Was immer den Betreiber dieses Etablissements umtreibt – so ganz sauber tickt der nicht. Es steht zu vermuten, dass es dieselbe Person ist, die vor rund anderthalb Jahren die düsterste aller düsteren Kneipen im Viertel übernahm: das Cornelius 77 (siehe unten). Diese urgemütliche Institution mit den undurchsichtigen Bleiglasfenstern stand rund zwei Jahre leer. Irgendwann klebten Softpornobildchen von innen an den Butzenscheiben, dazu in selbstgeklebten Lettern „Der Schweinestall“. Dann geschah lange nichts. Irgendwann verschwanden die Nacktposter und auch der Schriftzug. Man hatte eröffnet und schmückte das Äußere mit allerlei Zetteln, die der Anlockung dienen sollten: „Ihr Wohnzimmer“, „Herzlich Willkommen“ etc. Dann war meistens geschlossen. A4-Blätter boten Immobilien in Spanien an. Schließlich verschwand der ganze Sums, und die Kneipe stand wieder leer.

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Cornelius 77 im Herbst 2011 – Schweinestall mit Softpornobildchen

Schräg gegenüber gibt es ein, ähem, Nachtcafé. Das trug so lange ich es kenne schon diverse Namen. Nach einer Renovierung hieß es „Lion“ – jedenfalls sagte das die Leuchtreklame. Offensichtlich wechselte der Pächter. Muss ein sparsamer Mensch gewesen sein, denn mit dem schwarzen Edding benannte er diesen kaum 20 Quadratmeter große Gastronomiebetrieb, in dem sich die Zocker aus den umliegenden, ähem, Spielparadiesen auch frühmorgens ihren Verlust versaufen konnte, einfach in „Dion“ um.

Lief wohl nicht, denn danach stand der Raum auch gut acht Monate leer. Und jetzt gibt’s ein neues Kneipenschild. „Kleiner Rebell“ heißt es jetzt; die Unterzeile sagt „die kleine kneipe mit sportkarakter“ und dazu den Werbespruch „hier ist ihr wohnzimmer“. Spätestens da wurde ich stutzig, den Slogan kannte ich. Tatsächlich tauchten noch vor der Eröffnung jede Menge Zettel mit allerlei lockenden Texten auf, die ich auf der gegenüberliegenden Seite schon mal gelesen hatte.

Gut, das Wort Sportcharakter hat er orthografisch nicht drauf; man muss aber wissen, dass der Begriff eine Chiffre ist, an der Zocker erkennen, dass sie a) willkommen sind und b) keiner was dagegen tut, wenn sie dort, ähem, untereinander Glücksspiele spielen. Übrigens ist der neue Name der Kneipe eine Reminiszenz an ein wirklich legendäres Etablissement in dem bisschen Rotlichtviertel rund um den Mintropplatz, das sich Düsseldorf leistet. Auf dem letzten Stück Adersstraße war nämlich etliche Jahre eine Kneipe namens „Der sanfte Rebell“ untergebracht, in der die hiesige, ähem, Boxsportszene verkehrte. Die hatte rund um die Uhr auf, wenn sie auf hatte, und da war wirklich jedermann willkommen. Der traute sich angesichts des Stammpublikums allerdings eher selten dort hinein…

[Zuerst erschienen im Vorgänger-Blog „Rainer’sche Post“ im März 2012]

Nachtrag: Ein paar Wochen nachdem dieser Artikel erschienen war, rief mich jemand Unbekanntes an. Er habe den Beitrag gelesen, ob ich den geschrieben habe. Ich bejahte. Ja, sagte er, er habe ja die Straßenseite gewechselt und das Café dort übernommen. Ob ich nicht mal vorbeikommen wolle, er habe viel erlebt in seinem Leben und könnte mir viele Geschichten erzählen. Ich zeigte mein Interesse. Aber dann gingen die Wochen ins Land, und andere Dinge waren wichtiger. Als ich dann auf die Sache zurückkam, war das Café mal wieder geschlossen, und die Telefonnummer des Betreibers meldete „Kein Anschluss unter dieser Nummer“…

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