Vermutlich hat kein noch lebender Mensch mit Düsseldorf-Background eine persönliche Erinnerung an das Arabische Café, denn es existierte nur von 1895 bis 1911 in seiner ursprünglichen Form.

Bericht · Dass es dieses Unikum unter den Gastronomiebetrieben Deutschlands um die Jahrhundertwende überhaupt gab, hat viel mit der Entwicklung der Eisenbahn in Düsseldorf zu tun. Bis 1890 gab es zwei Bahnhöfe, einen für die Bergisch-Märkische, einen anderen für die Cöln-Mindener Eisenbahn. Die lagen sich direkt gegenüber am Südende der Kö zwischen Bahn- und Luisenstraße. Beim großen Umbau der Rheinischen Zugstrecken wurde dieser Gleisarm samt beider Bahnhöfe aufgegeben; der neue Hauptbahnhof wurde 1891 exakt an der Stelle eröffnet, wo der heutige Hbf steht. Zwischen dem Ende der Haroldstraße und diesem neuen Bahnhof wurde eine Menge Gelände frei. Um dieses zu erschließen, wurde die Graf-Adolf-Straße als Verbindung geschaffen – genau auf der ehemaligen Bahntrasse. So entstand das Grundstück, auf dem 1895 das Arabische Café eröffnet wurde. [Lesezeit ca. 4 min]

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Moritz & Görlich hieß die Gastronomiefirma, die das eigentliche Café in der ersten Etage betrieb. Die hatten den Architekten Peters mit dem Entwurf beauftragt und die Vorgabe gemacht, im orientalischen Stil zubauen. Das sogenannte Morgenland war im ausgehenden 19. Jahrhundert in Deutschland Sinnbild für alles Exotische schlechthin – der Erfolg, den Karl May mit seinen Kara-Ben-Nemsi-Romanen erzielte, beruhte auf dieser typisch deutschen Sehnsucht nach dem Andersartigen. Nebenbei war das Arabische Café von Moritz & Görlich möglicherweise auch das erste echte Kaffeehaus der Stadt, eine gastronomische Institution, die bis dahin den Metropolen vorbehalten war.

So sah es 1878 am Südende der Kö aus (Screenshot maps.duesseldorf.de)

So sah es 1878 am Südende der Kö aus (Screenshot maps.duesseldorf.de)

Und so sah es 1910 am Südende der Kö aus (Screenshot maps.duesseldorf.de)

Und so sah es 1910 am Südende der Kö aus (Screenshot maps.duesseldorf.de)

Die Gäste sollten ihren Mokka also in arabischer Atmosphäre genießen, serviert von als Beduinensklaven verkleideten Kellner in einem Ambiente, das so gestaltet war, wie man sich damals Arabien vorstellte. Es ging aber nicht nur um Sehnsucht. In der Boom-Zeit des Kaiserreichs war ab etwa 1880 der Hunger nach Kolonien entstanden; man wollte ein Weltreich sein wie England und Frankreich. Wo doch selbst so kleine Länder wie Belgien und Dänemark Kolonien hatten. Rund um den Nahen Osten tobte mit dem Niedergang des Osmanischen Reiches ein Kampf um Kolonien, die Deutschen mit dem Projekt Bagdadbahn mittendrin. Auch Karl May hatte in seinen Romanen oft und gern über mögliche Deutsche Kolonien in Nahost fabuliert.

Eine Straßenbahn vor dem Arabischen Café (Foto: Rheinbahn AG)

Eine Straßenbahn vor dem Arabischen Café (Foto: Rheinbahn AG)

Das Gebäude war langgestreckt und dehnte sich über gut 50, 60 Meter aus, war aber nur acht Meter tief. Im Erdgeschoss gab es Läden – unter anderem ein Tabakgeschäft – und das erste Selbstbedienungsrestaurant der Stadt. Außerdem betrieb Christian Winter mit der „Düsseldorfer Wunderhalle“ dort das erste Düsseldorfer Lichtspielhaus. Dieses Kino war der Ausgangspunkt für die vielen Lichtspielhäuser, die nach und nach in der Umgebung entstanden. Zeitzeugen berichten, dass der Bau nicht besonders sorgfältig errichtet worden war und dass nach wenigen Jahren schon Verzierungen an den Fassaden und an den Kuppeln abbröckelten. Weil zudem die Hoffnungen auf deutsche Kolonien vom Tisch waren und die Begeisterung für das Arabische nachließ, schloss man das Café schon 1910. Das Gebäude wurde vom maurischen Zierrat befreit und umgebaut. Die Ladengeschäfte im Erdgeschoss blieben, darüber entstanden Büros.

Ansichtskarte des Arabischen Cafés (Reproduktion)

Ansichtskarte des Arabischen Cafés (Reproduktion privat)

1928 wurde der Bau abgerissen, um Platz für das sogenannte „Europahaus“ zu schaffen. Dort entstand mit dem Europa-Palast das erste große Premierenkino der Stadt. Dieses Gebäude wurde im Krieg fast vollständig zerstört. Dies und die Zerstörungen in der Umgebung brachten den Baudirektor Tamms auf die Idee, eine autogerechte Nord-Süd-Schneise durch die Stadt zu schlagen; die Berliner Allee entstand. Die heutige Kreuzung der Berliner Allee mit der Graf-Adolf-Straße wurde genau auf dem Grundstück des ehemaligen Arabischen Cafés angelegt.

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