…dein Buch „Hope Street – Wie ich einmal englischer Meister wurde“ ist eine üble Mogelpackung. Denn wer einen Roman rund um einen Fußballverein – so ähnlich wie „Fever Pitch“ von Nick Hornby – erwartet, wird bitter enttäuscht. Du hast schlicht und einfach deine Autobiografie geschrieben. That’s it. Und das ist wundervoll. So wundervoll, dass ich die 355 Seiten auf meinem eReader in zwei Sessions verschlungen habe.

Bekanntlich bin ich kein Fan der Musik Der Toten Hosen, aber ein glühender Anhänger der Band, die nicht nur aus meiner Sicht so sehr für mein geliebtes Düsseldorf steht. Wir kennen uns auch nicht persönlich. Aus der Nähe habe ich dich nur einmal gesehen. Es war bei der Riesenparty zu deinem 40. Geburtstag, den du nachträglich gemeinsam mit drei oder vier anderen Neu-Vierzigern drüben in einer Fabrikhalle in Heerdt feiertest. Ich war eingeladen, weil ich mit einem der anderen Geburtstagskinder befreundet bin. Beinahe wären wir uns aber nähergekommen, weil meine Tochter damals um ein Haar Babysitterin deines Sohnes Lenny geworden wäre.

Ansonsten kenne ich dich nur als mediale Persönlichkeit. Deine Ausflüge in die Schauspielerei, also als Mackie Messer in der von Klaus Maria Brandauer 2006 inszenierten „Dreigroschenoper“ und in Wim Wenders‘ „Palermo Shooting„, habe ich bewundert und war sicher, dass eine bedeutende Karriere auf dem Theater und im Film auf dich wartete. Und dann natürlich die Fortuna… Keine andere lebende Persönlichkeit (die nicht selbst F95-Profi oder -Trainer war) verbinde ich so sehr mit dem Fußballverein meines Herzens – ausgenommen natürlich Andy und Breiti. Tatsächlich habe ich viele Aufzeichnungen von DTH-Gigs nur deswegen geguckt, weil ich sicher war, dass ihr euch wieder – auch in Feindesland – klar und deutlich zur Fortuna bekennen würdet.

Und jetzt habe ich deine Memoiren gelesen und festgestellt, dass uns in Sachen Fußball etwas sehr Grundlegendes verbindet, die Erkenntnis darüber, warum und in welchem Maße dieser Sport das Leben eines Menschen prägen, wie sehr die Liebe zu einem Verein das Fühlen, Denken und Handeln bestimmen kann. Dass du dies am Beispiel des Liverpool FC tust … geschenkt. Ich persönlich könnte und würde das nur rund um die Fortuna tun. Wenn ich deine Lebensbeichte richtig verstehe, waren es zuerst die Reds, die dich dem Fußball verfallen ließen, die Fortuna kam später. Das hat mich viele deiner öffentlichen Auftritte mit Liverpool besser verstehen lassen. Zugegeben: Manchmal dachte ich: Oh je, der Campino wieder mit seinem aufgesetzten LFC-Getue… Jetzt weiß ich es besser.

Das Verrückte ist ja, dass du und die anderen Hosen mit der engen Verbindung zu diesen beiden Clubs in einer bedeutenden Tradition Düsseldorfer Kulturschaffender stehst, die schon mit dem Schauspielhausintendanten Karlheinz Stroux begann, der seine Schauspieler damals in den Sechzigern zwang, ihn zu den Heimspielen der glorreichen Diva zu begleiten. Immer wieder waren es Maler, Musiker und Schriftsteller der Stadt, die sich auf die Fortuna bezogen, und gerade der hiesige Punk war in den Achtzigern dicht dran am Verein und hat sein Image bis heute geprägt.

Ja, deine Schwarte ist ein Kuckucksei. Als jemand, der wahnsinnig gern Biografien, Autobiografien zumal, liest, muss ich sagen: Chapeau! Selten hat einer, der sein bisheriges Leben im gedruckten Wort aufblättert, verstanden, seine Herkunft, seine Familiengeschichte, sein Treiben über all die Jahre so geschickt in einer Geschichte zu verstecken, die anscheinend nur einen eher nebensächlichen Aspekt seines Lebens schildert. Lieber Campino: Ich empfehle dein Buch ausdrücklich – nicht nur Anhängern der Hosen und Fortuna-Fans, sondern allen Leserinnen und Lesern.

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