[Eine Polemik]…sorry, ihr müsst jetzt ganz stark sein: Ihr seid nicht die armen Opfer der bösen, bösen Umweltspur, nein, ihr seid das Problem. Wenn ihr nicht täglich zu 300.000 (davon über 200.000 per Pkw) in unsere schöne Stadt einfallen würdet, bräuchten wir keine Umweltspur und auch keine Fahrverbote. Stellt euch mal vor, wir Düsseldorfer würden Werktag für Werktag mit stinkenden Krachschüsseln in euren öden Käffern einfallen und dabei die jeweilige Einwohnerzahl mal eben um 50 Prozent erhöhen. Wie würde euch das gefallen? Kurz und gut: Ohne Berufspendler könnte Düsseldorf noch viel schöner sein.

„Ja, aber…“ höre ich euch schreien, „wir müssen doch irgendwo arbeiten und Geld verdienen!“ Hättet ihr euch vielleicht früher überlegen sollen. Also bevor ihr mit Kind und Kegel ins Umland gezogen seid, weil das das Bauen, Kaufen und Mieten so schön billig ist. Oder seid ihr da in Jottwede eines Tages aufgewacht und habt herausgefunden: „Huch, hier in der Pampa gibt’s ja gar keinen Job für mich.“ Nein, ihr wusstet, was ihr tut mit eurer Geiz-ist-geil-Mentalität und dem ultraspießigen Wunsch, die Brut möge im Grünen aufwachsen. Wofür sie euch übrigens hassen wird, denn Jugendliche wollen Spaß und Gesellschaft jenseits von Schützenverein und Dorfidylle.

Okay, okay – diese nur leicht überspitzte Kritik betrifft ja ausschließlich diejenigen von euch, die mal Düsseldorfer waren und was Besseres haben wollten. Was habt ihr stattdessen gekriegt: Stau. Und weil das Pendeln per Pkw ganz schön ins Geld geht, habt ihr euch alle Diesel angeschafft von wegen des niedrigen Verbrauchs. Weil ihr eure unschönen Vorstädte und niederrheinisch bis bergischen Dörfer nicht vollstinken wollt, fahrt ihr morgens schnell raus auf die Autobahn, um dann in Düsseldorf die Luft zu verpesten.

Nein, das ist nicht sehr übertrieben. Wir Düsseldorfer fahren nämlich nicht mit dem Motorkarren in der Stadt herum; Umfragen zeigen, dass eine messbare Mehrheit gern per ÖPNV und Fahrrad in der City unterwegs ist und die Zahl der (jungen) Menschen, die gar kein Auto mehr haben wollen, kontinuierlich steigt. Und kommt bloß nicht auf die blöde Idee, eure Pendelei brächte Düsseldorf ja erst den Wohlstand. Bullshit! Die vielen angependelten Arbeitsplätze sorgen vor allem für eins: Wachstum. Und das Wachstum der Stadt führt zu mehr Verkehrschaos, steigenden Mieten und galoppierender Wohnungsnot. Brauchen wir beides nicht.

Weil ihr, liebe Pendler, so gern jammert, wie lange ihr wieder im Stau gestanden habt, wie viel teurer das Autofahren doch geworden ist, seid ihr eine prima Manipulationsmasse für diese ganzen miesen Klimawandelleugner, die nur im Sinn haben ihre Pfründe zu sichern. Das gilt vor allem für Lokalpolitiker, die sich die Hände reiben, weil sie nun ein Thema haben, mit dem sie dem noch regierenden OB Geisel (der sowieso nicht wiedergewählt wird) einen reinwürgen können. CDU-Fuzzis entblöden sich nicht einmal, die Umweltspur in „Geisel-Spur“ umzubenennen. Und vergessen bei ihrem Kassandra-Gegröle, dass sie sich ja Düsseldorfer Wählern stellen müssen und nicht euch Pendlern, die ihr irgendwo zwischen Tönisvorst und Heinsberg, Radevormwald und Pulheim vegetiert und dort eure Stimmen abgeben dürft.

Den Vogel schießt aber diese Type von der Kö-Interessengemeinschaft ab, der sich in einem länglichen Pamphlet, das an die Presse ging, zu der Behauptung versteigt, die Umweltspur fördere die Spaltung der Gesellschaft, und wenn „die Leute“ nicht mehr auf der Kö shoppen, sondern in Ratingen oder Neuss (Shoppen in Ratingen oder Neuss? Ernsthaft?), dann gingen in Düsseldorf bald die Lichter aus. Dümmer geht’s nimmer. Und, ja, in einem Punkt hat der Mann Recht: Die Umweltspur spaltet die Gesellschaft in der Stadt, nämlich in die Einwohner und die Pendler.

Liebe Pendler, es gibt kein Menschenrecht auf staufreie Fahrten zur Arbeit und kostenlose Parkplätze daselbst, wohl aber auf physische Unversehrtheit. Für letztere hat die Politik zu sorgen, was im Falle einer Metropole wie Düsseldorf nichts anderes heißt, als kurzfristig die Zahl der Kraftwagen, die von außen reinkommen, drastisch zu reduzieren, und langfristig den Verbrennungsmotor ganz auszusperren. Ist so, da könnt ihr noch so sehr jaulen.