Der Düsseldorfer Hafen war ein Hafen ohne Hafenmillieu, und einer, dessen wirtschaftliche Bedeutung bis Anfang der Siebzigerjahre immer mehr zurückging. Auch wenn diverse Industriebetriebe für Tausende Arbeitsplätze sorgten: als Umschlagsort der Binnenschifferei spielte er ab etwa 1970 kaum noch eine Rolle. Entsprechend düster und trostlos präsentierte sich die der Stadt zugewandte Seite des Hafens an der Hammer Straße. Die zweigte auf Höhe des heutigen Landtags von der Bundesstraße B1 ab, die am Rheinufer entlang und über eine Stahlhochstraße zum südlichen Zubringer führte. Hier war es schmuddelig und leblos. Und heute? Tagsüber verdienen fast 9.000 Menschen bei gut 800 Unternehmen rund um das, was jetzt „Medienhafen“ heißt, ihr Geld. Hunderte Touristen schlendern am alten Zoll- und Handelshafen entlang, und abends verteilen sich die Menschen auf inzwischen über 50 Gastronomiebetriebe jeder Art. Dieser Teil des Hafens ist zum Wirtschaftsfaktor und zur Sehenswürdigkeit geworden.

Aber selbst altgediente Düsseldorfer realisieren oft gar nicht, wie sehr sich dieses Viertel verändert hat und wann welches Gebäude dem Hafen seinen Stempel aufgedrückt hat. Vor 1980 gab es zwischen Hammer Straße und Hafenbecken A, zwischen Kniebrücke und Franziusstraße weder den Landtag, noch den Rheinturm, weder das Stadttor, noch den Bilker Rheinpark, vom WDR-Gebäude, Gehrys Neuem Zollhof und all den anderen spektakulären Bauwerken ganz zu schweigen. Das alles entstand, nachdem der Rat der Stadt 1974 beschlossen hatte, das eigentliche Hafengebiet drastisch zu verkleinern und die Nutzung tiefgehend zu verändern. Dies war bereits die dritte Verkleinerung des Hafens, der ab Mitte de 19. Jahrhunderts kontinuierlich gewachsen war, nachdem man aus der ehemaligen Carl-Theodor-Insel, einem sumpfigen Niemandsland, durch Zuschütten eines Altrheinarms eine Halbinsel gemacht und zum Hafenstandort erklärt hatte. Aus dieser Zeit stammen der Zollhafen und der Handelshafen, die heute das Herz des Medienhafens bilden.

Google-Map: Medienhafen

Google-Map: Medienhafen

Noch bis weit in die Sechzigerjahre erstreckten sich die Verladeanlagen aber am Rheinufer nach Norden bis hinter die Oberkasseler Brücke; an manchen Stellen kann man die Schienen der Hafenbahn und der Kräne noch erkennen. Wo heute Spaziergänger über das Untere Rheinwerft flanieren, rollten damals Eisenbahnwaggons, die aus den Frachtschiffen beladen wurden, die unterhalb der Kaimauer ankerten. Einen ganz kleinen Eindruck bekommt man durch die insgesamt vier Kräne, die auf der Ostseite der Becken erhalten wurden – der älteste steht unten bei der Fußgängerbrücke zum Paradiesstrand. Überhaupt: Die Planer haben im ganzen Medienhafen ein paar Relikte aus alten Tagen erhalten, nicht nur die Kräne, sondern eine Siloverladestation, verschiedene alte Poller, an denen die Kähne festgemacht wurden, und an der Kaistraße ein wenig versteckt sogar einen uralten Feuerwehrhydranten.

Der Zollhafen wird zur Marina

Der Yachthafen im alten Zollhafen - damit begann der Umbau

Der Yachthafen im alten Zollhafen – damit begann der Umbau

Der erste Schritt in Richtung Medienhafen war die Umwandlung des Zollhafens in eine Marina. Seit 1982 liegen also im am weitesten östlich gelegenen Hafenbecken Boote und Yachten. Auch die Wache der Wasserschutzpolizei an der nördlichen Spitze stammt aus dieser Zeit. Da waren aber auch schon der Rheinturm fast fertig und der Landtag im Bau. Nun ging es Schlag auf Schlag. Mit der Eröffnung des Rheinufertunnels im Dezember 1993 wurde nicht nur der Weg frei für die allerschönste Rheinuferpromenade in diesem Universum, sondern auch für eine völlige Neugestaltung des Gebiets westlich der Neusser Straße. Mit dem Bau des Stadttors und des Rheinparks Bilk im Jahr 1998 waren gut 15 Jahre dramatischer Veränderungen in diesem Gebiet an ihr Ende gekommen.

Und damit begann die eigentliche Karriere des Medienhafens. Eingeleitet wurde sie mit dem Bau des WDR-Funkhauses zu Füßen des Rheinturms, das 1988 eröffnet wurde. Danach wurden innerhalb von nicht einmal zehn Jahren alle Gebäude errichtet, die den heutigen Charme des Hafens ausmachen. Der Plan war, hier vor allem Unternehmen der Medien- und Unterhaltungsbranche anzusiedeln. Tatsächlich gehörten Antenne Düsseldorf und der Verkaufssender QVC zu den ersten, die sich ansiedelten. Wie so oft aber lösten diese Veränderungen den Neid der Kölner aus, die flugs das umzuwidmende Gebiet des alten Güterbahnhofs nördlich der Innenstadt „Mediapark“ tauften und Medienfirmen mit hochsubventionierten Mieten und anderen Vergünstigungen anlockten.

Erfolg auch mit weniger Medienunternehmen

Gehry in Blech: Ein Drittel vom Wahrzeichen der Stadt

Gehry in Blech: Ein Drittel vom Wahrzeichen der Stadt

Dem Erfolg des Standortes Medienhafen Düsseldorf tat das aber keinen Abbruch, außer dass Medienunternehmen nie mehr als rund zehn Prozent der angesiedelten Firmen ausmachten. Während man in Köln einen archichtektonischen Masterplan verfolgte (der die Fertigstellung dramatisch verzögerte), ließ man die Bauherren in Düsseldorf machen und zeigte sich bei den Genehmigungen großzügig. So entstand ein einzigartiges Ensemble rund um den Handelshafen: Eher konventionelle Bürogebäude neben solchen Solitären wie dem Colorium, umgestaltete Altbauten wie de alte Werft am Ende des Hafenbeckens neben perfekt restaurierten Gebäuden wie der alten Malzfabrik. Und als Krönung die drei Häuser des Neuen Zollhofes, allgemein „Gehry-Bauten“ genannt. Die schrägen Bauwerke in weiß, Blech und Backstein sind seit 1999 zu Wahrzeichen der Stadt geworden.

Eine besondere Geschichte dreht sich um die „Königskinder“ an der Hafenspitze, diese beiden schwarzen Türme mit dem silbernen UFO vorne dran. Hier lebte nur dreieinhalb Sommer lang „Monkey’s Island“, der erste Stadtstrand überhaupt, das Vorbild für Urban Beaches überall in der Republik, ein Paradies auf Tausenden Tonnen feinsten Sandes mit einer bunten Vielfalt gastronomischer Angebote, jeder Menge Möglichkeiten für Aktivitäten und vor allem zum Chillen. Was im Mai 2003 begann, fand im Juni 2006 ein ernüchterndes Ende. Mitbetreiber von Monkey’s Island war der Kunsthändler Helge Achenbach, sein Kontrahent der damalige OB Joachim Erwin … der den Achenbach hasste wie die Pest und deshalb die Schließung mit allen Mitteln durchsetzte. Offizielle Begründung: Das Grundstück sei längst verkauft, der Investor plane den alsbaldigen Baustart. Ob das eine faustdicke Lüge war, lässt sich nicht mehr ganz nahvollziehen – Tatsache ist, dass irgendwelche Bauarbeiten erste mehr als zwei Jahre später begannen.

Schöne Erinnerung: Monkey's Island anno 2005

Schöne Erinnerung: Monkey’s Island anno 2005

Und auch diese Verzögerung hat mit dem Treiben des 2008 verstorbenen OB zu tun. Denn ursprünglich sollten an der Hafenspitze zwei Wohnhochhäuser entstehen, die „Königskinder“ genannt wurden. Auf dem Dach jeden Turms sollte eine gigantische Skulptur des Erwin-Intimus und Kunstakademie-Präsidenten Markus Lüpertz installiert werden. Dar aus wurde mangels passender Investoren nichts. Also baute man die beiden schwarzen Blöcke, in deren östlichem Vertreter 2010 das Luxushotel Hyatt Regency eröffnet wurde. Tausende Düsseldorfer trauern aber immer noch der Monkey’s Island nach…

Mehr Gastronomie als alles andere

Auch wenn der Medienhafen kaum einen Kilometer Luftlinie von der Altstadt entfernt liegt, anfangs hatten die vielen Mitarbeiter der angesiedelten Unternehmen nicht viel Gastronomie für die Mittagspause zur Auswahl. Entlang der Hammer Straße wurde rasch aus ehemaligen Ladenlokalen und Eckkneipen Restaurants – allen voran das legendäre „Robert’s Bistro“. Später kamen Edelitaliener, Luxus-Currywurst-Läden, Eisdielen und weitere Mittagspausenangebote hinzu. Erst in einer zweiten Welle siedelten sich dann jede Menge Restaurants, Bars, Bistros und Clubs im Medienhafen an – zunächst im Viertel zwischen dem Handelshafen und der Hammer Straße. Gerade das Nachtleben verzeichnete zwischen etwa 2002 und 2015 eine ungeahnte Blüte; drei, vier angesagte Clubs wetteiferten um die Schönen und Reichen, und als sie Kultstatus erreicht hatten, wetteiferten die weniger Schönen und nicht ganz so Reichen darum, hineingelassen zu werden.

Mit elegantem Schwung - die Living Bridge

Mit elegantem Schwung – die Living Bridge

Heute sind diese Läden fast komplett verschwunden. Dafür gibt es nun in beinahe jedem Gebäude an beiden Ufern des Medienhafens einen gastronomischen Betrieb: Gourmet-Restaurants, Club-Lounges, Terrassen-Bistros, ja, sogar ein Self-Service-Restaurant im westlichen Turm an der Spitze gibt es. Eigentlich kann man überall draußen sitzen und Speisen und Getränke genießen, während man das besondere Flair dieses umgewidmeten Hafens genießt. 2006 kam ein weiteres Highlight dazu. Die sogenannte „Living Bridge“ überspannt seitdem das Hafenbecken mit elegantem Schwung. In der Mitte führt eine Treppe hinab zur Terrasse des Restaurants, das in einem Kubus untergebracht ist – „Lido“ heißt es … und zur Zeit ist es (wieder einmal?) wegen Renovierung geschlossen. Wer es ganz exotisch mag, findet an der Hammer Straße mit dem „Eigelstein“ ein Etablissement, in dem tatsächlich dieses merkwürdige Kölschbier ausgeschenkt wird.

Für Düsseldorfs Normalos wesentlich interessanter ist aber das 2002 eröffnete UCI-Multiplex an der Franziusstraße, ein Großkino mit neun Sälen und einer Auswahl ganz unterschiedlicher gastronomischer Einrichtungen. Seit der Fahrplanänderung kommt man am besten mit der 707 her, die jetzt bis zur neuen Schleifen an der Kesselstraße fährt. Denn der Medienhafen wächst nach hinten heraus Richtung Kappeshamm. Die gläserne Killepitsch-Fabrik bildet ebenso wenig den Abschluss wie das spektakuläre Doppelhochaus Sign! – denn dahinter entsteht die Weltzentrale des Reiseunternehmens Trivago, in dem demnächst bis zu 2.000 Menschen arbeiten werden.

Die Marina im Medienhafen

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