Nein, man wandert nicht durch stille Säle, in denen livrierte Wachleute Dienst schieben. Das Gebäude der Juli Stoschek Collection an der Schanzenstraße in Oberkassel unweit des Belsenplatzes wird sonntags zum Mekka für Menschen, die sich für Kunstrichtungen interessieren, die erst spät im 20. Jahrhundert geboren wurden. Die Palette dieser weltweit einzigartigen Sammlung mit inzwischen über 860 Stücken von 262 Künstler*innen reicht von der Konzeptkunst über Performances – beide repräsentiert vor allem durch das Bewegtbild – bis zur Malerei, zu Fotos und zu Skulpturen, fast ausschließlich aus den Sechziger- und Siebzigerjahren. Und natürlich ist Düsseldorf, in der die Kunstakademie in jenen Dekaden das globale Zentrum der Kunst darstellte, der optimale Standort.

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Das gilt auch für das Gebäude selbst, einen frühen Industriebau von 1907, ausgeführt in der damals noch jungen Stahlbeton-Skelettbauweise. Hier im ehemaligen Oberkasseler Gewerbegebiet rund um den schon lange nicht mehr existierenden Güterbahnhof am Belsenplatz hat das Gebäude über die Jahre ganz verschiedene Aufgaben erfüllt – zuletzt als Bilderrahmenfabrik der Firma F.G. Conzen. Ab 1987 diente der Bau der Sammlung Julia Stoschek, nach dem Umbau von 2007 wurde er zudem Haus voller Ausstellungsräume mit insgesamt mehr als 3.000 Quadratmetern Fläche, das heute den Interessierten jeden Sonntag offensteht.

Eingang zur JSC im Innenhof (eigenes Foto)

Eingang zur JSC im Innenhof (eigenes Foto)

Zwischen 11 und 18 Uhr kann man die JSC Düsseldorf – wie sich die Institution selbst nennt – kostenlos besuchen, in Corona-Zeiten muss man sich natürlich vor dem Betreten namentlich registrieren. In unregelmäßigen Abständen (siehe den Kalender der JSC) werden anderthalbstündige Führungen angeboten, für die 10 Euro verlangt werden. Gerade wer mit der oben erwähnten Kunst nicht besonders vertraut ist, sollte unbedingt an einer solchen Führung teilnehmen. Die Teilnehmerzahl ist natürlich jeweils begrenzt, eine rechtzeitige Anmeldung ist erforderlich.

Blick ins Innere der JSC (eigenes Foto)

Blick ins Innere der JSC (eigenes Foto)

Die Gründerin der Sammlung, die Milliardenerbin Julia Stoschek, ist Gesellschafterin des Unternehmens Brose Fahrzeugteile, einem der wichtigsten Zulieferer der deutschen Automobilindustrie, und studierte Betriebswirtin, die sich aber bereits nach dem Ende des Studium ganz der Kunst verschrieben hat. Die ererbten Mittel erlaubten ihr den Ankauf einiger der wichtigsten Werke der sogenannten „Video-Kunst“ der Sechzigerjahre, Ziel der Sammlung war es aber nie, die Kunstwerke zu besitzen, sondern sie zu erhalten und wissenschaftlich zu entschlüsseln.

Erinnerung an Joseph Beuys am Eingang der JSC (eigenes Foto)

Erinnerung an Joseph Beuys am Eingang der JSC (eigenes Foto)

Das wird beim Besuch der hervorragenden Website der JSC deutlich. Fast jedes Werk der Sammlung wird – soweit digital überhaupt möglich – gezeigt, die jeweils aktuellen Ausstellungen (also auch die am Standort Berlin) werden so präsentiert, dass man sich schon im Web einen Eindruck verschaffen kann. Zusammengenommen stellt die JSC eines der spannendsten Versuche da, privat erworbene Kunst öffentlich verfügbar zu machen.

Ein Kommentar

  1. Holger Hering am

    Die Ausstellungen der Stoschek Collection habe ich immer gerne besucht. Sie sind interessant und anregend.