In Düsseldorf gib es die größte japanische Community ganz Europas. Klar, wir kennen die japanischen Restaurants, vor denen sich erstaunlicherweise lange Schlangen bilden, wir erfreuen uns am Feuerwerk des Japantags, an den phantasievollen Kostüme der Manga-Mädchen, wir wundern uns über den Gebrauch von Gesichtsmasken – aber was wissen wir sonst über die Japaner in unserer Stadt? Resümee nach drei Wochen im Land der aufgehenden Sonne: Erstaunlich wie wenig wir über die Japaner wissen; und selbst nach mehreren Jahren Aufenthalt in Deutschland wissen auch die Japaner scheinbar wenig über uns. Eine Betrachtung über das friedliche Nebeneinander zweier grundverschiedener Kulturen.

„Sorry, you are german?“ Ein japanischer Jugendlicher spricht mich auf Englisch an. Wir sind in der Empfangshalle unseres Ryokons, eines Hotels in traditioneller Bauweise mit Reismatten, Hausschuhpflicht und einem atemberaubende Blick auf die japanische Berglandschaft. Als er erfährt, dass wir aus Düsseldorf sind, freut er sich sichtlich.

Japanische Gebrauchsanleitung für Tiere?

Japanische Gebrauchsanleitung für Tiere?

Mit ein paar Stichworten bringe ich das Gespräch in Schwung: Niederkasseler Kirchweg, der buddhistische Tempel mit seiner wunderschönen Gartenanlage, der Japanische Kindergarten, die Schule. Seine Mutter verfolgt das Gespräch aus der Ferne. Aber bald ist auch sie mit von der Partie und schwelgt in Erinnerungen. „Der Rhein, die schöne, kleine Altstadt!“ Weitere Familienmitglieder gesellen sich dazu. Scheinbar hatten sie eine schöne Zeit in Düsseldorf.

Auf die Frage, warum wir nicht Deutsch miteinander sprechen können, zuckt der Jugendliche bedauernd die Achseln. „Wir waren sechs Jahre da! Als Kleinkind war ich mit deutschen Kindern zusammen. Da werde ich wohl etwas Deutsch gelernt haben. Aber dann…“ Die Mutter nickt und lächelt verlegen. „Ach so!“ sagt sie. „Ach so!“ Scheinbar das einzige deutsche Wort, an das sie sich noch erinnert. Ich insistiere: „Ein trauriges Resultat für sechs Jahre Deutschland!“ Sie zuckt entschuldigend die Achseln. „Mein Mann arbeitete in einer Japanischen Firma – wie alle die nach Deutschland kommen. Ich war mit den Kindern, mit den Freundinnen. Es gab keine Veranlassung, Deutsch zu lernen.“

Junge Mädchen im Geisha-Look

Junge Mädchen im Geisha-Look

Während meines bisherigen Japanaufenthalts hatte ich – stets mit gemischten Gefühlen – den kulturellen Stolz der Japaner registriert: Junge Japanerinnen als Geishas verkleidet, die sich vor der Kulisse des Goldenen Palastes gegenseitig fotografierten, so niedlich, trippelnd, ganz die perfekte Ehefrau? Restaurantbesitzer, die mir mit vor der Brust gekreuzten Armen und bedauernder Verneigung den Zutritt verweigerten. Einer von ihnen sprach ein wenig Englisch: „Only Japanese!“

„Die Japaner machen nicht gerne Fehler. Sie wollen nicht das Gesicht verlieren!“ versucht eine Mitarbeiterin des Touristenbüros in Hiroshima zu entschuldigen. „Sie können vielleicht zu wenig Englisch.“ Das stimmt! Die Japaner machen nicht gerne Fehler. Als wir mit Erstaunen feststellen, dass rote Ampeln den Strom der Fußgänger ausnahmslos, sofort und immer zum Erliegen bringen, erklärt uns unser Begleiter, ein Student aus Deutschland: „Hier sind Regeln eben dazu da, dass man sich an sie hält. Das ist sehr angenehm!“ Auch wenn mein persönlicher Widerspruchsgeist gelegentlich protestiert, muss ich mir eingestehen, dass die Regelkonformität durchaus ihre Vorteile hat!

Japanische Kultur ist bisweilen schwer verständlich

Japanische Kultur ist bisweilen schwer verständlich

Japaner und Japanerinnen sind stets gepflegt gekleidet, frisiert und geschminkt. Bei Husten oder Schnupfen (oder sollten sie keine Zeit zum Schminken gefunden haben) tragen sie Gesichtsmasken. Sobald ein Engpass entsteht, bilden sich Warteschlangen. Niemand schubst oder drängelt. Sie sind nicht laut, zeigen keine Aggressionen. Wo immer man hinkommt gibt es eine saubere Toilette mit Papier und oft mit geheizter Klobrille – natürlich kostenfrei!

Respekt! Vor den kulturellen Errungenschaften dieses hoch entwickelten Landes, Respekt vor Bürgern, die ihr Land und ihre kulturellen Traditionen lieben. Bei aller Faszination – ob ich in Japan leben könnte? Ein junger Franzose, den ich auf einer meiner Wanderungen von einem Shinto-Schrein zum nächsten treffe, findet klare Worte für die Schattenseiten. „Die Arbeitsmoral, die die haben, das ist ja abartig! Die Japaner schlafen im Büro, sie arbeiten das Wochenende durch. Sie kommen manchmal über mehrere Tage nicht aus ihren Klamotten! Mein Chef wollte, dass ich länger bleibe. Gehaltserhöhung hin oder her – ich habe abgelehnt!“

Vielleicht auch einer der Gründe, warum Japaner sich nicht mehr um Integration bemühen: Wer einmal in einer westlichen Firma gearbeitet hat, ist für den japanischen Arbeitsmarkt verdorben? Auch die Düsseldorfer bestehen nicht auf Integration. „Die Japaner beteiligen sich am Gemeinwohl! Der Japantag, der japanische Männerchor… Sie fallen nicht den Sozialkassen zur Last. Sie stören nicht. Ganz im Gegenteil. Warum sollen sie in der Fremde nicht ihrer Kultur, ihrer Gemeinschaft treu bleiben?“

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