Wenn Hunde Möbel wären, würden einem sicher alle vom Windhund abraten: Der Bezugsstoff ist einfach zu empfindlich. Das erfährt mancher Halter eines Sichtjägers erst, wenn der Schnellköter erstmals gebissen wird. Ja, Hunde beißen. Und zwar besonders gern sich gegenseitig. Wobei das Beißen eines anderen Hundes nicht grundsätzlich ein Akt der Aggression ist. Im wilden Spiel wird mit dem Fang gekniffen und gezwickt und eben auch mal zugebissen. Fell und Unterfellfett (Speck) schützen dabei die Durchschnittstöle vor Verletzungen. Das ist bei einem dünnen Hering wie unserem Clooney anders: kurzes Fell und nix darunter. Da braucht’s nicht viel Zahn, um eine blutende Wunde zu erzeugen. Erwischt hat’s den Bub am Sonntag beim Spaziergang an den Neusser Rheinwiesen. Der Täter und seine Halterin sind uns entwischt. Dabei hatte ich noch gescherzt, man sollte den schwarzen Kombi da hinter uns vorsichtshalber fotografieren, denn da saß ein schwarzer Hund drin, der von seiner Halterin ebenfalls Richtung Rhein ausgeführt wurde.

Jedenfalls sprang Clooney oben auf dem Deich fröhlich hin und her, um diverse Artgenossen auszuchecken. Das in unserem Rücken. Plötzlich kam er über die Böschung zu uns und an uns vorbeigaloppiert. Dann schnupperte er ein bisschen, und wir sahen da einen Fleck an seinem rechten Hinterschinken. Schmutz, dachte ich. In den kommenden anderthalb Stunden ließ der Sloughi sich nichts anmerken, trabte, galoppierte, rannte und raste wie sonst auch. Erst beim Einsteigen ins Auto erkannten wir, oha, der ist gebissen worden. Da waren die Dame mit dem Audi und ihr Köter längst über alle Neusser Berge. Zuhause wurde die Wunde dann desinfiziert. Aber Clooney schien das alles nicht weiter zu stören. So verlief der Rosenmontag wie ein Sonntag – einen 2-Stundengang mit Freunden und deren Tibet-Fluse inklusive. Offensichtlich war die Rennerei dann aber doch zu viel – die Wunde vergrößerte sich und nässte zusehends.

Also ging’s am Dienstagmorgen sofort bei Öffnung der Kleintierpraxis unseres Viehdoktors Reinhold Zude. Der wirkt ja nur zwei Häuser weiter und hat Pina in ihren letzten Lebensjahren wunderbar betreut und uns und ihr einen würdigen Abschied bereitet. Zum zweiten Mal in seinem jungen Leben musste Clooney auf den Tisch. Oben angekommen legten ihn Veterinär und Helferin gekonnt auf die Seite, während ich seinen Kopf hielt und ihn beruhigte. Was soll ich sagen? Der Junge war sehr tapfer und zappelte nur wenig herum. Ab und an seufzte er. Aber nicht einmal als ihm Zude die volle Ladungen Desi auf die Wunder gab, quiekte er. Sogar das Brummen des Rasierers – sonst eines seiner Hassgeräusche – nahm er klaglos hin. Also mähte der Doktor eine quadratische Lichtung ins Fell, sodass die Wunde gut zu sehen und zu bearbeiten war. Den Gegenbiss (Bei jedem Hundebiss gibt es immer auch den Abdruck des Zahns bzw. der Zähne des anderen Kiefers) fand er auch, nicht mehr als eine Druckstelle. Der böse Zahn war aber bis in den Muskel vorgedrungen, das Loch ist etwa so groß wie der Nagel des kleinen Fingers.

Die Alternative in einem solchen Fall ist es, die Wunde einfach verschorfen zu lassen oder aber zu nähen bzw. zu tackern. Weil sie bei Clooney aber noch nässte, hätten Drainageröhrchen gelegt und später gezogen werden müssen. Wir beschlossen gemeinsam, es erst einmal ohne OP zu probieren. Also wurde das Loch sorgfältig gesäubert. Ich bekam von dem schlimmen Desi-Zeuch mit und sollte Rivanol-Salbe besorgen. Also wird die Wunde nun alle anderthalb Stunden oder nach jedem Gang gesinfiziert und gesalbt. Das Desi-Mittel lässt der Bub in Ruhe, aber die Sabe schleckt er nach einer Weile ab. Trotzdem wirkt die Therapie – die Wunde ist trocken, und an den Rändern beginnt die Verschorfung. Unser Halbgott in Weiß ist ganz zufrieden. Am Freitag entscheiden wir, ob trotzdem operiert werden muss.