Normalerweise ist das Blog Düssel-Flaneur entlang des Flüsschens unterwegs, das Düsseldorf seinen Namen gab. Im Rahmen einer Kooperation präsentiert The Düsseldorfer nun eine exklusive Sonderfolge. Ausnahmsweise im Fokus: der Düssel-Mündungsarm Brückerbach.
„Sommerpause vorbei“, sagt mein bester Freund P., als er mich begrüßt. Er deutet auf den Brückerbach, der unter uns Richtung Rhein fließt. Vor uns: Das für Düsseldorf typische knallgelbe Brückengeländer. Dahinter ein Absperrgitter, das das Gelände des Wasserwerks Flehe vor Eindringlingen schützt.
Normalerweise steht ein anderes Flüsschen im Mittelpunkt, wenn wir uns treffen: Die Düssel. Den Namensgeber der Stadt Düsseldorf begleiten wir von der Mündung in den Rhein bis zur Quelle im Bergischen Land. Was wir dabei sehen und zu sagen haben, kann man im Blog Düssel-Flaneur verfolgen. Aktueller Stand: Kurz hinter der Grenze von Düsseldorf-Gerresheim zum Kreis Mettmann.
Eigentlich müssten wir uns längst auf den Weg machen, um dort am Stadtrand die nächste reguläre Folge an den Start zu bringen. Doch am heutigen Spätsommerabend steht zunächst eine „Sonder-Edition“ an. Mission Artikeltausch: The-Düsseldorfer-Chefred Rainer Bartel liefert dem Blog Düssel-Flaneur exklusiv einen Text über seine Bilker Düssel-Erinnerungen, dafür widmen wir uns exklusiv für The Düsseldorfer dem Brückerbach. Der wiederum könnte eigentlich genauso gut „Südöstliche Düssel“ heißen. Schließlich haben wir es mit einem Düssel-Arm zu tun, der sich am Werstener Kreuz von der südlichen Düssel abspaltet. Und während die südliche Düssel bis zur ihrer Mündung an der Rheinuferpromenade noch einen vergleichsweise langen Weg durch Volksgarten, Bilk, Unterbilk und die Carlstadt zurücklegen muss, landet das Düsselwasser im Brückerbach im Expresstempo im Rhein, erreicht schon nach rund zwei Kilometern die Stelle, an der wir gerade stehen. Von hier aus fehlen nur noch ein paar Hundert Meter durchs eingezäunte Wasserschutzgebiet – bis sich Brückerbach und Rhein unter Ausschluss der Öffentlichkeit vereinigen.
Bei unseren Fluss-Begehungen versuchen wir immer, so nahe wie möglich am Ufer zu bleiben. Aber da wir keine Lust haben, uns durchs Zaunüberklettern strafbar zu machen, müssen wir Flussaufwärtsflaneure heute auf die Brückerbach-Mündung verzichten.
So, genug erklärt – los jetzt! Wir drehen uns um, gehen zur anderen Brückenseite, schauen auf den plätschernden kleinen Fluss und die Überführung der Himmelgeister Landstraße, die mit ihren Betonbeinen wie eine Spinne über dem Wasser zu stehen scheint.
„Du links, ich rechts?“, fragt mein bester Freund P. – und meint damit keine politischen Ufer, sondern ganz reale. P. checkt auf seinem iPhone Google Maps: „An der Brücke an der Münchener Straße treffen wir uns wieder!“ Tatsächlich haben wir unsere gemeinsamen Flanier-Etappen schon einige Male getrennt, aber in Sichtweite unternommen, so geschehen zum Beispiel an der „Werstener Riviera“, gar nicht weit weg von hier. Ich nicke – und wir spazieren los. Ich den Trampelpfad entlang, P. in einem Bogen, vorbei am Boxer-Klub und dann am Rande der Deichmauer, die Itter, Himmelgeist, Wersten und Holthausen vor Extrem-Hochwasser schützen soll.
Der Hundeauslauf auf der wilden Wiese am Bachufer liegt bereits halb im Schatten, in etwa einer Stunde wird es dunkel. Vorher müssen wir es bis zum Werstener Kreuz und zurück geschafft haben. Eigentlich kein Problem, aber wir sind schließlich Flaneure, die gerne trödeln und sich treiben lassen, und die Disziplin passionierter Wanderer ist uns fremd
„Die Hochwassersicherheit wird auf einer Strecke von circa 1,9 Kilometern durch die Errichtung einer Hochwasserschutzwand erhöht, die bis zu 10,53 Meter ins Erdreich einbindet. Der sichtbare Teil der Wand, der etwa 1 Meter aus der Deichkrone heraus ragt, wurde verklinkert.“
Außerdem lerne ich: „Der neue Deich längs des Brückerbachs hält auch das extreme Hochwasser von 11,75 Metern aus. (…) Die höchste Marke sei mit 11,10 Meter im Jahr 1926 gemessen worden. 1993 und 1995 waren es noch einmal 10,32 Meter.“
Jedenfalls bückt sich P. nun und sagt mit übertrieben bedeutungsvoller Stimme: „Die ist auch wasserdicht.“ Dann filmt er das Bachplätschern, dicht über der Wasseroberfläche – und lässt die Kamera untertauchen. Für ein paar Sekunden führt er sie durch das einigermaßen klare Wasser – und lässt sie wieder auftauchen. Und als wir das kurze Filmchen anschließend auf dem Display anschauen, sind immerhin Wasserpflanzen und Pflastersteine zu sehen.
„Die Steine sehen genauso aus wie die, mit denen wir den Bach an dieser Stelle als Kinder gestaut haben“, sage ich.
P. nuschelt „weninteressiertdennsowas“, schaut sich den Clip noch mal an, wirkt unzufrieden.
„Aller Anfang ist schwer“, sage ich. „Oder hast du erwartet, dass ein sensationeller Unterwassernaturfilm dabei rauskommt?!“
P. packt wortlos seine Kamera ein, und wir spazieren auf „meiner“ linken Brückerbachseite weiter. Vorbei an der langbeinigen und gelbgeländrigen Radfahr- und Fußgängerbrücke, immer geradeaus, auf einem asphaltierten Spazier- und Radweg am Rande einer großen Wiese.
„Ist wie ein grüner Gürtel“, sagt P. und lässt die Hand über das langgezogene, etwa 120 Meter breite Areal zu beiden Seiten des Bachbetts schweifen. „Im Grunde genommen der längste Park der Stadt. Hat der eigentlich einen Namen?“
„Keine Ahnung“, sage ich. „Deichpark Wersten“, würde passen.
„Oder Werstener Gürtel“, sagt P.
Wir überqueren die Holzbrücke, bleiben in ihrer Mitte stehen, machen Flussaufwärts- und Flussabwärtsfotos.
Er hat recht, und ich spare mir die Antwort. „Komm, wir müssen weiter“.
Wir gelangen über die Holzbrücke auf die andere Flussseite und spazieren nun direkt an der Deichmauer entlang, flankiert von diversen Kleingärten. Kurz bevor die Deichmauer, dem Brückerbach folgend, eine scharfe Kurve macht, können wir über das Flussbett hinweg am Horizont den Rheinturm und das LVA-Hochhaus erkennen.
„Fast wie an der Isar in München“, sagt P. ironisch.
„Gibts an der Isar auch Bisamratten?“, frage ich und deute auf ein ziemlich großes Exemplar, das gemütlich am Inselufer hockt und sich in der Abendsonne zu putzen scheint. Nur einen Meter daneben sitzen einige Enten. Ich versuche das Tier zu fotografieren, aber der Zoom meines Smartphones reicht dafür nicht aus. Und P.´s Actioncam mag zwar Unterwasserfähigkeiten haben, ist aber zoommäßig sogar komlett impotent.
„Erkenntnis des Tages“, konstatiert P.: „Bisamratten und Enten tolerieren sich gegenseitig.“
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