So ganz einfach ist es nicht mit der Düsseldorfer Mundart, die eben kein Platt ist und auch nicht unbedingt Rheinisch. Immer wiederhört man Zugezogene oder ehemalige Oberschüler, die dem Volk nach dem Mund reden wollen. Was dabei rauskommt ist meist eine krumme Version vom Kölschen. Das IST eine rheinische Mundart. Hört man sehr schön in den Liedern von Wolfgang Niedeggens BAP und besser noch in den Songs der Bläck Fööss in der Zeit mit Tommy Engel. Und schon sagt so ein Nicht-ganz-Düsseldorfer erstaunt „Dat jietet doch niet“ und hält das für hiesige Mundart. Dabei haben sich in den letzten Jahrzehnten ein paar ächte Düsseldorfer und -innen intensiv mit der Mundart befasst und sowohl umfangreiche Wörterbücher, als auch eine konzise Grammatik geschaffen. Demnächst wird The Düsseldorfer darüber ein 5-Fragen-Interview mit einem der Mundart-Päpste, dem Steins Charle-Manes (also Karl-Hermann Stein) führen. Der zudem als Talk-Gast bei einer der nächsten TD-Stammtische anwesend sein wird. Bis dahin wollen mir mal nicht so sein und sieben typisch düsseldorferische Wörter vorstellen, die nicht alle Bestandteil unserer Mundart sind. Dafür aber in der schönsten Stadt am Rhein gang und gäbe.
Schwad kinn Kalmeskäu, du Aapekopp
„Du Aapekopp!“ sagt ein Düsseldorfer zum anderen, wenn der sein Gegenüber für blöd hält. Ein bisschen schwingt dabei aber auch der Vorwurf der Albernheit mit, denn dä Aap ist der Affe, und den kann man ja angeblich nicht ernstnehmen. Die nächste Stufe dieses Nichternstnehmen führt zum Begriff „Sabbelskopp“, womit ein Schwätzer gemeint ist, also einer, der Kalmeskäu erzählt. Dieses schöne, in Köln ungebräuchliche Wort beschreibt das Kauen der Calamus-Wurzel, deren Bitterstoffe bei Zahnschmerzen und Mareping helfen sollen.
Mach doch kinn Ambrasch, Jong
Wenn jemand bei einer Sache unnötigen Aktionen durchführt, also sinnlosen Aufwand betreibt, dann macht er Ambrasch. Wie viele rheinische und düsseldorferische Wörter leitet sich der Begriff aus einer französischen Vokabel ab. „Embarras“ ist eigentlich die Ungelegenheit, ja, auch Unannehmlichkeit. Natürlich stammt auch „pussiere“ aus der Zeit der napoleonischen Besatzung. Auch der früher weit verbreitete Vorname „Jean“. Aber ein Wort dieser Klasse haben wir Düssedorfer exklusiv: „Rattematäng“ ist eine heftige Verballhornung der Art, wie Franzosen den Straßennamen „Ratinger Mauer“ aussprachen.
Dat is en fiese Flabes
Jetzt wird’s bergisch, denn der Begriff „Flabes“ ist nicht nur im bergischen Land (dessen Hauptstadt Düsseldorf historisch betrachtet ist), sondern auch im südlichen und westlichen Ruhrgebiet gängig. Wobei die genau Bedeutung variiert. In unserer Mundart ist der Flabes einfach ein Kerl, also ein eher junger, selbstbewusster Mann, der sich nicht am Zeig flicken lässt. Dabei schwingt auch ein Hauch Arbeitsscheu und sogar Neigung zu kleinkriminellen Lebenswandel mit.
Sach emol, is dat en Plüschprumm oder en Pehscht?
Eine Fangfrage, zugegeben, denn es geht beides Mal ums selbe Obst. Überall im Rheinischen kennt man das schöne Wort „Plüschprumm“ als Synonym für „Pfirsich“. Aber ist das nicht ein herrlicher Kosename? Ein mit Plüsch überzogene Pflaume… In der Düsseldorfer Mundart heißt die Frucht dagegen „Pehscht“. So wie der Apfel „Apple“ heißt, die Birne „Bern“ – und dann gibt’s noch Erbeller, Kehsche, Prumme und Quetsche, Appelzinge, Druuwe und anderes Obst.
För Rievkoche bruchs do Ähpels on Öllich
Schon klar: Gemeint sind Reibekuche, die woanders Reiberdatschi heißen oder Kartoffelpuffer. Im Rheinischen werden die knusprigen Kartoffelfladen meistens „Riefkooke“ genannt, woran man sehr schön die andere Schriftsprache der Düsseldorfer Mundart ablesen kann. Beim hiesigen Wort für Kartoffeln wird’s schwierig, weil der gängige Ausdruck einfach „Kartoffelen“ ist. Aber hört sich „Ähpels“ nicht viel exotischer an? Ähnlich verhält es sich bei der Zwiebel, die von den meisten Mundartlern „Zwibbel“ genannt würde; aber auch das rheinische „Öllich“ ist bekannt und beliebt. Geradezu Anlass für Religionskriege ist die Frage, ob man in Düsseldorf das Wort „Flönz“ verwenden soll, denn das ist urkölsch. Zumal es mit Blotwohsch ein ächt düsseldorferisches Wort für diese Köstlichkeit gibt.
Da hann mer dä Schlaat
Früher hat man Zugezogene gern mit dem schönen Wört „Ähpelsschlaat“ aufs mundartliche Glatteis geführt. Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass mit „Schlaat“ Salat im Sinne von Teller voller bunter Blätter gemeint ist. Leider heißt es in Köln genau so. Weil der Düsseldorfer aber frei von Neid und Missgunst ist, fremdenfreundlich und weltoffen, gönnt er dem Kölner dieses schöne Wort.
Do schwemmt en Stachelditz!
Als wir Pänz wore in den Fünfzigerjahren, sind wir zum Fischen an die Düssel gegangen. Denn da gab es Stichlinge in rauen Mengen. Mutti schwatzten wir einen Nylonstrumpf ab und fertigten mit Hilfe von Draht einen Käscher aus dem Fußteil. Damit versuchten wir, möglichste große Stachelditzkes zu ergreifen – denn so heißt der Stichling in unserer schönen Mundart – und soweit bekannt nirgendwo anders.
6 Kommentare
„‚Rattematäng‘ ist eine heftige Verballhornung der Art, wie Franzosen den Straßennamen “Ratinger Mauer” aussprachen.“
Diese Aussage ist nur bedingt richtig. Die Franzosen haben die heutige Ratinger Straße aufgrund ihrer hellen Straßenbeleuchtung in „Rue du Matin“ (Straße des Morgens) umbenannt. Als Düsseldorfer fiel es natürlich schwer „Rue du Matin“ auszusprechen, aber sollte es doch jemand versucht haben kam halt „Rattematäng“ heraus. Es handelt sich also nicht um eine Verballhornung, wie die Franzosen den deutschen Straßennamen aussprachen, sondern um Selbstironie, wie die Düsseldorfer den französischen Straßennamen aussprachen.
Vielen Dank für diese Erklärung!
Ich hab immer gedacht, dass die Franzosen die Ratinger Strasse „rue de la matin“ genannt haben, weil dort die Brauereien ansässig waren und dort schon morgens/vormittags frisch gezapftes Bier ausgeschenkt wurde….?
Dachte ich auch 😉
So stehts übrigens auch auf Wikipedia und geschrieben wird es dort Retematäng.
„Als damals, achtzehnhundertzwölf erum, dä Franzosekaiser Napolium, Fröhmorjens, met Mann on Ross on Ware, koom dörch die Ratingerstroß jefahre, do hadden schonn zwanzig Wirtschafte op. Dat wollt‘ so’nem Jrenadier nit en d’r Kopp. Hä klatschten bejeistert en de Häng [Hände] – On reef op französisch: „Rue de Matäng“! [Straße des Morgens] – on so ö paar Blare, zwesche die Päds on zwesche die Ware, frochten neujierisch demm Kniepmeiers Schäng: „Wat hät dä jesaht?“ Do säht dä: „Retematäng““
Ich beherrsche zu wenig französisch.
Aber waren
„retour matin“ oder
„de retour demain matin“ – morgen früh (wieder) zurück –
nicht auch einmal als möglicher Ursprung rheinischer Verballhornung aus der Zeit der napoleonischen Besatzung in der Diskussion?