Wenn im Sommer die Ausflugsbötchen der Weissen Flotte auf dem Rhein zwischen der Altstadt und Kaiserswerth verkehren oder ihre Panoramafahrten starten, finden sich oft Schaulustige auf dem Unteren Rheinwerft ein, die interessiert die Anlegemanöver an den Steigern beobachten. Die sind weniger kompliziert als es manchmal den Anschein hat; besonders wenn das Schiff nicht in einem Rutsch am Anleger festgemacht werden kann. Denn natürlich wissen Schiffsführer und Matrosen sehr genau, was sie tun.

Unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten durch Ufer und Untiefen

Technisch betrachtet ist der Rhein ein strömungsdynamisches System, was einfach ausgedrückt bedeutet: Das Wasser fließt. Wenn man einen Ast in einen Bach wirft, wird man feststellen, dass der sich durch den Druck des fließenden Wassers parallel zur Strömung ausrichten wird. Das gilt allerdings nur, wenn er sich in der Mitte des Gewässers befindet und dieses weder Untiefen, noch Hindernisse aufweist. Denn sowohl die Form der Ufer, als auch unterschiedliche Wassertiefen an verschiedenen Stellen beeinflussen die Fließgeschwindigkeit an der Oberfläche. Ja, das Wasser des Rhein fließt je nach Tiefe unterschiedlich schnell – der Unterschied kann schon bei einem Abstand von 30, 40 Zentimetern deutlich mess- und spürbar sein. Auf dem großen Strom kommen noch die Einflüsse vorbeifahrender Schiffe – besonders der großen, langen und schweren Binnenschiffe – hinzu. Das alles hat Auswirkungen auf das Ausflugsboot, das am Steiger festmachen soll.

Vertäuen eines längsseits liegenden Schiffes mit Festmacherleinen (Quelle: Wikimedia)

Vertäuen eines längsseits liegenden Schiffes mit Festmacherleinen (Quelle: Wikimedia)

Generell heißt es, dass Wasserfahrzeuge gegen den Strom anlegen. Denn so kann sich der Schiffsführer die Kraft der Strömung zunutze machen. Ziel ist es, den Bootskörper parallel zum Anleger auszurichten, wo er dann mit Leinen an Bug und Heck festgemacht wird. In der Regel steuert der Mann im Leitstand das Gefährt in einem Winkel von 30° bis 45° so an die Steigeranlage, dass die Bugspitze ein Stück vor dem geplanten Endpunkt auf den Anleger trifft. Deshalb fahren Schiffe der Weissen Flotte, wenn sie aus Richtung Norden kommen, immer einen Bogen quer über den Rhein zum Unteren Rheinwerft.

Der für das Festmachen verantwortliche Matrose oder Bootsmann legt oder wirft dann das Auge des Taus bzw. Drahtseils über den dafür vorgesehenen Poller auf dem Anleger, legt das Tau dann mehrfach um den zugehörigen Poller an Bord und bremst das Schiff durch gleichmäßiges Ziehen an dieser „Spring“ genannten Leine. Anschließend wird die „Vorausleine“ festgemacht, und erst dann beginnt das Schiff auch achtern anzulegen. Dabei strafft sich die Vorausleine, und das Tau am Heck kann nach derselben Methode angelegt werden.

Ein Schiff der Weissen Flotte Düsseldorf am Steiger am Altstadtufer

Ein Schiff der Weissen Flotte Düsseldorf am Steiger am Altstadtufer

Wie lange das Manöver dauert und welche Kraft und welches Geschick das nautische Personal aufbringen muss, hängt von den tatsächlichen Strömungsbedingungen ab. Je schneller der Strom fließt, desto weiter vorn muss der Bug angesetzt werden und desto größer sollte der Anfahrwinkel sein. Auf dem Rhein bei Düsseldorf kann man auch immer wieder sehen, dass vorbeifahrende Binnenschiffe das Manöver erschweren. Wenn nämlich – wie hier vorgesehen – ein größeres Schiff zu Berg fährt, dann saugt es dabei fortwährend Wasser aus dem Bereich der Uferanlage in Richtung Fahrrinne an, was gleichzeitig auch einen Sog auf das anlegende Ausflugsboot ausübt, der leider nicht so gleichmäßig ist, dass man ihn quasi berechnen kann.

Blick in ein Bugstrahlruder (Foto: Hein Mück via Wikimedia)

Blick in ein Bugstrahlruder (Foto: Hein Mück via Wikimedia)

Extrem erleichtert werden die Anlegemanöver, wenn das Schiff über eine Bugstrahlruderanlage verfügt. Damit kann nämlich Wasser quer zur Fahrtrichtung durch den Rumpf gepumpt und das Schiff so in gewissem Umfang in Querrichtung bewegt werden. Tatsächlich verfügen die meisten Fahrgastschiffe über solche Anlagen; größere Flusskreuzfahrer besitzen sogar manchmal mehrere davon, die so stark sind, dass sie das Schiff tatsächlich fast ohne Leinenmanöver an einen Steiger bringen können.

[Titelfoto: Bin im Garten via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 / Bugstrahlruder: Hein Mück via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0]

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