düssel. Ja, in Köln verehrte man ihn so sehr, dass er nach seinem Tod 1927 einen Platz auf dem legendären Melaten-Friedhof bekam, wo ansonsten nur echt kölsche Familien ihre Toten begraben dürfen. Becker, der noch als OB zum kölschen Ehrenbürger gemacht wurde, erhielt 1907 den Adelstitel und wurde auch sonst mit allerlei Auszeichnungen preußischer Art überhäuft.

Während in Düsseldorf die Stadtplanung und vor allem die Ordnung der Eisenbahnlinien sowie der Bau einer modernen Kanalisation auf ihn zurückgehen, verdanken die Kölner ihm den Weidenpescher Park mit der Galopprennbahn, die Gründung der Handelshochschule Köln als Vorläuferin der Universität sowie die Erneuerung der noch aus Römerzeiten stammenden Kanalisation, den Bau des Rheinauenhafens und des Elektrizitätswerks sowie die Einführung der elektrischen Straßenbahn und die Anlage des Stadtwaldes. Wirtschaftsförderung war in beiden Städten seine Sache nicht – was manche Lokalhistoriker für den Grund halten, weshalb bis heute die Wirtschaft eher eines Sache des Klüngels, als der Politik ist. Übrigens: Wilhelm von Becker war es, der den aufstrebenden Konrad Adenauer einarbeitete, jenen späteren OB in Köln, der die Rivalität mit Düsseldorf aktiv begründete und bis fast zu seinem Tod vorantrieb.

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