[Unsere Reporterin Maria Diedrichs war am Freitag mitten drin in der Alle-fürs-Klima-Demo und berichtet.] „Wer jetzt nicht handelt, ist ein Mörder.“ Dieses Transparent war die Ausnahme – die meisten Plakate waren friedlich, phantasievoll oder humorig naiv.

Wir sind gestorben und liegen auf der Kreuzung Graf-Adolf-Strasse/Berliner Allee, eine der verkehrsreichsten Kreuzungen der Stadt, zu Hunderten. Begleitet von meditativer Musik ertönt die Stimme von Greta Thunberg. Der Vortrag ist auf Englisch. Die Sonne (wie kann es in Zeiten des Klimawandels anders sein) scheint, und der Asphalt wärmt unsere müden Rücken. Nur ganz entfernt und leise das Hupen von Autofahrern, die wegen der Großdemonstration im Verkehrschaos festsitzen.

Wohltuende Ruhe kehrt ein … nach langen Stunden des Stehen und Staunens. Wie viele haben sich eingefunden, um gegen den Klimawandel zu demonstrieren? Wie lange brauchte der Zug, um sich endlich in Bewegung zu setzen? Wie oft kam er ins Stocken, weil es einfach so viele Menschen sind, die das Gleiche wollen?

„Hopp, hopp, hopp, Kohle stopp!“ Die Slogans sind einfach. Vornehmlich sind es Gruppen von Kindern und Jugendlichen, die solche Parolen skandieren. Die Botschaften, die sie in Form von Schildern und Transparenten mit sich führen, sind phantasievoll, um nicht zu sagen kindlich naiv. Aber auch die Älteren machen mit. „Leute, lasst das das Gaffen sein, reiht euch in die Demo ein!“ Ein Spruch, den ich noch aus den Siebzigerjahren kenne. Auf der Schadowstrasse wird er zu „Leute, lasst das Shoppen sein…“ Welch ein erhebendes Gefühl. Ich bin nicht allein mit meiner Sorge um die Zukunft.

Im Laufe des Nachmittags allerdings sickern die ersten Informationen zum Klimapaket der Regierung durch und versetzen dem Glauben an ein baldiges Umdenken einen empfindlichen Dämpfer. Eine höhere Pendlerpauschale? Wie bitte? Den Benzinpreis um drei Cent anheben? Das verschlafene Gesicht von Angela Merkel nach einem angeblich so harten Verhandlungsmarathon von zwanzig Stunden. Das soll alles sein, nachdem die Regierungsparteien so lange zum Thema Klima geschwiegen haben?

Ein Bild am Rande der Demo: Ein besonders fetter SUV steckt im Stau, auf den Vordersitzen zwei junge Männer, der Fahrer mit nacktem Oberkörper. Als ich mit meinem Fahrrad an das geöffnete Fenster heranrolle und um ein Foto bitte, lacht er mich an – ganz im Gegensatz zu anderen SUV-Piloten, die bei ähnlichem Ansinnen wütend die Scheibe hochkurbelten und das Gesicht abwandten. „Ich habe schon darauf gewartet, dass einer von euch mich anspricht.“ Der Fahrer grinst. Der Tonfall seiner Stimme ist jedoch verräterisch. Vielleicht ist ihm doch etwas mulmig zu Mute. Auf die Frage, warum er mit solch einem Fahrzeug in der Düsseldorf unterwegs sei, hat er aber dann eine mehr als plausible Erklärung parat: „Wenn Sie etwas dagegen haben, dass Fahrzeuge dieser Art in der Innenstadt unterwegs sind, dann müssen Sie sich an den TÜV wenden, an die Stadt Düsseldorf. Ich habe eine Zulassung.“

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