Meinung · Natürlich würden eingefleischte F95-Fans sich wünschen, dass unser Shinta Appelkamp auf ewig Fortune bleibt. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass der Junge so lange für Rotweiß kickt wie beispielsweise Lumpi Lambertz, ist gering. Denn der Fußball hat sich in den letzten zehn Jahren einfach zu sehr verändert. Momentan hadern nicht nur die Anhänger damit, dass er von Cheftrainer Preußer nicht durchgehend in die Startelf gestellt wird. In neun Partien kommt Shinta nun auf 428 Spielminuten, also nach Adam Riese durchschnittlich auf knapp 48 Minuten pro Spiel. [Lesezeit ca. 3 min]

Unterstützt TD!
Dir gefällt, was The Düsseldorfer über die Fortuna schreibt? Und vielleicht auch die Artikel zu anderen Themen? Du möchtest unsere Arbeit unterstützen? Nichts leichter als das! Hilf uns durch das Abschließen eines Abos oder durch den Kauf einer Lesebeteiligung – und zeige damit, dass The Düsseldorfer dir etwas wert ist.

Ein Problem mit Christian Preußer ist, dass er auf klare Fragen nicht immer klare Antworten gibt. So hält er mit den Gründen für die teilweise Nichtberücksichtigung des 20-Jährigen mehr oder wenige hinter dem Berg. Als Chefcoach hat sich Preußer vor allem um die sportliche Seite zu kümmern, müsste also durch Trainingsleistungen, Schwächen bei den Einsätzen, Formschwankungen oder die berühmte Belastungssteuerung motiviert sein, Shinta so oft außen vor zu lassen. Über die ersten drei Punkte äußert sich der Trainer eher ausweichend. Als Begründung für die Belastungssteuerung wird gelegentlich die Mehrbelastung durch die Einsätze in der U21-DFB-Auswahl genannt.

Diese Aussagen sind zumindest fragwürdig. Schaut man sich das 18-jährigen Supertalent Florian Wirtz von Bayer Leverkusen an, dann kommt der bei acht Einsätzen in der Bundesliga und der Europe League inzwischen auf 522 Spielminuten. Allerdings wurde er bei der U21-Nationalmannschaft in dieser Saison noch nicht berücksichtigt. Der Durchschnitt liegt also bei ungefähr 65 Minuten pro Partie. Seit dem 4. Spieltag stand er immer in der Startelf und kickte jeweils mindestens 75 Minuten mit.

Ein Grund für die geringen Einsatzzeiten vermuten viele Experten in den andauernden Experimenten Preußers rund um das Mittelfeld und den Sturm der Fortuna. Die mutigste Variante wäre, das sieht nicht nur Ihr Ergebener so, Shinta als echten Zehner mit maximaler Narrenfreiheit einzusetzen. Einen Konkurrenten für diese Position hat er nicht. Einige schreibende Kollegen vertreten die Ansicht, dass der Trainer gut beraten wäre, das jeweils gespielte System rund um Appelkamp zu konstruieren. Wie gesagt: Das wäre mutig, weil das Team dann offensiv auf Gedeih und Verderb von Shintas Tagesform abhängig wäre. Übrigens kann der Deutschjapaner nicht nur Spielmacher, er hat zudem sogar gewisse Torjägerqualitäten.

Nun wissen wir ja, dass der Fußball eben nicht nur mehr eine sportliche Seite hat, sondern massive wirtschaftliche Aspekte. Gerade für „ärmere“ Vereine, zu denen auch die glorreiche Fortuna zählt, sind Transfererlöse eine, wenn nicht die wichtigste Finanzierungssäule. Das bedeutet konkret, dass der Verein grundsätzlich anstreben muss, Kicker preiswert oder kostenlos zu erwerben, sie dann zu entwickeln, um nach gegebener Zeit nennenswerte Ablösesummen zu erzielen. Das gilt natürlich in besonderem Maße für Spieler, die aus dem eigenen Nachwuchs kommen – wie aktuell eben Shinta Appelkamp und zukünftig Daniel Bunk (U19), David Savic (U17) und drei, vier weitere Talente.

Konkret bedeutet es, dass ein Appelkamp praktisch eine Aktie ist, auf deren Kurssteigerung die Fortuna setzt, ja setzen muss. Nur: Wie steigert man den Marktwert eines jungen Spielers? Er muss öffentlich sichtbar werden; auf jeden Fall im eigenen Team, aber eben auch in den Nationalmannschaften. Die Kunst ist aber, ein Talent beim Versuch, ihn dauerhaft ins Schaufenster zu stellen, nicht zu verbrennen. Der Düsseldorfer Turn- und Sportverein Fortuna 1895 e.V. und seine fürs Sportliche Verantwortlichen haben mit dieser Aufgabe zugegebenermaßen nicht viel Erfahrung. Die Wertsteigerung bei Jungs wie Emma Iyoha und Jamil Siebert zu erzielen, ist bislang bekanntlich vor allem an deren Verletzungspech gescheitert. In Sachen Maduko Okoye hat man sich entschieden ihn gehen zu lassen und stattdessen Dennis Gorka als zukünftigen Keeper Nr. 1 aufzubauen. Könnte sein, dass man da aufs falsche Pferd gesetzt hat.

Zurück zu Shinta Appelkamp. Wenn Christian Preußer Shinta Appelkamp mittelfristig, also bis zum Ende der Saison 2021/22, ähnlich gering berücksichtig wie bisher, könnte sich das auf dessen Entwicklung aus wirtschaftlicher Sicht auswirken. Sein Vertrag wurde diesen Sommer verlängert und läuft bis zum 30.6.2026, was jedem Teilnehmer am Fußballspielermarkt signalisiert, dass Appelkamp vorzugsweise zum Ende der Saison 2024/25 verkauft werden soll. Dann ist er 23, damit im besten Alter und hoffentlich dem Status als Talent entwachsen. Sicher wird er dann nicht in der Größenordnung von 30 oder mehr Millionen Euro gehandelt werden, aber sicher in einer Dimension, die der wirtschaftlichen Seite der Fortuna einen ernsthaften Schub geben könnte.

Kann Preußer bis zum Ende der Saison nicht hinreichend begründen, warum Shinta Appelkamp nicht zum Stammspieler geworden ist und eine entscheidende Rolle im Team spielt, könnte es sein, dass seine Zeit bei der Fortuna genau aus diesem Grund vorzeitig beendet wird, dass er also nicht über die aktuellen Problemchen stolpert, sondern genau über diese Personalie.