Wir haben uns lange gewehrt gegen diese komischen Silberscheiben voller Musik. Das lag an der recht großen Sammlung an Vinyl und Musikkassetten, die eigentlich unsere Bedarf an Lala deckte. Außerdem waren CDs auch bloß neumodischer Kram für Technikfreaks. Und dann hieß es auch noch, beim Digitalisieren würde eh die Hälfte wegfallen. So redet man sich ja Neuerungen gern mal schlecht. Als dann aber irgendwann im Jahr 1991 mein Walkman den Geist aufgab, dachte ich: Mmmmmh, warum dann nicht gleich ein Discman? Dass die nächste portable Lösung wieder von Sony kommen musste, war klar. Denn wir waren damals in dem Maße Sony-Jünger wie die heute die Apple-Fanboys dem angebissenen Obst anhängen. Im Funkhaus Evertz an der Kö versicherte man mir dann zudem, dass ich das Ding problemlos an die Stereoanlage anflanschen und den Supersound der kratzerfreien Scheibe genießen könne. Da war’s um mich geschehen, und ich berappte sage-und-schreibe fast 800 Deutschmark für den schicken portablen CD-Player.

Und weil der schonste Spieler nichts ist ohne Tonträger, erwarb ich gleich 1 CD (in Worten: EINE) dazu, um so Frau und Kinder, Freunde und Verwandte zu beeindrucken. Warum ich ausgerechnet zum selbstbenannten Opus des US-amerikanischen Singersongwriters Marc Cohn griff, ist mir aus heutiger Sicht ein Rätsel. Muss daran gelegen haben, dass ich „Walking in Memphis“ kannte, ein Lied, das ich bis auf den heutigen Tag liebe – und zwar NUR in der Version des Marc Cohn. Dass ich den Song und das Album mochte, hatte sicher etwas mit dem Film „Mystery Train“ des genialen Regisseurs Jim Jarmusch zu tun, der 1990 in die hiesigen Kinos kam. Denn dieser witzig-melancholische Streifen mit einem Schuss Krimi und einem Elvis, der – genau wie im Song erwähnt – durch die Stadt geistert, spielte nicht nur in Memphis, sondern berührt dieselben Themen wie das Lied. Dort heißt es u.a. „Saw th Ghost of Elvis on Union Avenue“…

Jedenfall kam der Discman zuhause an den Yamaha-Verstärker, die CD wurde eingelegt und alle Systeme gestartet. Und, wow, hörte sich grandios an: glasklar, mit viel Tiefe, schönen Höhen und ordentlichen Bässen. Dass die mitgelieferten Ohrhörer das nicht brachte, enttäuschte nicht, aber dann der testweise angeschlossene Studiokopfhörer, der ein Doppel-Wow auslöste. Drei Tage lang hörte ich das Album rauf und runter, zuhause auf dem Sofa und in der Badewann, unterwegs in der Straßenbahn und im Zug. Dann kam, was kommen musste: CDs wurden dutzendweise gekauft. Anfangs erstand ich systematisch Alben, die ich schon auf Vinyl hatte, dann Alben, die ich immer schon mal haben wollte, und nach einem Jahr habe ich dann CDs aus denselben Gründen und auf dieselbe Weise gekauft wie zuvor Langspielplatten.

Der Discman hat übrigens bis weit in die Nuller-Jahre überlebt als CD-Player bei einem Familienmitglied. Kaputtgegangen ist er meines Wissens nie, nur irgendwann weggekommen. Wie das so geht mit Sachen. Aber die erste CD von Marc Cohn, die besitze ich immer noch. Höre sie aber selten, weil die CDs bei mir inzwischen fast ausgedient haben und fast alles, was ich höre, aus dem Digitalen (gerippte CDs, heruntergeladene Songs, Streaming-Dienste) stammt.

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