Natürlich spielt die Psychologie im Fußball eine große Rolle, natürlich können Trainer Spieler durch passende Ansagen motivieren. Dass so etwas in den entscheidenden Partien um den Klassenerhalt wichtig ist, zeigte die glorreiche Fortuna, die Mannschaft, das Trainer-Team und alle Fortunen, die mit ins Stadion durften, eindrucksvoll. Und der Satz, der alles möglich machte, stammte von Uwe Rösler und lautete: „Wir müssen uns als Gegner und Rivale fühlen und nicht als Opfer.“ Ist es nicht genau das, was den Fußballsport ausmacht? Sich nie, nie, nie als willenloses Opfer abschlachten lassen…

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Mann des Spiels: Andre Hoffmann

Mann des Spiels: Andre Hoffmann

Mann des Spiels: Andre Hoffmann

Es fällt nach diesem Spiel (wie auch schon nach der deprimierenden Niederlage gegen den BVB, von dem noch die Rede sein wird…) schwer, der Phrasendreschmaschine zu entkommen. Ihr extrem ergebene Berichterstatter wird’s versuchen, deshalb das Spiel vom Ende her erzählen und vom Mann des Spiels berichten: Andre Hoffmann. Gut, wer in der letzten Minute der Nachspielzeit das entscheidende Tor köpft, ist ein Held. Aber eigentlich war das für den blonden Recken (um diese altmodische Formulierung einmal zu bemühen) nur die Krönung einer immens starken Defensivleistung, die in sich schon in der 7. Minute ihren Höhepunkt fand: Konter der Hausherren, der dort noch kickende Sohn einer herzensguten Mutter versucht den langen Ball in die Spitze auf einen freien Kollegen, und Hoffmann grätscht in diesen Pass hinein.

Außerdem muss Ihr Ergebener ja noch vom Mann des Spiels berichten: Florian Kastenmeier. Es heißt, er sei so heiß auf den Ausgleich gewesen, dass er in der entscheidenden Szene über den Platz gedampft sei, um im gegnerischen Sechzehner das Tor zu erzwingen. Wenn die alten Ohren Ihres Ergebenen sich nicht getäuscht haben, kam der Vorschlag allerdings von der Trainerbank. Egal, so hatte es der gute Flo nicht so weit, an der Jubeltraube der Weißen teilzunehmen. Aber das war für den Keeper, der seine Gegner in 1:1-Situationen immer so laut anschreit nur die Krönung einer immens starken Torwartleistung. Was zu halten war, hielt Kastenmeier. Drei der genannten 1:1-Situationen entschärfte er, und einmal grätschte er einem Leipzischer, der schon an ihm vorbei auf dem Weg zum leeren Tor war, das Ei von halbhinten noch weg.

Schiedsrichter des Spiels: Manuel Gräfe

Hauptschiedsrichter war übrigens Manuel Gräfe, der in Düsseldorf aus historischen Gründen einen schlechten Ruf genießt. Dessen Leistung war tadellos, nein, mehr als das: So souverän hat Ihr ergebenster Berichterstatter schon lange keinen Referee mehr schiedsen gesehen. Das schlägt sich nicht nur darin nieder, dass die Partie trotz der Anspannung der Akteure nicht nickelig wurde und es nur eine gelbe Karte gab, sondern dass die Grottenolme im Kalker Keller ihre Schnauzen halten mussten. Auch bei der Szene, in der sich der bemüht witzige und anscheinend sogar sachkundige Sky-Kommentator weit, weit aus dem Fenster lehnte.

Vor dem Anschlusstreffer: der robuste Karaman

Vor dem Anschlusstreffer: der robuste Karaman

Es ging um das, was vor dem Anschlusstreffer in der 87. Minute ablief, als sich Kenan Karaman mit seinem Leipzig-Verteidiger beharkte, das Duell gewann und so das Tor vorbereitete. Die Sprechpuppe des Bezahlsenders war sich ganz, ganz, ganz sicher, dass der gute Kenan seinen Gegenspieler gefoult habe, dass der Treffer also nicht hätte gelten dürfen und hatte die Frechheit, sein unmaßgebliches Urteil sogar noch in seinem Schlusskommentar einzuflechten – als ob unsere Jungs nur aufgrund einer Fehlentscheidung gewonnen hätten. Blöderweise hatte sich der Kommentator der (im Übrigen skandalös schlechten) Sportschau-Zusammenfassung das abgelauscht und nachgeplappert. Es ist ein Kreuz mit den Spochtrepochtern im Fernsehen!

Mann des Spiels: Steven Skrzybski

Betrachtet man a) die diversen Liveticker und b) die Spielszene mehrfach, dann trifft es das ehemalige Fußballfachmagazin Kicker noch am besten, wenn es formuliert: „Karaman setzt sich resolut am Strafraumrand gegen … durch.“ Der RP-Ticker schreibt von einem „sehr beherzten Körpereinsatz“ und bundesliga.com meint nur, Karaman habe „die Kugel gewonnen“. Loben wir also nochmal den Gräfe, der eben durchgehend das körperbetonte Spiel, das den Fußball ja recht eigentlich ausmacht, genehmigte.

Mann des Spiels: Steven Skrzybski

Mann des Spiels: Steven Skrzybski

Apropos Anschlusstreffer: Kommen wir zum Mann des Spiels. Er heißt Steven Skrzybski, und war der Kilometerfresser, der unermüdliche Kämpfer, aus Sicht der Gastgeber der Störenfried, einer, der Bälle eroberte – aber auch einer, der eine der größten Chancen ziemlich kläglich versiebte. Da bekam er das Ei quer von Rouwen Hennings, stand richtig zum Tor … und legte sich den Ball auf den starken Fuß. Und, schwupps, war die Chance vertan. Überhaupt: Hennings und Skrzybski als Doppelspitze, die natürlich vor allem mit den verschiedenen Formen des Pressings beschäftigt waren, zogen den Leipzigern gerade in der ersten Halbzeit allein schon durch ihr Wühlen und Anlaufen manchen Zahn.

Die Aufstellung des Spiels: Ohne Stöger

Dass das alles so kam, war nach Bekanntgabe der Startaufstellung nicht zu erahnen: „Interessant“ war noch der netteste Kommentar von F95ern in den sozialen Netzen. „Was soll das denn?“ kam schon öfter. Trainer Uwe Rösler und seine Zuarbeiter hatten ein 5-3-2 mit sechs neuen Kickern im Vergleich zum Dortmund-Spiel bestückt. Zanka für den gesperrten Gießelmann lag auf der Hand. Auch Adam Bodzek wieder in seiner Lieblingsrolle zu beschäftigen, lag auch im Bereich des Denkbaren. Aber gerade die erwähnte Doppelspitze brachte manchen Experten zum Grübeln. Aber wieder lag Rösler mit seiner Kombination aus Spielplan und Personalien goldrichtig. Er hatte nämlich auf ein gefährlich hohes Pressing und zwei vertikal recht dicht zueinander stehende Ketten gesetzt – und das klappte bis zur 60. Minute auch einwandfrei.

Und Kevin Stöger? Blieb auf der Bank. Jedenfalls bis zur 82. Minute. Ihn so spät einzuwechseln erwies sich ebenfalls als kluge Entscheidung. Denn als sich die Dosenwerkself beim Stand von 2:0 einigermaßen in Sicherheit gewiegt hatten, kam mit Stöger neuer Dampf in die Sache. Zudem änderte der Chefcoach das System ein wenig in Richtung „Spielmacher“. Das gab ausgerechnet Marcel Sobottka mehr Spielraum, den er beim Anschlusstor auch nutzte. Am meisten Stirnrunzeln löste Jean Zimmer in der Startelf aus; den haben einige ja ganz offensichtlich schon abgeschrieben. Wobei sein spezielles Spiel im aktuellen System einfach nicht gefragt ist, also diese Hochgeschwindigkeitsläufe über außen. Defensiv war der gute Jean gestern eine Bank, nach vorne spielte er keine Rolle.

Die Gegentore des Spiels

Ziemlich enttäuschend, ja, eigentlich sogar als einzige Enttäuschung muss man Valon Berisha bewerten, der nie seine Rolle im System fand, im Pressing eher wenig effizient arbeitete und sich diverse Ballverluste erlaubte, von denen einer letztlich zum 2:0 führte. Über die beiden Tore für die 100-Millionen-Trickser sei nur gesagt: Gegen einen Traumschuss und eine perfekte Flanke machst du nix. Dass es zu den Situationen kam, lag einerseits an einer Änderung im taktischen System der Hausherren und andererseits an der unzureichenden Reaktion der Fortunen darauf. Der Unsympath mit dem Echsengesicht hatte nämlich Dreierkette angesagt und damit erreicht, dass sein Team Übergewicht im Mittelfeld bekam und so die beiden F95-Ketten weit in Richtung eigenes Tor drängen konnten.

Und natürlich zeigte sich der Dosencoach wie so oft als Scheißverlierer. Bei der Szene vor Düsseldorfs Anschlusstreffer habe Gräfe eine glasklare Fehlentscheidung getroffen, weil er das angeblich Foul von Karaman nicht pfiff. Sagen wir es kurz und knapp: Nagelsmann ist der legitime Nachfolger von Unsportsmann Rangnik. Und dass der gehypte Trainer bei dem Club mit den neun stimmberechtigen Mitgliedern gelandet ist, fällt in die Kategorie „Da wächst zusammen, was zusammengehört“.

Der Zanka des Spiels: Nahtlos eingefügt

Womit wir beim Mann des Spiels angelangt sind: Adam „Bodze“ Bodzek. Er ist das Vorbild, er ist der Antreiber, er ist einer, der nicht aufgibt, er weiß aus seinen beschränkten spielerischen Mitteln das Beste zu machen – er ist ein wahrer Käpt’n. Und er braucht keine großen Szenen, um seinen Wert für diese Mannschaft zu beweisen. Gestern war er der Angelpunkt, um den sich die Maschine aus Defensivreihen und Pressing-Trupps drehte. Geschenkt, dass er diesem Leipziger ermöglichte, ein Traumtor zu erzielen, echt geschenkt…

Vielleicht nicht Mann des Spiels war aber auch Zanka, der lange Däne, der sich nahtlos in die Dreierkette einfügte, der zu Beginn nervös wirkte und einmal durch einen bescheuerten Rückpass auf Kastenmeier beinahe das frühe 1:0 verschuldet hätte, der anfangs manchen Ball ziellos wegschlug, aber über die Zeit immer sicherer wurde und schließlich zum Vorlagengeber für den Ausgleich wurde. Hoffmann schmunzelte bei der Reporterinnenfrage, ob es sich um eine einstudierte Variante gehandelt habe – wer gelegentlich beim Training vorbeischaut wird sicher sein: Nein, die Verlängerung per Kopf von Zanka quer durch den Sechzehner auf den späteren Torschützen wird so nicht geübt.

Die Unsportlichen des Spieltags: BVB

Was bleibt? Ein eher unerwarteter Punkt nach so vielen erwarteten, die dann doch nicht ins Fortuna-Röhrchen fielen. Eine grandiose kämpferische Konzentrations- und Disziplinleistung. Ein weiterer Beweis, dass DAS eine Mannschaft ist. Und ein sehr unangenehmer Geschmack was das 2:0 der Meenzer beim BVB angeht. Dem Club, der eigentliche eine AG ist, wünscht man wieder mal eine Insolvenz, nach der er nicht wieder durch staatliche Subventionen gerettet wird. Wer sich den Auftritt der arroganten Millionarios gegen die 05er zumindest teilweise angesehen hat, kann für diese Truppe nur noch Verachtung empfinden. Ganz in Gedanken beim nächsten Transfergespräch und den zu erwartenden Milliönchen trabten die lustlos und uninspiriert über den Platz. Das ist die Form Unsportlichkeit, die den Fußball, wie wir ihn kannten kaputtmacht.

Nein, die Schwatzgelben sind nicht irgendwie „schuld“, aber ihnen geht der Sport am Arsch vorbei, der von ihnen verlangt, ihre Leitung zu bringen, auch wenn’s um nichts geht, wenn ihr Verhalten aber Einfluss auf Saisonentscheidungen hat. Dass die Kicker dieser AG das nicht so sehen, haben sie nicht nur bei der für die Fortuna abstiegsentscheidenden Niederlage gegen Hoffenheim 2013 bewiesen, sondern in den Vorjahren schon einmal gegen Mainz. Möge sich der BVB zusammen mit den Bayern und gern auch den Leipzigern in eine Superduper-Europaliga verpissen und uns den Fußball nicht weiter zerstören.

Über die letzten beiden Partien der Saison gibt es wenig zu schreiben. Ziel ist nach wie vor der Klassenerhalt, gern durch ein Ende auf Platz 15. Letzteres wäre überhaupt nur durch zwei hohe Siege zu erreichen, also unrealistisch. Es riecht also nach Relegation. Konkurrent um Platz 16 ist nur noch Werder. Leider wird also die Begegnung der Bremer mit den Mainzer da eine große Rolle spielen. Da trifft es die olle Binse ausnahmsweise mal am besten: Wir müssen nur auf uns schauen.

4 Kommentare

  1. Peter Schleder am

    Perfekt getroffen. Besser kann man es nicht analysieren. Ich hätte nur noch den Trainer des Spiels benannt. Vor allen Dingen bei der PK nach dem Spiel, hat er interessante Sprüche abgeliefert. Erinnert mich an den ehemaligen Fohlendresseur Hans Meyer. Hoffentlich haben jetzt auch die letzten Zweifler erkannt, daß das genau der richtige Trainer für unsere launische Diva ist. Egal in welcher Liga

  2. Immer wieder Dortmund:
    2013: Weidenfeller verschuldet mit einer vollkommen sinnlosen Aktion den Elfer für Hoffenheim. Hoffenheim gerettet, Fortuna abgestiegen.
    31. Spieltag: 1:0 Dortmund in der 95. Minute
    32. Spieltag: Dortmund verliert gegen Mainz, verursacht durch Lustlosigkeit. Unsportlicher geht’s kaum

  3. Habe ich nach dem BVB über die viel zu späten Auswechslungen geschimpft, so muss ich fairerweise nach dem Leipzig Spiel sagen ‚Alles richtig gemacht‘. Dass kurz vor dem Dreifachwechsel das 2:0 fiel war halt Pech.

  4. So unrealistisch ist Platz 15 nicht. Mainz ist nur 5 Punkte weg und somit noch einholbar. Es reichen also auch zwei knappe Siege. Alles andere unterschreibe ich natürlich.