Aus Anlass einer kleinen Familienfeier verbrachten Ihr Ergebener mit seinen Lieben einen sehr netten Abend in der Geissel in Bilk. Und zwar auf der Kegelbahn. Nun haben im Vorfeld schon Freunde geunkt, etwas Spießigeres als Kegeln sein ja wohl kaum denkbar. Aber das war uns herzlich egal. Zumal in der Familie Kegeln immer schon eine besondere Bedeutung eingenommen hat. Das begann mit dem Vater, der Mitglied in einem Kegelclub aus Kreisen der Hirschbrauerei war, in der selbst als Haus-, Hof- und Kneipenarchitekt tätig war. Von dem lernten wir, dass es beim Kegelabend eine sportliche, eine alkoholische und eine geschäftliche Ebene gibt. Letztere war immer dann besonders wichtig, wenn der Club Gäste einlud mit ihnen eine Kugel zu schieben. Als mein Bruder die Konfirmation hinter sich hatte, durfte er mittun – eine Art Initiationsritus. Und wenn Ihr Ergebener richtig erinnerte, erbte der Bruder den Platz des Vaters nachdem dieser im Jahr 1967 viel zu früh mit gerade einmal 43 starb.

Da hatte er aber auch bereits Kegelerfahrung. Unter anderem durch einen Schülerjob – im Gasthof an der Ecke Moltke- / Liebigstraße, dessen Namen Ihrem Berichterstatter nicht mehr präsent ist, setzte er Kegeln auf. Denn damals gab es kaum automatische Kegelbahnen. Der Kegelaufsetzer hockte hinten in einem Verschlag neben dem Brett, gab durch, was gefallen war, und stellte dann das gewünschte Bild wieder manuell auf. Heute funktioniert selbst die ollste Bahn elektrisch. Vorne, wo die Kegler am langen Tisch sitzen, gibt es ein Schaltpult, und über dem Brett findet sich eine Anzeige, die meldet, welche Kegel nach einem Wurf gefallen sind. Das kannten wir in den Sechzigerjahren bald vom Bowling, einem Sport, den wir gern auf der Bahn am neuen Messegelände betrieben, die es schon längst nicht mehr gibt.

Cousin Volker aus Hamburg, ein Mann von zwei Meter Höhe und mindestens dreieinhalb Zentner Gewicht, liebte es, mit seinem Ford Capri mal eben von der Waterkant nach Düsseldorgf zu düsen, um mit uns ein paar Runden zu bowlen. Vermutlich eher weil er so extrem gern Auto fuhr, als wegen der Bowling-Partien. Der Bruder und Ihr Ergebener aber gingen in den Ferien und an schulfreien Tagen oft auch einfach so dorthin, um diverse Runden zum Schülertarif zu spielen. So brachten wir es zu einiger Übung und erzielten durchaus gute Ergebnisse. Dann ruhten die Kugeln über viele Jahre – auch weil es keine vernünftigen Bahnen in der Stadt gab. Bis sich um 1990 herum eine Truppe im Haus bildete, in dem Ihr Berichterstatter sein Büro hatte. Zu viert, fünft oder sechs fuhren wir auf die Erkrather Straße, wo gegenüber des Autosalons eine kleine, feine Bowlinghalle bestand. Mindestens einmal im Monat kamen wir dort zusammen, um zu essen, zu trinken und zu quatschen und, ja, auch zu bowlen. Das ging so über vier, fünf Jahre.

Kegeln war in diesen Jahren überhaupt nicht angesagt, weil es eben nicht nur als spießig galt, sondern weil Kegelclubs in den Geruch gekommen waren, nur zum Zwecke des Saufens zusammenzukommen und zum Befüllen einer Kegelkasse, die wiederum in Bad Höningen, im Sauerlandstern oder auf Malle versoffen wurde. Die Zahl der Gaststätten, die nicht nur über Bahnen verfügen, sondern diese auch betreiben, ist in den vergangenen fünfzehn Jahren drastisch gesunken. Und weil die betriebenen Bahnen fest in den Händen von Clubs voller alter Leute sind, die teils seit 50(!) Jahren Woche für Woche in fast identischer Besetzung die Kugeln schieben, wird es schwer, eine Bahn zu finden, wenn man denn mal Lust auf einen Kegelabend hat. So ist die Bahn im Antoniushof am Fürstenplatz dienstags, mittwochs und freitags fast durchgehend ausgebucht. Weil montags Ruhetag ist, bleiben nur der Freitag und der Samstag, denn am Sonntag werden die Bahnen nicht vermietet.

Jedenfalls: Die Geissel in Bilk hat sich über die letzten Jahren zu einer wunderbaren Gaststätte für ein total gemischtes Publikum entwickelt. Das zeigt auch die Speisekarte, die durchaus heterogene Gerichte aufweist. Die sind samt und sonders sehr lecker und meist auch reichlich. Dazu gibt es ein extrem leckeres Füchschen Alt. Die Kellner/innen, die für die Bahn zuständig waren, versorgten uns freundlich und zuverlässig. So hatten wir eine Art Partyraum im Keller für uns, aßen gemütlich, scherzten und quatschten dabei und hatten viel Spaß beim Kegeln. Das Schöne: Man hat mit dem Rest der Gäste nichts zu tun und kann sich lassen wie man will. Übrigens: Windhund Clooney durfte mit und gewöhnte sich nach einigem Hin und Her an die merkwürdigen Kegelgeräusche. Was das kostet? Man zahlt ganz normal für Speis und Trank und je fünf Euro pro angebrochene Stunde auf der Bahn. Die Runde vom vergangenen Dienstag fand, das war es absolut wert, und die Kegelbahn der Geissel hat uns sicher nicht zum letzten Mal gesehen.

5 Kommentare

  1. Gaststätte mit Kegelbahnen a.d. Moltkestr / Liebigstr. ….fällt mir spontan die Gaststätte Heck ein – da haben meine Oldies in den 70ern auch die ein oder andere Kugel geschoben 😉

  2. Alberich am

    Habe früher auch gerne gekegelt …. meine Angetraute hatte ja in Rath auch ne Kneipe mit Kegelbahn!!!

    Heute spielen die Gelenke nicht mehr mit!

    Eigentlich schade das Kegeln immer mehr out ist!

  3. Wir haben früher mit unseren Schützenbrüdern (noch so was!) gekegelt, sind dann irgendwann zum Bowlen übergegangen und sind mittlerweile wieder beim Kegeln gelandet. Gerade dieses etwas angestaubte, gemütliche macht die Besonderheit aus… Und irgendwie ist es netter mit der Truppe allein zu sitzen. Trotzdem: Bowlen kann man übrigens an der Kettwiger Straße sehr gut. Das Essen sollte man sich allerdings besser sparen…

  4. kassandra am

    Hätte mein Mann nicht so alte, kaputte Kniegelenke vom Fußballspielen würden wir auch gerne öfter bowlen oder kegeln. Macht beides Spaß und ist gesellig!

  5. Das Interessante bei dem Job als Kegeljunge war, dass man sämtliche Kegelspiele im Kopf haben musste, denn die Kegel mussten ja nach jedem Wurf spielgerecht wieder aufgestellt werden. Im Übrigen war es ein Knochenjob, es mussten nicht nur die Kegel aufgestellt werden, sondern auch noch die Kugel auf die Rücklaufbahn hochgewuchtet werden. Hinzu kam noch, dass Nichtraucher damals die absolute Ausnahme waren, sodass ich während der drei Stunden gründlich eingenebelt wurde und die Klamotten entsetzlich nach einem kräftigen Gemisch aus Schweiß und Rauch gestunken haben.
    Als ich nach meiner Konfi Mitglied im Club wurde, wurde ich wegen meiner zwangsläufig erworbenen Kenntnisse zu Kegelspielen sofort zum Schriftwart befördert.
    Seit einigen Jahren ist es in meiner Familie zur Tradition geworden, dass wir an Geburtstagen gemeinsam mit den Freunden der Töchter mindestens zwei Stunden auf der Kegelbahn verbringen.