Das Wellenbad an der Grünstraße war anders als die anderen Hallenbäder. Nicht nur architektonisch, nicht nur wegen der schieren Größe und nicht nur wegen der Wellenmaschine. Sondern weil hier einfach nur geplanscht wurde und es keine Bahnenzieher gab, die in Ruhe hin und her kraulen wollten. War es voll, wogte eine bunte Menschenmenge durchs Wasser – vom fußflachen Nichtschwimmer bis zum „Tiefen“, das vor dem Sprungturm zu finden war. Das Ganze mitten in der Stadt zwischen Kö und Berliner Allee – das zeitweise größte Hallenbad Europas. Düsseldorfer*innen, die es aus Kindheit und Jugend kennen, haben die Lautsprecheransage noch im Ohr: „In fünf Minuten beginnt der Wellenbetrieb“.

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Wobei es Unklarheit darüber gibt, ob vom „Wellenbetrieb“ oder „Wellenspiel“ die Rede war; vielleicht gab es auch zwei Versionen, je nachdem, welcher Bademeister am Mikro saß. Die Prozedur, die vorm Betreten der imposanten Halle lag, war so wie in der Münsterpfütze oder im Kettwiger auch. Man zog die Badekleidung an, verstaute die Straßensachen in einem Spind, band sich den Schlüssel am Bändchen ums Handgelenk und ging unter die hygienische Zwangsdusche. Dann durfte man rein. Schon vor den Glastüren roch man es, dieses Wasser, das angeblich so viel weniger gechlort war als anderswo. Und wenn gerade der Wellenbetrieb lief, hörte man dieses Geräusch, das man sonst nur am Meer findet.

Wo heute das sogenannte „Stilwerk“ existiert, lag früher das Wellenbad

Sport fand im Wellenbad nur im Rahmen von Wettbewerben statt, zum Beispiel bei den Deutschen Meisterschaften der Kunstspringer in den frühen Siebzigerjahren. Da waren die Tribünen auf den seitlichen Emporen proppevoll, wo man sonst dort doch gern ein bisschen chillte, wenn man genug vom Wasser hatte. Gern auch paarweise und dicht beieinander. Und wenn das Taschengeld reichte, besuchte man vor oder nach dem Planschen gern das Eiscafé oben auf dem Plateau hinterm Zehnmeterturm.

Als das Wellenbad 1966 eröffnet wurde, nahm es den Platz des Volksbades von 1888, das man sich so ähnlich vorstellen muss wie das Hallenbad an der Münsterstraße, nur erheblich angeranzt. Nachdem sich der Rat der Stadt zum Neubau durchgerungen hatte, wurde der alte Bau 1959 abgerissen. Man hatte den renommierten österreichischen Architekten Florian Grünberger verpflichten können, der in seinem Heimatland schon mehrere hochgelobte Hallenbäder entworfen hatte. Viel Licht sollte sein, viel Luft, viel Großzügigkeit. Und diese Ziele wurden erreicht, wobei es beim Bau doch einige technische Schwierigkeiten gab, sodass sich die Eröffnung um fast zwei Jahre verzögerte.

Tatsächlich war das Wellenbad auch das erste moderne Hallenbad der Stadt – die ebenfalls zeitgemäßen Bäder in Unterrath und Oberkassel folgten später. An der Münsterstraße handelte es sich um eine klassische Badeanstalt im Sinne der „Volksgesundheit“, die ja seit der Gesolei von 1926 nicht nur in Düsseldorf ein großes Thema war; dort ging man hin, um sich eine Stunde in der Badewanne zu gönnen, denn bis weit in die Sechzigerjahre hinein hatte noch lange nicht jede Familie ein Badezimmer.

Das Hallenbad an der Kettwigerstraße, Vorläufer vom „Düsselstrand“, war dagegen schon auf den Schwimmsport und vor allem auch auf den Schwimmunterricht der Schulen ausgerichtet, verfügte aber ebenfalls noch über Badewannenkabinen – die gab es an der Grünstraße dann nicht mehr. Insofern war die schöne Halle im Häuserblock hinter dem Autohaus Moll mit dem Wellenbetrieb ein Vorläufer der heutigen Spaßbäder. Aber natürlich war es ein ungeheurer Luxus, dass mitten in der teuersten Gegend der Stadt ein öffentliches Gebäude mit sozialer Funktion existierte. Das fanden die Immobilenspekulanten unmöglich und machten der Stadt Mitte der Neunzigerjahre ein unmoralisches Angebot. Für 40 Millionen DM wurde das Grundstück vertickt und das Wellenbad mir-nichts-dir-nichts abgerissen. Ewig schade…