Das Schöne am Aufstieg ist ja eigentlich die Aufstiegsfeier. Beziehungsweise: die Aufstiegsfeiern. Weil aber gewissenlose Arschgeigen uns Fortuna-Freunde anno 2012 durch advokatische Winkelzüge um die Feierei betrogen haben, war das Schönste am Aufstieg der glorreichen Fortuna in die Erste Liga die Woche der Relegationsspiele. War schon der Sieg im Berliner Nazistadion gegen die mit Bahngeldern zusammengekaufte Söldnertruppe der Hertha ein Spiel, an das man ein Leben lang denken wird, wenn man es miterleben durfte, schlug das Rückspiel im Rheinstadion alles. Nur kam am Ende nach dem 2:2 eben kein Aufstieg dabei heraus, sondern tagelanges Starren auf Live-Ticker aus irgendwelchen DFB-Gerichten. Ihr ergebener Berichterstatter wird Hertha BSE samt Preetz und diesem Anwalt dafür auf ewig hassen, so viel ist sicher. Ob der sofortige Abstieg ein Resultat des Geplänkels und der damit erheblich verzögerten Saisonvorbereitung war, sei dahingestellt. Das Jahr in dem, was verblödete Spochtrepochter gern das „Oberhaus“ nennen, war auch so nicht wirklich schön. Inzwischen nennen die Manager des Soccer-Entertaiment-Businesses diese Liga ein „Premiumprodukt“ und denken an nichts anderes mehr als Vermarktung, Vermarktung, Vermarktung.

Spätestens seitdem die Fortuna gestern im Spiel gegen Audi Auditown vom Schiri auf durchsichtigste Weise beschissen wurde, ist klar, was sich die grauen Herrn in der DFB-Schneise und die alerten Businessmen von der DFL wünschen: Mehr Soccer-Franchises, weniger Fußballvereine. Das hat nun auch die Mehrheit der F95-Anhänger geschnallt. Was vor einem halben Jahr noch die Außenseitermeinung der Old-School-Romantiker war, ist jetzt Mainstream-Position: Och, lasst uns mal schon in Liga Zwo bleiben und richtig Fußball machen. Mit den anderen Traditionsvereinen aus den anderen Fußballstädten. Das mag auf den ersten Blick einen Hauch trotzig wirken, und die Kunden der Retortenteams unterstellen Fortunen und Fans anderer Fußballvereine gern puren Neid. Tatsächlich beschreibt der Wunsch nach Nichtaufstieg einen Megatrend rund um den getretenen Rundball, der zum Beispiel in England und auch in Italien Realität geworden ist: Entertainment in der Premier League, Fußball in den unterklassigen Ligen.

Und so rechnen inzwischen immer mehr F95-Freunde durch, welche Teams auf- und absteigen sollen. Der Durchmarsch des Produkts aus Marktranstädt wird überwiegend gewünscht, auch die Audi-Vertretung soll hochgehen. Ja, man würde sich über den Verbleib der Paddelbirnen in der Unterhaltungsliga plädieren, weil dann mehr interessante Clubs absteigen könnten. Der FC St. Pauli soll bitte ebenso in der Zweiten Liga bleiben wie Wismut Aue und – zähnknirschen wegen der arabischen Investition – die Sechzger. Wäre auch schade, würden der 1. FC Kaiserslautern und der KSC aufsteigen, denn zu denen reist man immer gern. Kämen Bielefeld und womöglich Kiel hoch, gäbe es eine tolle Fußballiga mit wunderbaren Auswärtsfahrten – da fehlen eigentlich nur noch Dynamo Dresden und, ja, auch Cottbus. Sogar eine Aufstockung auf 20 Teilnehmer findet Fürsprecher, damit eben möglichst viele Traditionsvereine mittun könnten. Feine wäre es also, wenn der HSV (Endlich!) absteigt, der VfB Stuttgart dazu und vielleicht auch die Freiburger, weil die auch ein nettes Ziel für Auswärtsausflüge hergeben.

Radikale Befürworter dieses Szenarios in Fortuna-Kreisen fordern, noch sehr verhalten, dass der Verein auch bei möglichem sportlichen Aufstieg in den nächsten Jahren einfach auf die Lizenz für die erste Bundesliga verzichten solle, was ja auf dem Weg zwischen den Regionalligen und der Dritten Liga schon öfters vorgekommen ist. Möglicherweise wird das nie nötig werden, denn eine echte Spaltung zwischen einer Fußballliga und einem Franchise-Ding wie in den US-Sportarten könnte schon in den nächsten vier, fünf Jahren kommen. Zumindest die Etablierung einer künstlichen Liga auf europäischer Ebene ist dem Vernehmen nach von Wirtschaftsberater für die UEFA konzeptionell durchgerechnet worden. Heißt: Das ganze Jahr ist Champignons-Liga; Auf- und Abstieg in die nationalen Ligen gibt’s nicht mehr, weil die Teilnehmer des Franchise-Systems Firmen wären und keine Vereine. Dass so etwas in jeder Hinsicht erfolgreich funktionieren könnte und alle, die auf verschiedene Weise Spaß am Fußball haben könnten, beweist vor allem die NFL, das System des American Football. Neben dieser NFL existieren College-Football-Ligen mit hohem sportlichen Wert und großem Zuschauerzuspruch.

[Bild: Kleine Pyroshow der Fortuna-Fans beim Relegationsspiel 2012 in Berlin – eigenes Foto]

Ein Kommentar

  1. …1895% Zustimmung. Dazu bitte noch einen Europapokalwettbewerb für Zweitligisten einführen und unser Glück wäre perfekt!!! 😉