Meinung · Es gibt ja leider auch hier in der Leserschaft Arschlöcher, die dauerverletzte Spieler „Krüppel“ nennen – das ist widerlich. Daneben finden sich aber auch eine Menge Fans, die es den für die Verpflichtungen zuständigen F95-Mitarbeitern zum Vorwurf machen, dass sie Spieler „kaufen“, von denen bekannt ist, dass sie oft unter Verletzungen leiden, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung noch verletzt sind oder sich gerade in der Rekonvaleszenz befinden. Dabei steckt hinter dem Holen solcher Kicker ein Kalkül, das so typisch für das mittlerweile zynische Fußball“geschäft“ steht. Es geht natürlich ums Geld. Ein geradezu bilderbuchhafter Fall ist der des wunderbaren Leonardo Koutris. [Lesezeit ca. 4 min]

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Bilderbuchhaft? Ja, wenn man als geneigter Anhänger der glorreichen Diva über den Tellerrand der Gegenwart hinausblickt, schaut man sich schonmal Videos von Partien an, bei denen eine der Neuverpflichtungen, die noch nicht zum Zuge gekommen sind, mitgespielt hat. Nun gibt es nicht so arg viele, frei zugängliche Ausschnitte, in denen der Herr Koutris zu sehen ist, aber wo er auftritt, da kann man leicht ins Schwärmen geraten. Sagen wir es verkürzt: Der Mann verfügt nicht nur über läuferische Fähigkeiten und eine feine Balltechnik, sondern über das, was man heutzutage so zutreffend Spielintelligenz nennt.

Wie gute Scouts arbeiten

Gute Scouts erkennen so etwas schnell. Und weil gute Scouts detaillierte Anforderungsprofile für neue Spieler von ihren Coaches kriegen, wissen die ganz genau, worauf sie zu achten haben. Wir wissen es nicht, aber der gute Leonardo dürfte maßgenau in eines dieser Profile gepasst haben. Und das vor allem, weil er als Linksverteidiger geführt wird und bei seinen bisherigen Profistationen auf dieser Position eingesetzt wurde. Denn da hatte die Fortuna großen Bedarf nachdem sowohl Gießelmann als auch Contento uns verlassen hatten.

Nach einer nicht ganz so guten Halbsaison hatte Olympiakos ihn im Winter an den RCD Mallorca verliehen, wo er sich nach nur zwei Spielen einen Kreuzbandriss zuzog. Um es mal in Kohle zu illustrieren: Dadurch sank sein Marktwert von 4,5 auf 3,5 Millionen Euro. Das Piräus immer noch keine Verwendung für ihn hatte oder sich einfach auch nicht mit einem Verletzten herumplagen wollte, verlieh man ihn mit einer 3,5-Mio-Kaufoption an unsere Fortuna. Und nochmal rein geschäftlich betrachtet: F95 hätte für Koutris ohne Verletzung eine Million Euro mehr überweisen müssen.

Wette auf das Verletzungsende

Hinter dieser Aktion steckt – wie gesagt – ein Kalkül, das aufgehen kann oder nicht. Und der gute Leonardo stellt nicht den ersten Fall dieser Kategorie dar; in letzter Zeit haben die F95-Verantwortlich auch schon bei Diego Contento und Dawid Kownacki ähnlich gearbeitet. Die Idee ist: Führt man den Verletzten ganz behutsam wieder ans Profitraining heran und, wenn das gut klappt, auch an den Kader und schließlich in die Spielpraxis, hat man einen Kicker mit hoher Qualität zum kleinen Preis, der möglicherweise so seinen Marktwert steigert und nach ein, zwei, drei Jahren mit Gewinn wieder verkauft werden kann.

Auch Eddie Prib zählt in diese Kategorie. Sein alter Verein wollte ihn nicht, weil er verletzungsanfällig und auch schon 30 ist. Und weil dieser ominöse Marktwert zuletzt nur noch bei 550 Tausend Euro lag, hat man seinen Vertrag nicht verlängert, sodass er ablösefrei zur Fortuna kommen konnte. Bei einem Spieler dieser Altersklasse spielt ein möglicher Transfergewinn keine Rolle mehr, sondern nur dessen spielerischen Qualitäten und seine Erfahrung. Die Wette ist risikoarm: Wird Eddie fit und kann regelmäßig spielen, wird er sportlich helfen. Falls nicht, geht keine Ablösesumme verloren.

Erfolgsplanung und wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Im Gegensatz zu dem, was viele Fußballkonsumenten glauben, geht es bei der Kaderplanung nicht einfach darum, einen Haufen toller Spieler zusammenzuholen. Der Prozess ist einigermaßen Komplex, wobei die mittelfristige Erfolgsplanung des Vorstandes die Basis bildet und die real existierenden Finanzen die Rahmenbedingungen. Dabei gibt es außerhalb der Kreise der Superreichen zwei grundsätzliche Modelle: schneller Erfolg (Aufstieg, Teilnahme an der EL oder CL) mit großem Investitionsvolumen oder mittel- oder langfristiger Erfolg (Vermeiden von Absteigen, Anstreben von Aufstiegen) bei vorsichtigem Wirtschaften. Dazwischen existieren viele Grautöne. Kaderplanung hat ohnehin einen langfristigen Aspekt: Binden von Spielern, die über mehrere Spielzeiten hinweg eine Achse bilden können, plus Heranführen und Einbinden von Eigengewächsen. Dritter Aspekt ist genau das, was im Fall Leonardo Koutris geschehen ist. Man investiert vorsichtig in einen aussichtsreichen Spieler, der noch ein paar gute Jährchen haben kann, der also Teil der Achse werden kann. Und den man mit Gewinn verkaufen kann, wenn sich diese Variante nicht ergibt.

Überhaupt haben die Verantwortlichen, ganz besonders auch der zu Unrecht viel gescholtene Uwe Klein, im Rahmen der Langfristplanung und der finanziellen Rahmenbedingungen bei Licht betrachtet ausgezeichnet gearbeitet. Das sieht man nicht nur an den Fällen Koutris und Prib mit ihren Risiken, sondern auch an sofort helfenden Spielern wie Krajnc und Klarer sowie an Piotrowski, bei dem man zunächst nicht so recht wusste, und Peterson. Dagegen wirkt Hartherz wie ein Fehleinkauf, obwohl man die Entscheidung für ihn im Rahmen der Kaderplanung trotz allem verstehen kann.

20 Kommentare

  1. Bis auf die Sache mit Herrn Klein haben Sie wie immer den Nagel auf den Kopf getroffen. Von seiner Anlage her wird Leonardo Koutris perfekt in Röslers System passen, wo hingegen Herr Hartherz eher ein Eins-zu-eins-Tausch mit Gießelmann war (insbesondere mit seiner bisherigen Leistung).
    Allerdings denke ich, dass Herr Klein in der Vergangenheit zu wenig in eine langfristige Planung investiert hat oder wie erklären Sie sich ganze 17 Abgänge!? Das darf nicht nur dem Abstieg geschuldet sein, denn dann hätte man spätestens zur letzten Winterpause etwas am Kader machen müssen, insbesondere an unserer dauerhaft schwächelnden, linken Abwehrseite, über die wir reichlich Tore kassiert haben, die uns – auf deutsch gesagt – letzte Saison das Knick gebrochen haben. Das man jetzt längerfristig plant und auch mal Eigengewächse einbezieht ist sehr löblich, hätte aber schon nach dem Aufstieg in die 1. Bundesliga passieren müssen.

  2. ChristianAlbertOtto am

    Vielleicht hat man die linke Abwehrseite tatsächlich vernachlässigt. Vielleicht hat man aber auch auf einen Verbleib von Gießelmann und/oder Contento (dann mal endlich unverletzt) gehofft. Reine Spekulation. Florian Hartherz dagegen ist eine logische Verpflichtug: Schließlich hat er in Bielefeld (eine Mannschaft ähnlich der Fortuna, mit Teamgeist und Geschlossenheit zum Erfolg) als Stammspieler solide bis richtig gut gespielt und hat maßgeblich zum Aufstieg der Almstädter beigetragen. Die Fehler die er bisher gemacht hat sind zu einem guten Teil auch auf Uneingespieltheit zurück zu führen.

  3. 777_3001 am

    Rainer jetzt zügel Dich mal etwas…
    „Es gibt ja leider auch hier in der Leserschaft Arschlöcher“
    Du bist immer noch ein gottverdammter Journalist verdammt nochmal!

  4. Das Fehler passieren können, gerade in Bezug auf die Uneingespieltheit der Mannschaft, kann ich akzeptieren. Was mir jedoch bei Herrn Hartherz fehlt ist die Fähigkeit Freistöße und Flanken „gefährlich“ vor’s Tor zu bringen. Das er maßgeblich zum Aufstieg der Bielefelder beigetragen hat zeigt ja, dass er es kann. Was aber bisher von ihm von der linken Seite reingebracht wurde, war einfach nicht verwertbar. Hennings ist ein Killer im Strafraum, wenn man ihn denn trifft. Hartherz wurde vermutlich auch aufgrund seiner Zweitligaerfahrung geholt, die er bisher missen ließ.

  5. 777_3001 am

    Lieber Rainer,
    dann lies es gegen und veröffentliche es nicht!
    Jeder Kommentator hinterlässt eine Emailadresse.
    Dahin sendest Du Deine Ablehnung mit der Begründung, dass diskriminierende Aussagen nicht zu akzeptieren sind.
    Die Lösung kann nicht darin bestehen, dass man Entwürdigendes mit gleichermaßen inakzeptablen Formulierungen beantwortet!
    Sonst muss sich niemand wundern, dass sich die Gesellschaft immer mehr radikalisiert, wenn wir nicht einmal kultiviert miteinander diskutieren können!

    • Rainer Bartel am

      Nun ist aber gut. Es geht um einen Artikel über Fußball. Rund um den getretenen Rundball ist „Arschloch“ noch eine eher milde Beleidigung.

    • 777_3001 am

      Es ist schön zu wissen Rainer, dass Euer Projekt rentabel ist und Ihr Euch Eure Leser sogar aussuchen könnt. Allerdings gibt es auch Leser, die die Bezeichnung „Krüppel“ für verletzte Spieler genauso schockierend finden wie Artikel und Beiträge von Autoren, die ihre Leser als Arschlöcher bezeichnen. Auf die müsst Ihr dann ebenfalls verzichten. Vermutlich ist auch das möglich. Diese Leser sind angesichts des vielfältigen Angebots auf Euch allerdings noch viel weniger angewiesen als umgekehrt. Und wenn es immerhin 50 Personen sind, die Euer Projekt finanziell unterstützen, so ist es um so erstaunlicher, dass von denen kein Einziger aufsteht um zu sagen: „So lieber Rainer – bei aller Wertschätzung für klare Worte – geht es als Journalist nicht.“

      • Rainer Bartel am

        Vielfältiges Angebot? In Düsseldorf? Mannomann… Inwiefern sollen wir auf Leser „angewiesen“ sein? Ich versteh die komplette Argumentation nicht. Wir bieten etwas an, wer’s lesen möchte, soll’s lesen. Wo genau ist Ihr Problem?

  6. B.Lockwart am

    “Diffamierend ist es, verletzte Spieler “Krüppel” zu nennen.“, oder andere Arschloch zu nennen, jeweils im Kontext “Fußball” wo beleidigen ja völlig ok sein soll. Auf dem Niveau könnte man so etwas auch “behindert” nennen, man könnte aber auch einfach klüger, weiser oder einfach wertschätzender sein.

    • Rainer Bartel am

      Wir können die Diskussion gern weiterführen. Vor allem über den Begriff „diffamierend“ und den Unterschied zwischen einer Diffamierung und einer Beleidigung. Den Begriff „Krüppel“ überhaupt zu verwenden, ist bereits eine Diffamierung aller Menschen mit Behinderung. Was das beleidigende Wort angeht – siehe hier: https://www.deutschlandfunkkultur.de/mit-verlaub-herr-praesident-sie-sind-ein-arschloch.3691.de.html?dram:article_id=124179
      Der Rest ist Ehrpusseligkeit.

      • 777_3001 am

        Was sollen wir da noch diskutieren Rainer? Offensichtlich ist, dass man mit Dir nicht diskutieren kann! Du willst Recht haben, und mit solchen Leuten kann man nicht diskutieren!
        Ich habe Dir nahegelegt, Dich zu mäßigen. Und das wurde von mindestens einer weiteren Person hier bestätigt. Die „Arschlöcher“ unter Deinen Lesern sind nicht harmloser als die „Krüppel“ unter den dauerverletzten Spielern.
        Nur die Arschlöcher unter Deinen Lesern sind eben auch Deine Kunden – ob’s Dir schmeckt oder nicht!
        Darauf habe ich Dich bereits in der Vergangenheit aufmerksam gemacht. Aber auch da hattest Du wie immer eine passende Antwort parat.
        Also schlag bitte keine weitere Diskussion vor – jede Diskussion mit Dir ist müßig!

        • Rainer Bartel am

          Man diskutiert doch, um herauszufinden, ob man Recht hat. Ansonsten wäre es Meinungsaustausch. Einen weiteren Meinungsaustausch habe ich nicht vorgeschlagen, sondern eine Diskussion über Begriffe und ihre Bedeutung, das hat dann eher weniger mit Meinungsaustausch zu tun, weil die Bedeutung von Begriffen eben nicht Meinungssache ist. Kunden? Geht’s noch? Kunden sind laut Definition Menschen, die für eine Ware oder Leistung etwas bezahlen. Unsere Kunden, also die rund 50 Personen, die das Projekt „The Düsseldorfer“ finanziell unterstützen, die kennen wir genau. Und Arschlöcher, die verletzte Spieler „Krüppel“ nennen, damit Menschen mit Behinderung diffamieren und gleichzeitig Spieler des Vereins, zu dem sie angeblich halten, beleidigen, möchten wir weder als Kunden noch als Leser haben. Natürlich habe ich, haben wir immer passende Antworten parat, das zu haben solange es geht, ist doch das Wesen von Diskussionen. Gut, man kann sich auch so etwas Kuscheliges wünschen, wie eine Art Meinungsaustausch ohne Gegenrede, aber das ist nicht mein, nicht unser Ding.

      • B.Lockwart am

        Jemanden als Arschloch zu bezeichnen ist eine Beleidigung und eine Diffamierung, denn es zielt klar darauf hin jemanden abzuwerten, was exakt der selbe Effekt ist der mit „Krüppel“ gemeint ist.
        Übrigens ist „Krüppel“ eine nicht selten im Stadion genutzte Beleidigung, genau wie „ist der behindert (! oder ?)“, „schwule Scheisse“, „Spacko/Spast“, „Schwuchtel“, „Affe“, „Tucke“ und so vieles mehr.
        Natürlich kann man jetzt die Moralkeule so halb schwingen und darauf abstellen, dass mit „Krüppel“ ja eine ganze Gruppe von Menschen beleidigt wird, was mit vielen anderen Schimpfworten/Beleidigungen genauso passiert, aber mit Arschloch natürlich nicht. Dann aber bitte auch den „Idioten“ weg lassen, oder ist das schon „allgemeiner Sprachgebrauch“ genug das man den Bezug auf die Gruppe der „ungebildeten/bildungsfernen“ Menschen nicht mehr so wahrnimmt?
        Dann stellt sich die Frage wie lange denn ein Schimpfwort im Sprachgebrauch sein muss, damit der Bezug auf eine Gruppe von Menschen irrelevant wird und wer entscheidet bitte über diese Dauer?
        Oh und wenn wir schon dabei sind. „Bescheuerte“, da kann man sich ein wenig aussuchen, ob sich das auf die Gruppe der „geistig Behinderten“ bezieht, die „Bekloppten“ (was sich definitiv auf geistig Behinderte bezieht) oder auf Menschen die „ordentlich verprügelt“ wurden, also auf „Opfer“.

        Meiner Meinung nach ist die Differenzierung zwischen akzeptablen und inakzeptablen Beleidigungen/Diffamierungen einfach „schwachsinnig“ (was wieder alle Menschen mit geistiger Behinderung diffamiert).

        Und noch etwas: Es ist ein deutlicher Unterschied ob man „Scheiss Dreckskarre“ sagt oder sich als „Journalist“ über einen „Leser“ auslässt.

        • Rainer Bartel am

          Moralkeule? Okay, mit dem Begriff haben Sie sich selbst aus der Debatte genommen. Reden Sie gelegentlich mal mit Menschen mit Behinderung? Sehen Sie wirklich keinen Unterschied zwischen dem Schimpfwort „Arschloch“ und dem ganzen Haufen menschenverachtender und homophober Scheiße, die Sie meinen zitieren zu müssen? Und zwischen Diffamierung und Beleidigung können Sie auch nicht differenzieren. Dann ist eine Diskussion mit Ihnen tatschlich sinnlos. Und dass Sie sich anmaßen zu beurteilen, was ein Journalist tut oder nicht, ist geradezu lächerlich.

  7. B.Lockwart am

    Lächerlich ist in der Tat ein Begriff, der mir soeben beim lesen auf der Zunge lag.
    Ich rede nicht nur gelegentlich mit Menschen mit Behinderungen, ist das wirklich relevant?
    Nicht jede Diffamierung ist eine Beleidigung, aber jede Beleidigung eine Diffamierung.
    Das mit der Anmaßung verstehe ich nicht.
    Meine Zitate findet man übrigens zum Teil auch auf diesen Seiten hier.