Immer wieder wird behauptet, die Binnenschifffahrt wäre in besonderem Maße für die Luftverschmutzung verantwortlich – stimmt das?

Analyse · In unserer Rubrik „Rheinmagazin Düsseldorf“ haben wir mehrfach über die angebliche Umweltschädlichkeit der Binnenschifffahrt und die kommenden Antriebstechniken berichtet. Grundlegend und immer noch richtig ist der Gesamtvergleich zwischen den verschiedenen Gütertransportwegen im Hinblick auf die Menge der Emissionen. Danach sieht es bei der Binnenschifffahrt etwas schlechter aus als bei der Eisenbahn, aber erheblich viel besser als beim Lkw-Verkehr. Andererseits meldet das Umweltbundesamt aber auch an, dass die Schifffahrt erheblich zur Schadstoffbelastung in den Städten am Rhein bei. [Lesezeit ca. 3 min]

Das führte vor ein paar Jahren zu einigermaßen absurden Vorschlägen, zum Beispiel dem, eine Geschwindigkeitsbegrenzung für den Rheinschiffsverkehr zu verordnen. Ja, selbst die Überlegung, die Zahl der Schiffe, die gleichzeitig an Städten wie Duisburg, Düsseldorf, Köln oder Bonn vorbeifahren, zu begrenzen, kam auf den Tisch. Differenziert wurde selten. Vor allem in Bezug darauf, in welcher Weise genau die Dieselmaschinen der Binnenschiffe die Luftqualität in den Städten beeinflussen.

Höhe der Treibhausgas-Emissionen im deutschen Güterverkehr nach Verkehrsträgern im Jahr 2019 in Gramm pro Tonnenkilometer (Abb. statista 2022)

Tatsächlich werden immer noch gut 98 Prozent aller Binnenschiffe, sowohl im Güter- als auch im Personenverkehr, von klassischen Dieselmotoren angetrieben, die weit überwiegende Mehrheit davon stößt die Abgase ohne Partikelfilter aus. Außerdem produzieren diese Maschinen bauartbedingt erhebliche Mengen an Stickstoffoxid (NO2) aus. Laut Umweltbundesamt kann dieses von Binnenschiffen produzierten Stickstoffoxid bis zu 30 Prozent der gesamten lokalen NO2-Emissionen ausmachen. Ohne jetzt die Binnenschifffahrt zum Umweltsünder Nummer Eins zu machen: Diese N02-Belastung ist nicht hinnehmbar.

Schiffsverkehr auf dem Rhein (Foto: TD)

Auch wenn es – gerade in den Niederlanden – seit einigen Jahren rasche Fortschritte bei alternativen Antriebsarten (insbesondere Wasserstoff-Maschinen und elektrisch über mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellen) zu verzeichnen. Auch Gasturbinen, die LPG, CNG oder LNG verbrennen und dabei kaum N02 emittieren, sind in der praktischen Erprobung. Auch nimmt die Zahl der Schiffe zu, deren Dieselmaschinen mit Partikelfiltern und weiteren Methoden der Abgasreinigung ausgerüstet sind. Leider ist eine solche Nachrüstung bei vielen älteren Motoren kaum möglich und bei älteren Schiffen nur mit enormem Aufwand möglich. Da helfen selbst die diversen Fördermittel auf EU- und Staatenebene nicht viel.

Elektra – Pilotprojekt der TU Berlin rund um ein im Betrieb klimaneutralen Binnenschubboote (Abb. TU Berlin)

Das alles hat auch mit der extremen Lebensdauer dieser speziellen Maschinen zu tun. So kann man immer noch Schiffe hören, die während der Fahrt hörbar tuckern. Dabei handelt es sich um sogenannte „Langsamläufer“, und das Gros dieser Motoren ist 50, 60 oder mehr Jahre alt. Selbst die geräuscharmen „Schnellläufer“ haben oft schon 50 oder mehr Jahre Betrieb hinter sich. Mit einem raschen Austausch der Dieselmaschinen ist also nicht zu rechnen. Dabei gelten seit 2019 deutlich schärfere Grenzwerte, die aber kaum ein Binnenschiff aktuell erfüllt.

Das ist der Stand der Dinge. Dem über alles gerechnet einigermaßen umweltverträglichen Schiffsverkehr auf den Flüssen den schwarzen Peter zuzuschieben, geht an der Problematik vorbei. Und trotzdem tragen die Dieselmotoren der Binnenschiffe in den Städten am Rhein deutlich zur mangelhaften Luftqualität bei.