Eine in allen Belangen deutlich überlegene Fortuna kam im Freitagabendspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern nur zu einem Unentschieden. Ursache dafür: Ein mehr als blödes Gegentor, ein nicht gegebener Elfmeter, ein nicht gefallenes Eigentor und ein Pfostenschuss. So wurden der durchgehend hohe Einsatz und eine lange nicht mehr gesehene Spielfreude nicht belohnt. Am Ende stellt sich die Frage, ob nun die eigenartige taktische Aufstellung, die das Trainerteam gewählt hatte, positiv oder negativ auf das Ergebnis wirkte. Überhaupt müssen sich Friedhelm Funkel und Peter Hermann inzwischen einige Fragen gefallen lassen.

Zum Beispiel: Warum steht Robin Bormuth, der bei jedem seiner Einsätze eine gute bis tolle Leistung bot, nicht mehr in der Startelf? Warum muss Rouwen Hennings wieder und wieder allein zwischen den gegnerischen Innenverteidigern rumwühlen und bekommt mit Emma Iyoha keine zweite Spitze zugeteilt? Oder auch: Was war denn das gestern für ein merkwürdiges System? In den erste halben Stunde sah die F95-Defensive nach einer echten Dreierkette mit Adam Bodzek(!) in der Mitte, Kaan Ayhan links und Kevin Akpoguma rechts davon aus. Julian Schauerte und Lukas Schmitz agierten wie klassische Halbstürmer, ohne kaum einmal defensiv eingreifen zu müssen. Später rückte Bodzek wieder auf die gewohnte Position vor der Abwehr vor. Gemeldet wurde die Aufstellung als 4-1-4-1 bzw. so wurde sie von den meisten Sportreportern beschrieben.

Unabhängig vom System

Und doch lief die Begegnung von Beginn an unabhängig vom System ab. Denn die Männer des Spiels waren – wie so oft in dieser Saison – Oliver Fink und vor allem Marcel Sobottka. Vielleicht machte dies den Unterschied zu den beiden Partien zuvor aus: Sobottka beherrscht das Spiel. Und weil er im offensiven Mittelfeld so klug und kreativ zugange ist, eröffnen sich Fink zusätzliche offensive Möglichkeiten. Beeindruckend war gestern wieder einmal der starke Wille des Kapitäns, jeden Ball in seiner Nähe zu erobern. Ebenfalls mit Willensstärke auf dem Platz Axel Bellinghausen, der gestern gerade in der Anfangsphase ein tolles Spiel ablieferte.

Was aber gibt es zu Ihlas Bebou zu sagen? Vielleicht, dass seine Ballverluste immer auf eine von zwei Möglichkeiten stattfinden? Entweder er bleibt beim Versuch, einen Gegner auszutricksen, einfach hängen, oder er trickst sich selbst aus, indem er einen Übersteiger versucht und der Ball dabei hinter seine Füße gerät, wo er ihn dann mit den Hacken nach hinten weg tritt. Schnell ist er und ballsicher, aber sicher nicht mit übergroßer Spielintelligenz ausgestattet – hat „sein“ Verteidiger erst einmal kapiert, wie Bebou spielt, kann er ihn auch kaltstellen. Bei ihm hat der Erfolg aber offensichtlich auch etwas mit der Eigenmotivation zu tun. Hätte (..hätte, Fahrradkette…) er in der 2. Minute eingenetzt, hätte er das Spiel vielleicht ganz allein gewonnen.

Schwacher 1. FCK

Insgesamt traf die glorreiche Fortuna an diesem kalten Abend vor etwas über 21.000 Zuschauern (darunter um die 4.000 aus Kaiserslautern) auf einen auch unter Trainer Norbert Meier schwachen 1. FCK. Zwar steht dessen Defensive sehr sicher, aber weil im Mittelfeld gar nichts geht, ergeben sich vorne praktisch keine Chancen. In der ersten Halbzeit gab es genau eine davon, entstanden aus einem kollektiven Denkfehler der Fortunen. Apropos: Zwar war die Fehlerquote der Rotweißen erheblich niedriger als noch am Montag in Stuttgart, aber bei einigen Kickern muss man sich schon fragen, ob sie eigentlich die Ballannahme nicht mehr üben. In diesem Punkt konnte eigentlich nur Bebou glänzen. Und Bellinghausen wird es eh nicht mehr lernen – aber der spielt ja nach dem Motto „Wer viel macht, macht auch Fehler“.

Ja, das Führungstor für die Lauterer in der 54. Minute war eines von der Sorte „blöd gelaufen“. Eigentlich war die Ecke schon abgewehrt, aber irgendwie kam das Ei noch einmal in den Fünfer, wo der 1.FCKler den Fuß zur richtigen Zeit am richtigen Ort hatte. Und so wie der den Ball mit Erfolg reinstocherte, schafften es die Fortunen insgesamt zweimal nicht, die Pille aus unübersichtlichen Situationen im gegnerischen Strafraum zu versenken. Aber recht eigentlich hätte schon kurz nach Wiederanpfiff das erste Tor für F95 fallen müssen. Weil sich aber die gesamte Mannschaft vom Rückstand überhaupt nicht beeindrucken ließ, fiel der Ausgleich nur fünf Minuten später. Bodzek zog aus gut 25 Metern ab, der Ball wurde leicht abgefälscht, sodass der Keeper ihn nicht festhalten konnte. Den Abpraller versenkte Sobottka sicher.

Fakten statt Fluch und Flaute

Man konnte förmlich hören, wie viele Journalistenkollegen zum vorerst letzten Mal das Wort „Torfluch“ in die Taste hauten und sich überlegten, welches Klischee sie als nächstes auspacken könnten. Dabei hatte die Torlosigkeit der Fortuna ja benennbare Gründe jenseits statistischer Faktenhuberei oder gar okkulter Annahmen. Denn in allen Ligaspielen seit Ende November zusammengenommen erspielte sich die Fortuna nicht so viele Chancen wie gestern. Leider hat dies offensichtlich mit der Art und Weise zu tun, wie in der Offensivlinie gespielt wird. Je weiter vorne Spieler wie Bebou oder auch Schmitz und Bellinghausen auftreten, umso mehr Flanken kommen in den Strafraum und umso mehr Möglichkeiten entstehen in der Mitte.

Wobei Rouwen Hennings selbst in solchen Situationen oft mutterseelenallein ist. Nur wenn Fink oder Sobottka mit in den Sechzehner gehen, wird es wirklich gefährlich. Auch das spricht mehr als deutlich für das Spiel mit zwei Spitzen. Und dass Hennings und Iyoha gut harmonieren, hat man ja schon mehrfach gesehen. Übrigens kam Ari Ferati kurz vor der 70. Minute für Bellinghausen. Was nach einem positionsgenauen Wechsel aussieht, veränderte das Spiel in Wahrheit drastisch – und leider nicht zum Vorteil, weil Ferati überhaupt nicht über außen spielt und die linke Offensivseite damit unbesetzt bleibt. So ganz klar werden einem die Aufgaben, die Ferati mitgegeben bekommt, ohnehin nie.

Mehr Jugendkraft!

Werfen wir einen Blick auf die beiden Youngster, die gestern nominell die Innenverteidigung bildeten. Kevin Akpoguma erschien fitter als befürchtet und war gerade in der ersten halben Stunde so weit vorne aktiv wie noch nie gesehen – auch dies ein Merkmal der modernen Dreierkette. Damit konnte man aber auch erkennen, dass der Mann, der vermutlich nach Hoffenheim zurückkehren wird, mehr ist als bloß ein defensiver Abräumer. Ganz Ähnliches gilt auch für Kaan Ayhan, der sich gestern anscheinend auf der IV-Position ganz wohlfühlte. Er war es immer wieder, der das Umschaltspiel beschleunigte, indem er nach geglückter Abwehr den Ball schnell auf Bodzek, Sobottka oder Fink weitergab.

Der positive Eindruck, den diese Beiden hinterlassen, die wichtige Rolle des Marcel Sobottka und das Wirken von Bebou (an guten Tagen) werfen aber erneut die Frage an die Coaches auf, warum die ganzen begabten Youngster nicht das Gerüst der Mannschaft bilden, sondern die Achse der Alten. Was nicht heißen soll, dass Bodzek, Fink und Bellinghausen nicht mehr spielen sollten. Es geht darum, dass JETZT mit den Kickern gearbeitet werden sollte, die spätestens in der kommenden Saison das Team bilden werden.

Ein Kommentar

  1. „Es geht darum, dass JETZT mit den Kickern gearbeitet werden sollte, die spätestens in der kommenden Saison das Team bilden werden.“
    Absolute Zustimmung! Aber Akpoguma sollte dann demnächst auch öfter mal „geparkt“ werden, Erstliga-Abgang Bebou sowieso, dessen Zwischenhoch ist eh längst Geschichte.
    Viele Anhänger sind auch der biederen Bello-Bodzecks und Madlungs einfach überdrüssig, an denen der gleichermaßen biedere Trainer festhält ohne Ende. Und: Muss man mit Schauerte unbedingt verlängern?

    Die Weisheiten des ultimativen Trainergespanns der Liga 2 (100 Jahre Erfahrung) sind im Übrigen wirklich ein 7-Siegel-Buch. Und nein – zu Gartner heute mal gar nichts, nur „eine Runde Mitleid“ …