…eigentlich sollte ich schreiben „Böser, böser Bernd Bruns“, denn du bist der Gnom, der mit seinem selbstgebastelten Elektroroller samt rotierendem Warnlicht immer wieder sogenannte „Demonstrationen“ der sogenannten „Corona Rebellen Düsseldorf“ anmeldest und organisiert. Also, böser, böser Bernd Bruns, ich kenne dich, und du kennst mich. Vor gut 40 Jahren zählten wir beide zur ersten Generation der Düsseldorfer Grünen. Du warst mit deinem Unimog einer unserer Helden. Ich erinnere mich an die Räumung einer Hausbesetzung auf der Kronprinzenstraße im Sommer 1982. Du hattest den Unimog vor dem Haus Nummer 121 (glaube ich…) geparkt, und wir saßen drin und schauten uns ein Fußballspiel an. Denn von Mitte Juni bis Mitte Juli lief die WM 1982 in Spanien.

Auf dem Gehweg hatten Sympathisanten der Hausbesetzer Tische aufgebaut, die Stimmung war gelöst. Plötzlich bemerkte ich Bewegung an der Ecke der Kronprinzenstraße zur Bilker Allee. Um die Ecke war eine Hundertschaft Polizei aufgestellt, die auf Befehl losstürmte, in die Straße hinein, im Laufschritt, bewaffnet mit Knüppeln und CS-Gas. Die Cops prügelten alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellte. Ich rettete mich in einen Hauseingang gegenüber. Drückte alle Klingeln. Jemand ließ mich ins Haus. Eine junge Frau mit blutüberströmtem Gesicht schaffte es gerade noch mit hinein. Später stellte sich heraus, dass die Ordnungshüter mehrere Scheiben an deinem Unimog eingeschlagen und Massen an Reizgas ins Innere gesprüht hatten.

Bei jeder Anti-AKW-Demo warst du mit deinem eigentlich völlig blödsinnigen Auto dabei, später auch bei den Friedensdemos. Der ehemalige Sanitätswagen war perfekt ausgerüstet, u.a. mit einer autonomen Stromversorgung, mit der eine professionelle Lautsprecheranlage betrieben werden konnte. Denn du warst und bist ein Technik-Freak und Frickler, ein Bastler, der um des Bastelns willen bastelt. Einmal besuchte ich dich zuhause, ich meine, es sei auf der Martinstraße gewesen. Du führtest mich in einen geheimen, vermutlich illegal ausgebauten Dachboden. Der war so niedrig, dass selbst du kaum aufrecht drin stehen konntest. Dort hattest du ein halbprofessionelles Sendestudio eingebaut, also nicht bloß Funkamateurkram, sondern auch UKW-Sender. Aus der Szene kamst du ja, hattest den sogenannten Krankenhausfunk in Düsseldorf initiiert.

Du hast dich damals schon als Rebell betrachtet. Das hat vielen von uns, die wir die Schnauze voll von der bürgerlichen Lethargie und von den Unpolitischen hatten, einigermaßen imponiert. Wenn wir aber in deiner Abwesenheit über dich redeten, hielten viele nicht damit hinter dem Berg, dass sie der Ansicht waren, du hättest ziemlich einen an der Klatsche. Mit der Zeit verlor ich dich aus den Augen, und erst in der ersten Hochphase des WWW Anfang der Nullerjahre kamst du mir wieder unter. Und zwar in Form einer krawalligen Website, die für das Recht focht, Angehörige nicht beerdigen zu müssen, sondern deren Asche in der heimischen Stube aufzubewahren. Wäre ja okay gewesen, aber du entwarfst eine allumfassende Verschwörungstheorie rund um das Thema, die alle möglichen Institutionen einschloss. Da wusste ich: Jetzt ist er durchgeknallt.

Wieder verschwandest du von meinem Schirm. Bis ich Fotos von den Treffen der Verwirrten auf dem Burgplatz sah, also von den Corona-Leugnern und dem ganzen mehr oder weniger ekligen Umfeld – rechtsradikale Schläger inklusive. Vorne dran du mit deinem albernen Roller. Äußerlich jetzt noch mehr Gnom als in den alten Zeiten. Lieber Bernd, ehemaliger Freund, ich könnte nun sagen: Nun lasst den alten Sack doch, der war schon immer gegen dies und jenes, a rebel without a clue, der wollte immer alles mit Ausrüstung lösen, der hat jetzt ein Thema gefunden, das ihm 15 Minuten Ruhm bringt, eine Rolle, die ihn glücklich macht. So einfach ist es nicht: Du hast viel Schuld auf deine Schultern geladen. Du hast Menschen, die verwirrt sind, sich Sorgen machen und sich artikulieren wollen, den dreckigen Arschgeigen aus dem rechtsextremen Sumpf in die Arme getrieben. Du, böser, böser Bernd Bruns spielst seit März den Steigbügelhalter der antidemokratischen, menschenverachtenden Brut. Und das kann ich dir nicht verzeihen.