Wir Düsseldorfer haben’s ja mit der Mode. Also, praktisch alle Düsseldorfer. Auch diejenigen, die in durch die Showrooms an der Kaiserwerther Straße geistern oder sich durch die Boutiquen und Textilhäuser treiben lassen. Was beispielsweise an der Punk-Mode nicht direkt aus England kam, wurde hier erfunden. Den Kleidungsstil der elektrischen Popmusik haben die Kraftwerker entscheidend geprägt. Und kaum an einem anderen Ort in Deutschland laufen so viele schöne Menschen herum, die ihren eigenen Kleidungsstil entwickelt haben. Es mag bekloppt klingt: Aber auch ich war dreimal in meinem Leben Trendsetter in Sachen Mode. So um 1963 herum war ich der erste Bube auf dem Gymnasium, der ein sogenanntes „Military-Hemd“ trug; es war aus starker Baumwolle, hellblau mit deutlichen Nähten, hatte zwei Brusttaschen und – am wichtigsten – Schulterklappen. Hatte ich mir selbst ausgesucht. Nach wenigen Wochen liefen viele Kollegen mit einem Military-Hemd herum.

Drei, vier Jahre später war es dann ein Madras-Hemd. So hießen buntfarbige Baumwollhemden, die nach indischer Methode naturgefärbt waren und sich deshalb nach jedem Waschen ein bisschen veränderten und immer schöner wurden; ein Effekt, auf den wir gleich noch einmal zu sprechen kommen werden. Im Sommer 1972 begann ich in weißen Malerlatzhosen herumzulaufen, eine Mode, die deutlich später zu einer Art Mainstream wurde; natürlich trug man darunter bei entsprechenden Temperaturen kein Hemd oder T-Shirt. Und jetzt strebe ich an, ein viertes Mal einen Modetrend zu setzen. Und zwar mit meinen geliebten Hemden/Jacken der Machart Bleu de Chine. Die lernte ich 1978 bei meinem ersten Urlaub auf Korsika kennen, denn dort liefen vor allem Arbeiter in Jacken und Hosen dieser Art herum. Diese Kleidung kam damals schon aus China, wo sie aus starkem Baumwollstoff geschneidert und mit dem natürlichen Fabstoff Indigo gefärbt wird. Anstelle von Knöpfen gibt es Stoffstreifen mit Knoten und passende Schlaufen. Damals kaufte ich ein Bleu-de-Chine-Hemd, das mich viele Jahre begleitete. Und im vergangenen Sommer – nachdem ich den passenden Online-Shop entdeckt habe – kaufte ich mein zweites Hemd.

Eigentlich trägt man ein Bleu de Chine auf nackter Haut, am besten, wenn diese schön sonnengebräunt ist. Aber auch als sehr leichte Jacke über einem T-Shirt tragen sich die Dinger sehr angenehm. Neben dem Klassiker gibt es verschiedene Varianten, unter anderem ein Bleu de Chine in Schwarz mit Stehkragen, das ganz erheblich chinesisch aussieht. Das habe ich mit vor ein paar Wochen kommen lassen und mag kaum noch ohne es vor die Tür.

Pflegeleicht sind Bleu-de-Chine-Sachen nur, wenn man direkt am Meer wohnt. Denn die angemessene Wäsche ist die in echtem Meerwasser am Strand, wobei Sand zum Entfernen stärkerer Vercshmutzungen verwendet wird. Die Waschmaschine ist für diese Klamotten tabu. Vor allem am Anfang, denn die natürliche Farbe muss zuerst fixiert werden. Andernfalls würde jeder Wasserspritzer, jeder Regentropen das Blau direkt auf die Haut des Trägers tätowieren. Also legt man das Hemd (bzw. die Hose) mehrere Stunden in einem Eimer mit zehn Litern Wasser ein, das man mit einem Pfund grobem Meersalz ins Mittelmeer verwandelt hat. Darin ruht es für eine Nacht. Am nächsten Tag wäscht man die überschüssige Farbe mit viel, viel, viel fließendem Wasser aus. Dann kommt das Ding noch einmal in den Eimer; dieses Mal wird ein Wasserglas neutraler Essig beigegeben. Nach zwei, drei Stunden muss das dann ausgespült werden. Zum Trocknen hängt man ein Bleu de Chine am besten in die pralle Sonne bei einer leichten Brise. Die Prozedur bedeutet nicht, dass das Ding nicht mehr färbt; lediglich das Abfärben bei der kleinsten Feuchtigkeit ist damit gestoppt. Gewaschen wird so ein Hemd, so eine Hose dann immer von Hand und kalt mit einem passenden Feinstwaschmittel. Hört sich kompliziert an, macht aber im Sommer auf Terrasse oder im Garten sogar Spaß. Und: Das Bleu de Chine wird mit jedem Waschen schöner.

Wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist, beherzigen folgenden Tipp: Die Hemden fallen schon knapp aus, die Hosen sind aber mindestens eine Nummer kleiner als angegeben. Wer beispielsweise T-Shirts der Größe L trägt, sollte die Veste im Maßstab XL und eine Hose in XXL wählen. Zumal die Bleu de Chines selbst bei Kaltwäsche immer ein bisschen einlaufen. Um es noch verlockender zu machen: Ein Original-Hemd kostet 30 Euro, eine Hose 10 Euro. Das Set aus Hemd und Hose in selber Größe liegt bei 35 Euro. Es gibt die Dinger mit „Mao“-Kragen und als Blouson sowie in Kindergrößen unter www.monbleudechine.fr/shop/. Man sollte am besten direkt für mehrere Leute bestellen, weil der Versand rund 16 Euro kostet.

5 Kommentare

    • Rainer Bartel am

      Na ja: 20 Euro + 20 Euro Versand aus einer, ähem, obskuren Quelle… Da zahl ich lieber 30 Euro plus 16 Euro Versand an die einzig wahren Importeure ;–))

      • Günther A. Classen am

        Ich wollte doch nur helfen …….

        Die „obskure Quelle“ verkauft seit 2005 ausschließlich die Bleu de Chine Kombi und ist dort zu hundert Prozent positiv bewertet, immerhin mehr als 10 €uronen bzw. 20 Prozent günstiger als der Mao-Jeans-Anzug der „einzig wahren Importeure“, die auch aus dem Land der aufgehenden Sonne , vielleicht sogar vom selben Hersteller, stammen.

        …. und hab’ es schließlich nur gut gemeint. ***;-)))

        PS: Meine aktuelle, nicht vorgewaschene 501er habe ich auch direkt von Levi’s importiert.

        Übergröße, Einlaufen, Abfärben des Indigo auf Haut und besonders weißer Unterwäsche, sowie die lustigen Erstwaschungen sind nahezu identisch. Das Serge de Nimes wahrscheinlich auch.

        • Rainer Bartel am

          Die sind obskur, weil die in den ersten Jahren die Originaletiketten rausgeschnitten haben, um die Herkunft zu verschleiern.
          „Meine“ Quelle, das sind aufs Festland emigrierte Korsen, Kindern von Leuten, diese Klamotten wirklich noch täglich beim Arbeiten getragen haben.