Irgendwann, es wird nach dem Intro zu „Serenata Rap“ gewesen sein, fragte Jovanotti das Publikum „C’è qualcuno qui che non capiscono l’italiano?“ und erntete schallendes Gelächter. Denn in die leider nur zur Hälfte gefüllten Philipshalle hatten sich kaum zwei, drei Dutzend Menschen verirrt, die der italienischen Sprache nicht mächtig waren. Ansonsten war es DAS Event für Italiener in Deutschland und Deutsche, die Italien und/oder Italiener lieben. Was bei der Vermarktung der Sache schiefgegangen ist, wäre noch zu klären. Nicht repräsentative Umfragen ergaben, dass kaum Zuschauer von weiter her zu Jovanottis einzigem Deutschlandkonzert angereist waren. Der Ticketpreis von rund 60 Euro wurde dagegen durchweg für angemessen erklärt. Besonders natürlich nach dem Ende der weit über zweistündigen Veranstaltung, die mit einer hochmodernen Licht- und Videoinszenierung versehen war wie man sie eigentlich nur von echten Weltstars kennt. Natürlich ist dieser Lorenzo Cherubini, den sie schon seit vielen Jahren Jovanotti nennen, kein Weltstar – nur in Italien, wo er mal eben das Stadion von Neapel mit 50.000 fröhlichen Ragazzi füllt und fast wöchentlich im TV zu sehen ist.

Auch wenn Jovanotti musikalisch nicht mit unseren Lokalstars zu vergleichen ist, entspricht seine Popularität seit über 20 Jahren der von Müller-Westernhagen, Grönemeyer oder sogar Lindenberg. Hierzulande kennt man ihn eigentlich nur durch die legendäre „Serenata Rap“ mit diesem Video, das Menschen mit Höhenangst nicht angucken können. Leider hat man ihn deshalb bei uns in die Rap-Schublade gesteckt, wo er so gar nicht hineinpasst. Weil das, was er macht Popmusik ist, passt er in überhaupt keine musikalische Schublade. Ihren ergebenen Berichterstatter hat lediglich geschockt, dass die Show mit drei abscheulichen Europopdance-Nummern begann, die ihn beinahe aus der Halle getrieben hätten. Aber dann kam eine modernisierte Fassung vom – zumindest in Italien – legendären „Sabato, sabato“ und das bereits erwähnt Intro zum größten Hits des dünnen Kerls mit dem Vollbart und dem ganz leichten, charmanten Sprachfehler. Dabei wurde er nur von seinem ewigen Bassisten begleitet, der übrigens auch Chef der hervorragenden Band ist, die alles spielen kann.

Das ganz große Kreischen kam dann aber mit seinem Weltmusik-Gassenhauer „L’ombelico del mondo„, bei dem annähernd hundert Prozent der Anwesenden den Refrain lauthals mitgrölten – Italiener singen halt gern. Währenddessen wechselte der Signore Cherubini des öfteren die Kleidung und die Accessoires und hüpfte über die Bühne wie ein Catweazel auf Speed. Als er dann etwa zur Hälfte des Konzerts vom weit in die Halle reichenden Laufsteg ins Publikum tauchte, kannte die Begeisterung keine Grenzen mehr. Sie lieben ihn, diesen Charismatiker mit dem Dauerstrahlen, das er nicht einmal ablegt, wenn er über die toten Bootsflüchtlinge spricht und singt, denn Jovanotti ist ein politischer Mensch, der dafür massiven Applaus einheimste. Nachdem er die eher ruhigen und schwierigen Canzoni abgefeiert hatte, mündete der Gig in einem Dauertanzmodus, der schließlich fast hundert Prozent der Leute im Stehbereich erfasste.

Angesichts der eher kleinen Menschenmasse wirkte die Lichtshow mit viel Laser und Blitzen und ähnlichem manchmal ein bisschen überzogen, die Videowand wurde dagegen optimal eingesetzt: meist mit Einspielfilmen – teils auch als Intermezzi zwischen zwei Liedern -, dann aber auch mit Live-Bildern von Jovanotti. Apropos: Angesichts von buchstäblich Tausenden Smartphones, die pausenlos gereckt wurden, dürfte es demnächst auf Youtube sicher Hunderte Stunden Clips vom Jovanotti-Konzert in Düsseldorf geben.

Ein Kommentar

  1. Christian am

    Ich war einer von den drei Dutzend. Nix verstanden, viel getanzt – es war ein sehr schöner Abend! Allerdings läuft jetzt das Trennungsjahr mit meiner Frau, die mich ernsthaft fragte: Ist das der italienische „Micky Krause“. Und das ist dann wahrscheinlich auch der Grund, warum die Halle nur halbvoll war: Man kennt ihn bei uns nicht mehr; obwohl ich seine Lieder sehr radiotauglich finde. Schönes Wochenende.