Als ich September des Jahres las, die Bilker Basis-Buchzentrale (kurz: BiBaBuZe) feiere den vierzigsten Geburtstag, erschrak ich kurz: So lange sind die Ereignisse schon her, die zur Gründung eines Buchhandelskollektivs mit politischem Anspruch führten. Tatsächlich verstanden die Gründer den Laden und sein Angebot als Teil dessen, was seinerzeit „Gegenöffentlichkeit“ genannt wurde. Das war im Deutschen Herbst von 1977 durchaus mutig, denn was die RAF angerichtet hatte, denunzierte innerhalb kürzester Zeit alles, was sich als links verstand, linke Positionen vertrat und linke Politik betrieb. Und trotzdem: Eine Instanz wie die BiBaBuZe tat damals einfach not – es waren die Zeiten, in denen man sich jenseits der sogenannten „öffentlichen Meinung“ fast ausschließlich durch Lesen über die anderen Positionen informieren konnte.

BiBaBuZe innen (Foto: Richard Gleim)

BiBaBuZe innen (Foto: Richard Gleim)

Zu den anderen Positionen gehörten damals aber nicht nur die Buchklassiker des Sozialismus, sondern zunehmend die Literatur der Alternativbewegung, die Ende der Siebziger in die Gründung der Grünen mündete. Dass die BiBaBuZe all die Veränderungen, den umfassenden Backlash gegen die „fortschrittlichen“ Positionen heil überstanden hat, ist eine Folge des persönlichen Engagements der Betreiber und ein geschicktes Reagieren auf die buchbedrohenden Trends. Vor allem die Ausweitung des Konzepts einer Buchversorgungsstelle zu einem Treffpunkt, an dem sich nicht nur alles um das Buch dreht, hat das Überleben am schwierigen Standort Bilker Bahnhof ermöglicht.

Google-Map: BiBaBuZe

Google-Map: BiBaBuZe

Als die BiBaBuZe 1977 eröffnete, sah das noch ganz anders aus. Südlich der Unterführung der S-Bahnstation hatte sich eine Insel der Studenten- und Alternativkultur gebildet. Das Tigges galt als Studentenkneipe, ab 1979 agierte das Metropol als Programmkino, und auf der Brunnenstraße gab es einen der ersten Bioläden der Stadt. Heute bestimmen Hipster-Cafés und Feinkost-Pommesbuden das Gebiet. Meine persönliche Erstberührung fand 1985 statt. Damals wirkte ich als Chefredakteur der Computerzeitschrift Data Welt beim Verlag Data Becker auf der Merowingerstraße, also unweit des Buchladens. Irgendwann lernte ich beim Mittagessen in einer der Kneipen in der Umgebung zwei nette Menschen der BiBaBuZe kennen, die bei einem der nächsten Besuche Rat in Sachen „Computer“ bei mir suchten – das in einer Zeit, als die meisten Buchhändler mit den Teufelskisten nichts zu tun haben wollten. Kurz und gut: Ich erwarb eine Schneider Joyce (mit Mitarbeiterrabatt) und verkaufte sie an die Buchhandlung weiter, nicht ohne das Ding einzurichten und zwei Mitarbeitern eine Kurzschulung zu verpassen.

Um ehrlich zu sein: Nach meinem Abschied von Data Becker und dem Umzug nach Pempelfort kam ich viele, viele Jahre nicht bei der BiBaBuZe vorbei. Erst die Ausstellung von Fotos des Dokumentars der Stadt, Richard Gleim, im Jahr 2015 lenkten meine Aufmerksamkeit wieder auf diese Institution, die inzwischen so viel mehr ist als ein Buchladen. Hier gibt es fairen Kaffee und empfehlenswerte Bioweine, hier kann man in Büchern stöbern und schmökern, die man woanders eher selten findet, und der breit angelegte Veranstaltungskalender bietet für jeden wachen Menschen etwas Interessantes.

Ja, es gibt sie noch, die kleinen, engagiert geführten Buchläden, in denen man nicht bloß zum Kaufen von Bestsellern geht, sondern wo man Anregungen sucht und eine gute Beratung. Sicher ist die BiBaBuZe nicht die einzige Vertreterin dieser Gattung, aber eine in jeder Hinsicht ganz besondere.

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