Neulich schoss mir völlig ohne Anlass das Wort (phonetisch!) „Lömmpia“ durch die Birne. Wieso, dachte ich, gibt’s die Dinger nicht mehr in der Pommesbude? Oder gibt’s die vielleicht doch noch in der Pommesbude, nur dass sie jetzt Frühlingsrollen heißen? Natürlich hießen die nie Lömmpia; „Loempia“ ist die niederländische Umschrift für das entsprechende indonesische Wort, das korrekterweise „Lumpia“ ausgesprochen wird. Aber den Satz „Tu misch ma zwei Lömmpia“ habe ich noch fest im Ohr. Meine Recherchen brachten zu Tage: Die Loempia ist nicht mehr Bestandteil des normalen Pommesbudenfraßes. Nicht mal die Frittenversorger, die sich holländisch geben, bieten die Dinger an. Und das hat einen ziemlich offensichtlichen Grund:

Als Frühlingsrollen sind die Loempias nämlich in den Fundus der Asia-Imbisse abgewandert. Dort kriegt man ja überall frittierte Rollen in groß, klein und winzig. Sind sie winzig, bestehen sie praktisch nur aus fettgetränktem Teig – ähnlich wie Wantan, die aus dem Öl kommen. In Europa kannte man in der Loempia-Ära in den Sechziger- und Siebzigerjahren vor allem die indonesischen Variante (die es übrigens immer noch überall als TK-Ware gibt): Das Ding ist so lang wie eine gute Zigarre, etwa fünf Zentimeter im Durchmesser und leicht flachgedrückt. Die Füllung basiert auf (billigen) Sojasprossen mit ein bisschen anderem Gemüse und Spurenelementen von haschiertem Hühnerfleisch. Da die Imbiss-Loempia kaum gewürzt war, MUSSTE man Massen an Sojasoße drauftun. In der Pommesbude gab’s die aber nicht, da nahm man eben Ketchup.

Mit der Vermassung der Weltküche und dem Boom des Selberkochens (oder wie eine befreundete Bloggerin vor Jahren schrieb: „Kochen ist das Ficken der Neuzeit“) sowie der Öffnung der Asia-Shops auch für Europäer – die man vorher durch konsequenten Verzicht auf verstehbare Schriftzeichen und die Verweigerung von Verkaufsberatung ausgesperrt hatte – avancierte die Loempia zu einem Gericht, das jeder, der sich beim Kochen nicht routinemäßig verstümmelt, verbrennt, verbrüht oder versalzt, selbst herstellen kann. Und wo er/sie dann weiß, was drin ist. Die Teigblätter gibt’s als gekühlte Frischware oder in dicken Packen aus der TK-Truhe, die Füllung ist kein Hexenwerk: Bisschen Hack, Zwiebeln, Möhren, Kohl, Sprossen und gern auch Knoblauch sowie Ingwer, alles sehr klein geschreddert, nach Wunsch somewhat asiatisch gewürzt und in der Pfanne angebraten. Dann auf die Teigplättchen geschmiert, gerollt und frittiert. Fertig.

Kennengelernt haben wir Rheinländer die Rollen natürlich in Holland. So wie auch Frikandel und Bitterballen, denn ursprünglich gehörten sie auch im Käse-Country zum Fundus jeder Frittjes-Bude. Und natürlich spielte die Loempia auch auf der Speisekarte der indonesischen Chinarestaurants im Nachbarland. Sie war ein Erbe der niederländischen Kolonialzeit, als weite Teile des indonesischen Archipels unter orange-farbiger Besatzung existierten und die Hauptstadt Batavia hieß. Aber auch westlich der Grenze sind Frühlingsrollen nicht mehr unbedingt in jedem Patat-Kram zu haben – schon gar nicht selbstgemacht. Diese Veränderung der Schnellesskultur hüben wie drüben ist ein bisschen schade, denn die Loempia machte das Angebot aus Bratwurst, Frikadelle, Schaschlik und Pommes noch ein bisschen bunter, noch internationaler, noch mehr multi-kulti.

Übrigens: Man bestellte wirklich „zwei Lömmpia“ so wie man ja auch „zwei Bratwurst“ bestellt – oder hat irgendwer schon mal jemand „zwei Bratwürste“ ordern gehört?

Ein Kommentar

  1. Und wo sind die BAMI – Scheiben
    Die schmeckten immer so herrlich , nach einer Mischung aus Boullion und Maggi. Aussen knusprig , innen matschig . Ich habe sie geliebt .