Sie treffen sich jeden zweiten Freitag im Monat um 19 Uhr „unorganisiert“ auf dem Fürstenplatz, um für knapp anderthalb Stunden die Innenstadt ein Stück weit dem Autoverkehr abzutrotzen und friedlich für sich zu erobern. „Critical Mass“ nennt sich die weltweite Bewegung, die auch in Düsseldorf seit mehreren Jahren mehr und mehr Fuß, sprich: Rad fasst. Dass diese Tour in der Tat „völlig unorganisiert“ und ohne Anmeldung bei den Behörden und der Polizei als spontane Radtour vonstatten geht, ermöglicht der § 27 StVO, wonach einem für andere Verkehrsteilnehmer erkennbarer geschlossener Verband von mehr als 15 Fahrrädern verkehrstechnisch und rechtlich der Status eines einzelnen Fahrzeugs zukommt, der – wie auch etwa ein Sattelzug – geschlossen die Kreuzung überqueren darf, auch wenn die Ampel inzwischen Rot zeigt. Überdies entfällt für einen solchen Verband jegliche Radwegbenutzungspflicht nach § 2 Abs. 4 StVO, wobei die Teilnehmer zusätzlich paarweise nebeneinander eine ganze Fahrbahnbreite für sich beanspruchen dürfen.
Zwei Stunden lang fahrradgerechte Stadt
Kaum Probleme
Der eine oder die andere unverbesserliche PS-CholerikerIn konnte, wie üblich, nur durch sanften Druck der Ordner-Radler im einen oder anderen Fall daran gehindert werden, mit ihrem Fahrzeug verkehrswidrig in den geschlossenen Pulk einzuschwenken, diesen gefährlich zu kreuzen oder die TeilnehmerInnen auf andere Art zu nötigen. In der Regel konnten die blitzschnellen Ordner jedoch solche Situationen freundlich deeskalieren und auch die Kreuzungen jeweils ohne Mühe für die Radler freihalten.
Rund ums Fahrradbarometer
Gestern ging es am Rheinufer vor dem Kit am „Fahrradbarometer“ vorbei, wo es für die TeilnehmerInnen Ehrensache war, mindestens eine Zusatzrunde zu drehen und damit den Zähler in die Höhe zu
jubeln. Dass einmal laut klingelnd die Kö entlang geradelt wird, gehört zum Understatement jeder Tour, ebenso wie übermütig mit ohrenbetäubendem Lärm durch die eine oder andere Bahnunterführung und am Ende zurück zum Fürstenplatz.
„Steigender Zuspruch“
Auch Daniela O. ist „von Anfang an mit dabei“ und war diesmal wieder als Ordnerin aktiv. „Es geht bergauf. Wir werden immer mehr“, meint sie begeistert und hofft, „dass es irgendwann einmal viertausend Radler wie in Hamburg sein werden, wo es zwanzig Minuten dauert, bis die eine Kreuzung überquert haben.“ Insgesamt „spürt“ Daniela „steigenden Zuspruch zu diesem friedlichen Protest“.
[© Günther A. Classen / Fotos: TextUnion]