Eigentlich könnte es ganz einfach sein, den zukünftigen Zweitliga-Dino im heimischen Volksparkstadion zu schlagen. Die Coaches müssten sich bloß einmal die Pokalniederlage des HSV in Dresden in voller Länge anschauen und dann das Rezept der Dynamos kopieren. Geht nicht? Geht doch, denn alles, was der frischgebackene Drittligist an mentalen Merkmalen einbrachte, hat das F95-Team der Saison 2020/21 auch. Und das gespielte System liegt unseren Jungs ebenfalls. Uneigentlich könnte es sein, dass sich Hamburger bekrabbelt haben und am Freitag ganz anders auftreten – wahrscheinlich ist das angesichts der besonderen Randbedingungen zwischen Elbe und Alster nicht.

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Die wunderhübsche Diva hat dagegen bei ihrem ersten ernsthaften Auftritt in neuer Formation überzeugt. Da muss man auch nicht lange rumschwafeln von wegen, das Team müsse sich noch finden und das Transferfenster stünde bis zum 5. Oktober offen – das ist bloß der übliche Spochtrepochterschwampf, mit dem manche Schreibfinken das schlecht informierte Fan-Volk bei der Stange halten wollen. Ihr erheblich ergebener Analyst sagt jedenfalls: Fortuna geht als Favorit ins erste Auswärtsspiel.

Der Spielplan

Wie tritt man gegen einen verunsicherten Gegner an? Aggressiv, natürlich! Heißt heute: Hohes, wildes Pressing von Anpfiff an. Also doch so, wie es die Dynamesen am Montag getan haben. Sollte die HSVler wider Erwarten offensiv beginnen und sich vom Forechecking nicht abschrecken lassen, hilft am besten das Spiel mit den Viererriegeln; also der nominellen Viererkette direkt am Sechzehner und wenige Meter davor eine Reihe mit den vier Mittelfeldmänner und einem der Außenläufer. Diese Ketten verschieben sich dann immer schön gegeneinander, wobei die beiden anderen Stürmer dann gern mal helfen, Überzahl am ballführenden Gegner zu erzeugen.

Theoretisch sind die Hamburger auf Außen schnell, was erwarten lässt, dass sie in der Offensive immer wieder versuchen, zur Grundlinie zu kommen, um von da aus zu flanken. Weil sich bei dieser Spielweise immer das meiste auf einer Seite knubbelt, muss die Abwehrreihe nur immer schön Mehrheit auf der jeweiligen Seite erzeugen.

Im Angriff dagegen ist maximale Flexibilität gefragt, denn mit den immergleichen Spielzügen und Laufwegen gewinnt man heute keinen Blumentopf mehr. Im Prinzip scheinen die Jungs, die gerade das F95 auf dem Herzen tragen, mindestens drei Offensivvarianten zu beherrschen. Ist Jean Zimmer an Bord, wird eben doch zur Grundlinie gerannt und dann geflankt. Auch gut. Schöner aber sind Dreieckskonstellationen an den Ecken des Strafraums, wenn sich also drei Kollegen relativ nah beieinander das Ei zuspielen wie im Training. Das führt dann entweder zur Grundlinienvariante, zu einem Pass in die Mitte mit anschließendem Torschuss aus der Halbdistanz oder dem Eindringen in den gegnerischen Sechzehner. Können die Herren in Weiß (oder Rot oder Schwarz) alles.

Ob sie auch das klassische Kontern, das ja heute „Umschaltspiel“ heißen muss, beherrschen, wissen wir mangels Gelegenheit noch nicht. Auch wie’s bei Standards aus der Distanz aussieht, wird sich zeigen müssen. Das gilt leider auch für Eckbälle, die ja inzwischen wie bei den Großen mit zwei Männern am Fähnchen ausgeführt wird – wer’s mag… Wie auch immer. Da der Spielansatz der Rothosen momentan nicht zu erahnen ist, werden die Coaches sehr flexibel reagieren müssen. Möglicherweise schon innerhalb der ersten zwanzig Minuten, vielleicht sogar mit einer taktischen Auswechslung. Für ein 2:1 aus F95-Sicht (das ist ein Tipp!) sollte es am Ende aber reichen.

Das taktische System

Eine der großen Leistungen der Leute hinter der Mannschaft – angefangen beim Sportdirektor über alle Insassen des sogenannten „Funktions-Teams“ bis hin zu den Coaches – ist es, die kurze Pause trotz hinkender Vorbereitung optimal genutzt zu haben. Das gilt vor allem für den Trainerstab, der sich ziemlich schlaue Gedanken über mögliche Spielsysteme gemacht hat. Wir wissen ja inzwischen, dass das 3-5-2 der Rückrunde, das Uwe Rösler spielen ließ, den von ihm vorgefundenen Bedingungen geschuldet war und seiner Meinung nach die bestmögliche Variante im Antiabstiegskampf war. Nun aber spielt die glorreiche Fortuna aber eben um den Aufstieg mit – ob Skeptiker das wollen oder nicht. Und da sind andere taktische Konzepte gefragt.

Erste Wahl wird ein echtes 4-3-3 sein. Also die klassische Viererkette um die Säulen Andre Hoffmann und Matthias Zimmermann herum, ergänzt durch einen Brecher als zweiten Innenverteidiger und einen auf links, der nicht so große Offensivambitionen hat, also Florian Hartherz. Der zweite Turm neben Hoffmann wird meistens Kevin Danso sein, aber nachdem, was der lange Jamil Siebert gezeigt hat, wird er – eine Einigung in Vertragsdingen vorausgesetzt – die Alternative sein. Und wenn’s mit den beiden Langen aus irgendeinem Grund nicht geht, dann macht’s eben Bodze; dass er’s kann, hat er gezeigt.

Für das Dreiermittelfeld gibt es eine Reihe von Varianten, die sich ergeben, weil dessen Insassen in der Regel keine Angriffsaufgaben zu übernehmen haben, sondern ganz klassisch die Absicherung nach hinten und vor allem den Spielaufbau. Endlich hat sich Marcel „Cello“ Sobottka ganz oben auf die Empfehlungsliste gesetzt! Wobei sich in Ingolstadt zeigte, dass er mit allen Neben- und Vorderleuten harmoniert. Was die Sache nicht einfacher macht, denn während Eddie Prib im Pokalspiel eine solide, überzeugende Leistung bot, blitzte das Sondertalent des Kuba Piotrowski nach seiner Einwechslung auf. Und wenn Bodze nicht den IV geben muss, sollte er den defensiveren Part im Mittelfeld übernehmen – allein schon, damit der Käpt’n auffem Platz steht.

Nun scheut man sich ja heute ein bisschen, vorne eine Dreierkette zu installieren, es sei denn, man wolle auf Champions-League-Niveau brillieren. Viele Trainer in den deutschen Liga haben dieses Scheinproblem umgangen, indem sie gern von einem 4-3-2-1 gesprochen haben. Aber das ist Augenwischerei, weil zwischen Mittelfeld, also Spielmacherei, und Angriff, also Torfabrik, gar kein Platz für zwei Kollegen sein sollte. Nein, es braucht zwei AußenSTÜRMER. Ob die nun mehr oder weniger weit vorne rumturnen, hängt von der Besetzung ab und kann bei Bedarf variiert werden.

Die mögliche Aufstellung

Sagen wir so: Rouwen Hennings ist aus vielerlei Gründen als Spitze gesetzt. Ähnlich wie bei Adam Bodzek tut es der Mannschaft immer gut, wenn er anwesend ist. Zweitens ist er eben ein in der Wolle gefärbter Knipser, der irgendwann immer einlocht, wenn er nur genug Pillen serviert bekommt. Wer ihm links und rechts zur Seite stehen sollte, ist eigentlich für die Partie gegen den HSV die schwierigste Frage. Nimmt man die sieben grandiosen Minuten des Nana Ampomah in Ingolstadt zur Hand, führt an ihm auf dem linken Flügel kein Weg vorbei. Lässt man das unermüdliche Treiben des Brandon Borrello noch einmal Revue passieren, erkennt man auch den als unverzichtbar. Die Lösung? Simpel: Der Mann mit dem schlimm blondierten Schopf kann rechts wie links, wäre also als rechter Außenstürmer vorstellbar.

Und der ebenfalls übelst blondierte Toni Pledl? Der Siegtorschützer, der nach seiner Einwechslung stellenweise ganz allein für Verwirrung und Schiss in Ingolstädter Reihen sorgte? Der Mann, der endlich den Hahn aufdrehen will? Der es leid ist, immer bloß abzusteigen, der auch mal wieder aufsteigen will? Oder der blutjunge Kelvin Ofori, der beim Pokalspiel auch ein paar Mal mit den Gegnern Slalom spielte. Beide sind Alternativen für die beiden Posten in der vorderen Dreierkette.

Das hört sich nach Dilemma an, ist aber eigentlich eine frohe Botschaft: Die Trainer haben die Wahl und können gerade im Sturm durch Personalveränderungen feintunen. Man imaginiere einmal, auch Dawid Kownacki und Emma Iyoha wären gesund, fit und auf der Höhe ihres Schaffens! Da könnte man jeden Gegner aber mal so richtig überraschen. Oder im Stile der gierigen Bayern fleißig rotieren. Das gilt übrigens auch, wenn auch in geringerem Maße, fürs Mittefeld, wo Prib oder Piotrowski (je nachdem, wer in der Startelf steht), aber vor allem Alfredo Morales und auch Shinta Appelkamp prima Alternativen sein können.

So richtig schwierig wird es wohl doch mit der Tormannfrage werden. Ihr ziemlich ergebener Berichterstatter hält wenig davon, Kastenmeier oder Wolf als Keeper Nr. 1 festzuschreiben, dafür sind sie viel zu unterschiedliche Torwarttypen. In Partien, bei denen vorher abzusehen ist, dass F95 das Spiel wird machen müssen, ist Flo die bessere Wahl, weil er eben Fußballer ist und sich aktiv an der Spieleröffnung beteiligen kann. Wenn die Fortuna fürchten muss, von einem maximal offensiven Gegner eingeschnürt zu werden, würde Raphael Wolf mit seinen Reflexen, seinem Stellungsspiel und seiner Erfahrung glänzen.

Ihr Ergebener empfiehlt Rösler und Konsorten jedenfalls die folgende Startaufstellung und würde folgende Kollegen aufs Bänkchen setzen: Raphael Wolf, Jamil Siebert, Jean Zimmer, Alfredo Morales, Kelvin Ofori, Toni Pledl und Eddie Prib; damit sollte die Fortuna für alle Eventualitäten gewappnet sein.

So könnte ein echte 4-3-3 in Hamburg aussehen

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