Bericht · Als der Rheinpegel bei Düsseldorf nach dem großen Regen in der Nacht vom 13. auf den 14. Juli innerhalb von 48 Stunden von rund fünf Meter auf über sieben Meter anstieg, fürchteten viele Menschen in der Stadt, dass auch der Strom zu einem Jahrhunderthochwasser anschwellen könnte. Tatsächlich meldete die Pegeluhr an der Rheinpromenade am Samstag, 17. Juli 2021 vormittags mit 7,60 Metern den Höchststand. Seitdem ist der Rhein wieder auf rund 6,70 Meter abgesunken. Damit war der Wasserstand weit entfernt von den Rekordpegeln der vergangenen hundert Jahre. [Lesezeit ca. 4 min]

10.1.2011: Vorsichtshalber gesperrt (Foto: TD)

Mit 11,10 Metern erreichte der Pegel am 2. Januar 1926 seinen bisherigen Rekordwert. Überhaupt besteht die größte Gefahr von Hochwasserereignissen in unserer Region rund um Weihnachten – frühestens Ende November, spätestens Mitte Februar. Wobei die Wahrscheinlichkeit, dass der Rhein so weit über die Ufer tritt, dass Wohngebiete überflutet werden, in Düsseldorf äußerst gering ist. Rein statistisch liegt das mittlere Hochwasser (MHW) bei 6,84 Metern. Das Untere Rheinwerft wird erst bei einem Pegel von etwas über acht Metern nass. Erst bei einem Wasserstand von 13 Metern und mehr, würde auch die Rheinpromenade überflutet, und Wasser flösse in die Altstadt.

2018: Ein Steiger am Unteren Rheinwerft bei auflaufendem Hochwasser (Foto: TD)

Das sieht in anderen Stadtteilen, deren Ufer niedriger liegen, natürlich anders aus. Am meisten gefährdet sind die Rheindörfer von Urdenbach über Himmelgeist bis Hamm. Warum aber läuft die Brühe wesentlich häufiger in Köln in die Wohngebiete? Weil es dem Rhein südlich der Domstadt an Auslauffläche mangelt. Den größten Hochwasserschutz für unsere schöne Stadt bildet die Urdenbacher Kämpe mit dem Altrhein, die schon bei Pegelständen von um die 6,50 teilweise oder ganz überflutet wird. Das aber nimmt der jeweiligen Hochwasserwelle viel von ihrer Wassermenge. Der Pegel ist mit drei wesentlichen Markierungen versehen:

  • Hochwassermarke I (H_I): Ab einem Pegelstand von 7,10 Meter unterliegt die Schifffahrt ersten Beschränkungen; u.a. müssen die Schiffe talwärts mit reduzierter Geschwindigkeit und in der Strommitte fahren.
  • Hochwassermarke II (H_II): Übersteigt der Pegel die Marke von 8,80 ist der höchste Schifffahrtswasserstand (HSW) erreicht, und der Verkehr auf dem Rhein wird eingestellt.

2020 Hochwasser in der Urdenbacher Kämpe (H. Kendelbacher für TD)

Erreicht der Rhein einen Wasserstand von 7,80 Metern, werden Schutzmaßnahmen eingeleitet. Die bestehen vor allem darin, dass die Fluttore in Hamm am Ende der Fährstraße, am Alten Hafen und in Kaiserswerth am Alten Zollhaus verschlossen werden. Außerdem werden die für den Hochwasserschutz verantwortlichen Mitarbeiter der Stadtentwässerungsbetriebe in Alarmbereitschaft versetzt, die dann neben dem Schließen der Fluttore für den Aufbau der Stromleitwand an der Theodor-Heuss-Brücke und die ständige Kontrolle der Deichbauwerke zuständig sind. Diese und alle weiteren Maßnahmen sind in Düsseldorf im „Arbeitsplan Hochwasserschutzdienst“ festgelegt.

Januar 2018: Das Untere Rheinwerft ist abgesoffen (Foto: TD)

Auch wenn in der vergangenen Woche besonders über die Bäche, die von den Osthängen des Bergischen Landes herabfließen, innerhalb kürzester Zeit aufgrund langanhaltenden Starkregens schier unvorstellbare Wassermassen über die Düssel und ihre Haupt- und Nebenarme, über die Itter und den Hoxbach in die Stadt kamen, hatte diese kaum Einfluss auf den Rheinpegel. Nur die Nebenflüsse und -bäche südlich von Köln ließen den Fluss ansteigen. Die Mosel, die Ahr, die Sieg und die Wupper brachten so viel Wasser mit, dass dadurch der Pegel stieg. Wobei der beschriebene Anstieg von zwei Metern in 48 Stunden darauf hindeutet, welche Wassermassen bis zur jeweiligen Mündung gelangten – denn der größte Teil des Regens sorgte ja für die furchtbaren Überschwemmungen in der Eifel, im Ahrtal und bei Erftstadt.

März 2020: Die Oberkasseler Brücke morgens bei Hochwasser (Foto: TD)

Alle Starkregenereignisse im Sauerland und im Bergischen Land brachten so gut wie keine Veränderungen des Wasserstandes am Rhein, sondern wirkten auf die Ruhr ein, die zwischen Schwerte und Mülheim für neue Rekordpegel dieses Nebenflusses sorgte. Das sogenannte „Weihnachtshochwasser“ wird dagegen vor allem vom Schmelz- und Regenwasser in den Alpen und am Oberrhein sowie durch den Main und die Saar gespeist. Weil in den Alpen immer weniger Schnee fällt und die Regenmengen im Dezember seit Jahren sinken, ist die Gefahr von Hochwasserkatastrophen bei uns am Niederrhein sogar geringer geworden. Pegelstände jenseits der 10-Meter-Marke werden bei Düsseldorf seltener bis unwahrscheinlich.

Dass der Wasserstand in diesem Juni und Juli überhaupt so hoch anstieg, kam aufgrund der immer wiederkehrenden Dauerregenfälle seit Mai zustande. Die Regenmengen im gesamten Einzugsgebiet des Rheins waren dieses Jahr ungewöhnlich hoch. Daran änderte auch die kurze Dürrephase im Juni nichts.