Vermutlich muss man vorsichtig mit den Begriffen umgehen, wenn man über einen gewissen Bert Wollersheim schreibt, der uns Düsseldorfer momentan von Dutzenden stationärer und mobiler Großplakate angrient. In seinem Wikipedia-Eintrag (Ja, der hat einen eigenen Artikel in diesem Online-Lexikon…) wird er „Bordellbetreiber“ genannt. Belassen wir es dabei und meiden wir Etiketten wie „Zuhälter“, „Lude“ und was es sonst noch an Rotlichtwörter für Typen gibt, die daran verdienen, dass sich Frauen prostituieren. Nun wird an dieser Stelle gern eingewendet, es handele sich ja gerade bei Wollersheim, den sie in der Stadt gern verniedlichend „Berti“ nennen, um einen, bei dem die Nutten gern und freiwillig arbeiten. Dieses positive Image hat er sich mit tätiger Hilfe diverser Print- und Fernsehjournalisten seit den frühen 200er-Jahre mühsam erarbeitet. Denn zuvor saß er bekanntlich eine Haftstrafte wegen „erpresserischen Menschenraubs“ ab. Dies als Folge einer Tat, wie sie in Luden-Kreisen über Jahrzehnte gang und gäbe war und heutzutage noch teilweise ist. Wollersheim ließ eine bis dato für ihn arbeitende Prostituierte entführen, um von deren neuen Zuhälter eine Ablöse zu erpressen.

Auch wenn die Sache fast zwanzig Jahre zurückliegt, kann man Wollersheim auch einfach als miesen Zuhälter sehen, der sich nicht anders verhalten hat als diese ganzen ekligen Typen, die überall in den Metropolen dafür sorgen, dass Männer gegen Geld ihren Sexualtrieb befriedigen lassen können. Ja, dass es auch selbstbewusste Nutten in selbstverwaltenen Betrieben gibt, die ihren Job gern machen, ist bekannt. Genauso bekannt ist aber auch, dass kaum eine Prostituierten nach dem Ausstieg (wenn sie den überhaupt je schafft) nicht traumatisiert wird leben können; von den Tausenden Zwangsprostituierten einmal ganz abgesehen. Nein, am Geschäftsmodell des Bert Wollersheim ist nichts Glamouröses, seine Betriebe sind auch nur schmierige Puffs wie man sie an jeder Landstraße in der Provinz findet.

Rethelstraße 77
Dass der merkwürdig frisierte Herr aus einem Dorf bei Bonn zum wahren Promi wurde, hat er seinen vielen Freunden aus dem Showbusiness und einer ganzen Schar von Journalisten zu verdanken, die ihn seit zig Jahren hofieren. Und das wird deren Schade nicht sein. Andere Promis wie der Schauspieler Ralf Richter, langjähriger Stammgast in den Bordellen auf der Rethelstraße, sowie jede Menge machohafte B-Promis aus Film, Funk und Fernsehen, sind mit Berti aufs Allerengste befreundet und betrachten den Ex-Frisör als einen aus ihren Kreisen. Gewisse Lokaljournalisten gingen in den drei Häusern, die als „Red Mile“ firmierten, ein und aus. Was dazu führte, dass sie empörte Artikel serienweise abließen, als ihr guter Kumpel in U-Haft kam. Da man ihm dieses Mal keine aktive Beteiligung an der massenhaften Ausraubung von Freiern nachweisen konnte, kam er frei. Ja, er empörte sich nun seinerseits darüber, dass derlei in seinen Bordellen geschehen konnte. Dies alles im Licht dauerhafter TV-Präsenz. Besonders die Doku-Soap über den Bordellbetreiber zeichnete ihn ganz im Wollersheim’schen Interesse als liebevollen Vater und respektvollen Ehemann mit einem riesengroßen sozialen Herzen. Unter PR-Profis würde man sagen: Image-Aufbau perfekt gelungen.

Im Zuge des Skandals zog er sich nominell aus den Puffs an der Rechtelstraße zurück, die inzwischen ein für allemal geschlossen sind. Wobei damit eine viel längere Tradition endet. Ihr ergebener Berichterstatter verdiente sich in den späten Sechzigerjahren ein Taschengeld hinzu, indem er Illustrierte austrug und die Abogebühren kassierte. Zu seinem Revier zählte auch die komplette Rethelstraße vom Brehmplatz bis zur Grafenberger Allee. Schon damals existierte in der Hausnummer 77 ein Betrieb, der hormongeplagten Kerlen den Zugang zu paarungswilligen Damen ermöglichte – gegen Geld, versteht sich. Und dieser Betrieb bezog gleich die fast komplette Palette an Zeitschriften, die ich zu bieten hatte. So klingelte ich einmal pro Woche am Rotlichthaus, wurde eingelassen und in die Küche im Erdgeschoss geführt. Man muss sich eine urgemütliche Wohnküche mit großem Esstisch vorstellen, in der zwei ältere Damen in Kittelschürzen für Speis und Trank sorgten und sich die Damen in den Pausen ihrer schweren Arbeit bei Kaffee und Marmeladenbroten aufhielten. Jedes Mal wurde mir dort eine Limo und ein Schnittchen angeboten, sodass ich schließlich meine Tour so umplante, dass ich die Hälfte exakt in der Rechtelstraße 77 um hatte.

Sauna- und FKK-Club
Nun kann man den Geschlechtsverkehr generell auch zu den Wellness-Operationen zählen – etwa wie eine Massage oder sportlichen Tätigkeiten à la Fitness-Studio. Aber dass die heutigen Betreiber von Bordellen ihre Etablissements mit Vorliebe „Fkk-Club“ oder „Sauna-Club“ nennen, ist an der euphemistischer Perfidität kaum zu übertreffen. Tatsächlich hat sogar der Gesetzgeber den Begriff „Kontaktsauna“ für das entsprechende Gesetzeswerk adaptiert. Das alles bwegt sich auf dem Niveau von Herrenwitz und Boulevardpresse, bei der ja immer von „blank ziehen“ die Rede ist, wenn sich eine Dame ganz oder teilweise auszieht. Auch von Entblättern ist die Rede, und immer schwingt dabei ein piefig-spießiges Grinsen rund um das Nacktsein mit. Nun hat es die echte Sauna so an sich, dass die Menschen sich darin nackt aufhalten – wer aber regelmäßig sauniert weiß, dass sich der erotische Reiz bei 90° in sehr engen Grenzen hält. Sich beim Betrieb eines Puffs also auf die Sauna zu beziehen, ist zumindest merkwürdig.

Richtig eklig wird es aber, wenn der Begriff „FKK“ zur Bemäntelung der gewerbsmäßigen Prostitution herbeigezogen wird. Denn die drei Buchstaben stehen bekanntlich für „Freikörperkultur„. Dabei handelt es sich um einen Teil der Reformbewegung aus dem Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts, bei der die Nacktheit als Möglichkeit der Freiheit und in Bezug auf Licht, Luft und Wasser gesundheitsfördernde Maßnahme betrachtet wurde. Oder wie es Wikipedia ausdrückt: „Anliegen dabei ist die Freude am Erlebnis der Natur oder auch am Nacktsein selbst, ohne sie als Ausdruck der Sexualität zu sehen.“

Und nun „Oceans“, der Riesenwellnesspuff in unmittelbarer Nähe zur JVA an der Theodorstraße. Schon im Vorfeld erfreute sich das aktuelle Wollersheim-Projekt einer breiten Medienberichterstattung, die weitestgehend freundlich ausfiel. Ausgiebig wurde über die Begehungen der Baustelle durch Lokalpolitiker berichtet, die natürlich alle vom Luxus beeindruckt waren und ihre Bedenken rasch zurücksteckten. Das ganze Ding ist so groß und schön und gesellschaftlich anerkennt, dass man dafür natürlich auch groß und schön Reklame machen kann. Und was wäre die Werbung für ein Düsseldorfer Bordell ohne das Gesicht von Bert Wollersheim – der im Übrigen und natürlich nur als Berater beteiligt war und ist.

2 Kommentare

  1. Karl-Heinz am

    Er ist nur die Figur auf der Kühlerhaube. Seine Frau, so munkelt man, ist eine 81-erin. Miese Zuhälter und Kriminelle haben ihn zum Medienliebling gemacht, damit sie ihren Geschäften unbeachtet nachgehen können. Das tun sie immer noch.