Über rund 30 Jahre wanderte der Fußballplatz der TuRU und ihres Vorgängervereins FK Union einmal rund durchs Gleisdreieck an der Oberbilker Allee.

Bericht · Je älter man wird, desto seltener glaubt man einem „Das war schon immer so.“, spätestens dann, wenn Gebäude, die zu eigenen Lebzeiten errichtet wurden, wieder abgerissen werden. Als jemand, der auf der Corneliusstraße geboren und am Fürstenplatz aufgewachsen ist, war der TuRU-Platz „schon immer“ da, wo er heute ist: an der Feuerbachstraße unterhalb des Bahndamms. Das unscheinbare Foto des Aufgangs zum S-Bahnhof Friedrichstadt sorgte dafür, dass ich wieder einmal etwas Neues über meine Heimat gelernt habe. Ein freundlicher Leser schrieb, an dieser Stelle habe es früher den Eingang zu einem Fußballplatz gegeben – und versorgte mich mit Informationen. Und es stimmt: Im Gleisdreieck zwischen den S-Bahnhöfen Friedrichstadt und Volksgarten, nördlich der Oberbilker Allee existierte ein Fußballplatz. Und zwar der des FK Union, des Vorgängervereins unserer TuRU 1880. [Lesezeit ca. 6 min]

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Beim Recherchieren zum Thema und dem stundenlangen Betrachten alter Stadtpläne (siehe maps.duesseldorf.de) stieß ich auf eine Menge Fakten rund um dieses kleine Gebiet, dir mir neu waren. So führte die Färberstraße früher parallel zum Bahndamm bis zur Hüttenstraße. Die Eisenbahnerhäuser an der Oberbilker Allee entstanden erst nach dem zweiten Weltkrieg. Das Dreieck selbst gehörte der Deutschen Reichsbahn; es lag brach, und so legten die Fußballer des FK Union 1905 dort einen Ascheplatz an; also eine rechteckige Fläche mit Toren und Linien, mehr nicht. Umgezogen haben sich die Spieler, so heißt es, in der Gaststätte En de Kull an der Oberbilker Allee (die dieser Tage abgerissen wurde; dazu demnächst mehr).

Da lag der Fußballplatz des FK Union (Stadtplan von 1922)

Da lag der Fußballplatz des FK Union (Stadtplan von 1922)

Als die Fußballer 1918 aus dem ersten Weltkrieg zurückkehrten, mussten sie feststellen, dass die Reichsbahn den Platz entfernt und die Fläche ihren Bahnbeamten für Kleingärten zur Verfügung gestellt hatten. Den Fußballklub Union, der 1905 durch Abspaltung vom FC Britannia entstanden war, gab es da schon nicht mehr. 1911 hatte man sich in Düsseldorfer SC Union umbenannt, und 1919 fusionierte Union mit dem VfR Düsseldorf (früher SC Athen) und dem Friedrichstädter Turnverein von 1880 zur Turn- und Rasensport Union 1880.

Warum am Bahndamm?
Wer sich einmal anschaut, wo in Düsseldorf (und übrigens auch in anderen Großstädten) die alten Fußballplätze liegen und lagen, wird feststellen, dass sehr viele davon unmittelbar an Bahndämmen angeordnet sind oder waren. Besonders markant ist das am Flinger Broich, wo es bis in die Siebzigerjahre hinein, fast ein Dutzend Sportplätze westlich der Bahnlinie gab. Das hat damit zu tun, dass man bei der explosionsartigen Ausbreitung der Eisenbahn in den 1880er-Jahre in den Städten für die Bahnstrecken breite Schneisen reservierte, die wesentlich mehr Grundfläche einnahmen, als zunächst gebraucht wurde. Die Bahngesellschaften und später die Reichsbahn verpachteten diese Grundstücke ab der Jahrhundertwende gern für Kleingärten und eben auch für die noch jungen Sportvereine. Die Fußballer hatten anfangs nur die Wahl, sich auf einem solchen Gelände einen Ascheplatz anzulegen oder aber ihr Spielfeld auf einer öffentlichen Wiese zu markieren.

Richtige Stadien entstanden weltweit erst rund um 1900 – für die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit baute man sie in Paris und St. Louis im Umfeld der jeweiligen Weltausstellungen. Die Planungen für unser Rheinstadion, das 1925 eröffnet wurde, begannen bereits vor dem ersten Weltkrieg, übrigens auch als Zusatzprojekt zur geplanten großen Industrie- und Handelsmesse, die dann aber erst 1926 als GeSoLei wirklich stattfand.

Man ging auf die Suche nach einem neuen Gelände und wurde gleich auf der anderen Straßenseite fündig. Der ganze Block zwischen der Oberbilker Allee, der Ringelsweide und der ehemaligen Leersenstraße, die am östlichen Bahndamm entlang vom Hennekamp bis zur Hüttenstraße führte, war damals ein Industriegebiet. Hier gab es die Firnisfabrik Schmidt (aus der später eine Tapeten- und Lackfabrik wurde; heute sitzt dort die Heinrich Schmidt GmbH mit dem sogenannten „Badwerk“) sowie die Ziegelei der Geschwister Eykeler mit Ringofen, die aber bereits aufgegeben war und auf den Abriss wartete. Diese Fabrik nahm die gesamte Fläche zwischen der Oberbilker Allee und der Feuerbachstraße ein, dem historischen Standort des Leersenhofes, einem der großen Bauernhöfe der Gegend.

Da lag der erste TuRU-Platz an der Oberbilker Allee (Abb.: TuRU-Festschrift)

Da lag der erste TuRU-Platz an der Oberbilker Allee (Abb.: TuRU-Festschrift)

Die TuRU-Leute machten sich an die Arbeit. Gut eine halbe Million Ziegelsteine des Hauptgebäudes wurden abgetragen. Mit 8.000 Kubikmetern Erde wurden die Ziegellöcher verfüllt. Weitere 1.500 Kubikmeter Erde wurden bewegt, um ein ebenes Spielfeld herzustellen. Schließlich wurde eine 75 Meter lange, überdachte Sitzplatztribüne gebaut. 16.000 Zuschauer fanden in diesem „Stadion“
Platz. Da man damals noch nicht so genau auf Zuschauerbegrenzungen acht gegeben hat, sahen oft bis zu 20.000 Menschen die Spiele der Union und die ersten Spiele der TuRU. Der renovierte Platz des späteren Fusionspartners VfR gleich nebenan wurde nach dem Zusammenschluss zum Trainingsplatz – der ist der eigentliche Vorläufer des heutigen TuRU-Stadions.

die alte Holztribüne im Stadion an der Oberbilker Allee (Foto: TuRU-Festschrift)

Spielszene aus dem Spiel der TuRU gegen SW Barmen 1926. Im Hintergrund
die alte Holztribüne im Stadion an der Oberbilker Allee (Foto: TuRU-Festschrift)

Dass die TuRU mehr Fläche brauchte, wurde nach der Fusion schnell klar, denn auf dem Platz an der Oberbilker Allee wurde nicht nur Fußball gespielt, sondern auch Feldhandball und Feldhockey. Außerdem knapste die Reichsbahn dem Verein durch die Verbreiterung des Bahndamms um zwei Gleise etliche Meter Fläche ab. So wurde 1934 aus dem ehemaligen VfR- und TuRU-Trainingsplatz das TuRU-Stadion. Bis weit in die Fünfzigerjahre hinein blieb der ehemalige TuRU-Platz Trainingsgelände. Nach der Bahndammverbreiterung wurde allerdings die Leersenstraße aufgegeben; nun führte ein schmaler Weg direkt unterhalb der Gleise von der Oberbilker Allee bis zum Nebeneingang des Stadions (ungefähr da, wo heute der LiDL-Markt steht).

Beim TuRU-Pfingstturnier 1957 (Foto: TD)

Beim TuRU-Pfingstturnier 1957 (Foto: TD)

Das „neue“ TuRU-Stadion war an der Westseite mit einer überdachten Holztribüne versehen, die aber um 1960 herum aus Brandschutzgründen abgerissen und 1962 durch die noch existierende Betontribüne mit dem markanten Blechdach ersetzt wurde. Als der TuRU-Platz dann in den Siebzigerjahren zur „Bezirkssportanlage“ wurde, entstand der neue Zugang an der Feuerbachstraße; die Kassenhäuschen direkt am Bahndamm wurden aufgegeben. Zuvor grenzte die Anlage direkt an die Kleingärten, die es auf der Ostseite der Düssel gab und die am Hennekamp entlang bis zum Volksgarten reichten. Der Erweiterung des TuRU-Platzes fiel zuerst die Straße Am Leersenhof zum Opfer, und später dann auch die Hertefeldstraße, die einst an den Kleingärten entlang die Verbindung zwischen Hennekamp und Ringelsweide darstellte.

Die alte Holztribüne (Foto aus 1954: TuRU-Festschrift)

Die alte Holztribüne (Foto aus 1954: TuRU-Festschrift)

Erst Mitte der Sechzigerjahre entstand das Vereinsgebäude mit den Büros und vor allem den Kabinen und Waschräumen für die Spieler. Bis dahin zogen sich die Kicker wie seit 1906 immer in der Gaststätte En de Kull oder im Remscheider Hof um. Unter dem verstorbenen OB Erwin floss im Rahmen des „Masterplans Sport“ eine Menge Geld in die Bezirkssportanlagen, von dem auch der TuRU-Platz profitierte. Unter anderem wurden die Nebenplätze, auf denen 30 Jahre alte, rote Asche lag, modernisiert. Platz 2 bekam einen modernen Kunstrasen, Platz 3 wurde in einen zweiten Rasenplatz umgewandelt.

En de Kull, Oberbilker Allee (Foto: TD)

En de Kull, Oberbilker Allee (Foto: TD)

Zwischendurch war wieder einmal die Bahn am Zug, den wegen der neuen Bahnsteige des S-Bahnhofs Volksgarten wurde der Bahndamm wieder verbreitert, sodass die Hälfte der Stehplätze auf der Gegengerade wegfielen. Und nun fürchten die Freund:innen der Turn- und Rasensportunion wieder die Bahn, denn eine weitere Verbreiterung im Zuge des RRX-Projektes steht ins Haus. Welche Folgen das für das Stadion haben wird, ist noch offen.

[Mit großem Dank an Thomas Neubauer für die Inspiration und die Informationen! Fotos und Daten haben wir aus der Festschrift zum 140 Jährigen Jubiläum
der Turn- und Rasensport Union 1880 e.V. Düsseldorf]

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